Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
einzusteigen.
Unten wird auf das Zentralruder umgekuppelt, die Petroleummaschinen verstummen, die Elektromotoren werden auf die Schraubenwellen geschaltet, der leitende Ingenieur meldet: » E-Motoren sind klar!«
» E-Motoren halbe Kraft voraus!«
Spieß meldet von oben: » Deck in Tauchbereitschaft!« Und eine Minute später befiehlt der Kommandant: » Auf Tauchstationen!«
Seiler hört das Anschlagen der Lüftungsmasten aufs Deck, kurz danach kommen die Matrosen der Seewache herunter, dann der Rudergänger, der Bootsmannsmaat und zuletzt Spieß.
» Turmluk ist dicht!« ruft er, und gleich danach meldet der Leitende: » Unter Deck alles auf Tauchstationen, Tauchtanks sind auf!«
In der Zentrale hagelt es Meldungen und Befehle: » E-Maschinen volle Kraft voraus!«
» Gebläse anstellen zum Fluten, Gebläsemast auf!«
» Fluten! Entlüftungen auf!«
Seiler verzieht sich auf die Leiter zum Turm, um nicht im Weg zu stehen. Nur sein Kopf ragt in die enge, ovale Turmkammer. Dort hockt Spieß vor dem Tauchhebelklavier und ruft: » Entlüftungshähne sind auf!« Er beobachtet die Schaugläser der vierundzwanzig Entlüftungsrohre der Tauchtanks. Sobald nur noch Wasser darin zu sehen ist und keine Luftblasen mehr mitgerissen werden, meldet er: » Alle Tanks sind voll!«
» Entlüftungen schließen!«
» Auf Tiefe gehen!« befiehlt der Kommandant, und der Leitende übernimmt: » Tiefenruder! Vorne hart unten, achtern unten zehn!«
Keine Schwerarbeit mehr für die Männer an den metergroßen Handrädern, die über Gestänge die Tiefenruder verstellen. Das Boot hat jetzt eine elektrische Tiefenrudermaschine, die mit Tasten bedient wird. Elektromotoren surren und wimmern.
» Auf neun Meter einsteuern! Sehrohr ausfahren.«
Das Boot neigt sich nach vorn, und Seiler klammert sich an die Leiter. Ein leichter Druck legt sich auf die Trommelfelle. Spieß winkt ihm, ganz heraufzukommen, und deutet auf das kleine Fenster in der Turmfront. Durch die dicke Glasscheibe sieht Seiler gerade noch, wie das Oberdeck überspült wird und eintaucht. Eine See schlägt mit hohlem Donnern gegen die Turmwand, und gleich sind nur noch Schaum und grünes Gewirbel zu sehen, bis der Turm unterschneidet. Dann dunkles Wasser und Perlenschnüre von silbernen Luftbläschen, die vom Oberdeck aufsteigen. Bis zum Bug reicht die Sicht nicht.
Es geht abwärts, ziemlich steil. Im Boot herrscht Stille, bis auf das Summen der E-Motoren und das gelegentliche Klacken eines Schalters.
» Tiefenruder! Vorne oben zehn, achtern unten fünfzehn!«
Das Boot legt sich langsam waagerecht, dann wird es achterlastig, das Heck sackt ab.
» Zufluten, zwohundert Liter nach vorn!«
Die Pumpe der Trimmtanks springt an, Wasser rauscht durch Rohre. Das Heck hebt sich langsam, bis das Boot wieder horizontal liegt.
» Boot ist ausgependelt.«
Seiler sieht durchs Turmfenster, wie letzte Luftreste, die in den Tauchtanks verblieben sind, in großen Blasen herausblubbern.
Vom Befehl Tauchbereitschaft bis zum Unterschneiden des Turms sind fünf Minuten vergangen. Das gilt als recht schnell.
S. M. U 9, auf See, 4. März 1913, Dienstag
Ölkopp nennt die Besatzung den schweren Kopf beim Aufwachen. Im Offiziersraum ist der Klapptisch aufgestellt und versperrt den Durchgang. Seiler sitzt mit Spieß und dem Leitenden, Marineingenieur Schön, auf den Backskisten und schlürft heißen, dünnen Kaffee. Dazu gibt’s Kommißbrot mit Streichwurst und Äpfel. Das Gesicht des Leitenden zieren ein kleiner Schnurrbart und ein Kinnbart, der nicht größer ist als eine Briefmarke und genauso viereckig gestutzt. Er steckt im Arbeitszeug aus dickem, grauem Drillich, das bereits mit dunklen Ölschmierern verziert ist. Der Kommandant ist auf der Brücke, er hat die Morgenwache zwischen vier und acht Uhr selbst übernommen.
» Bin schon mal eine Zeitlang auf dem Boot gefahren«, bemerkt Seiler, » während meiner Ausbildung. Januar bis Mai 1912 war das.«
» Da war Edeling noch Erster Offizier«, sagt Spieß kauend, » hab ihn im Oktober abgelöst. Und im November ging’s nach Wilhelmshaven in die Werft. Vier Monate in Schlicktown, komplett mit Exerzierdienst. Ganz schön öde da, wenn man sich an Kiel gewöhnt hat.«
» Boot ist umgebaut worden«, erklärt Schön auf Seilers fragenden Blick, » sind erst vorige Woche entlassen worden. Funkentelegraphie ist eingebaut worden, die neue Tiefenrudermaschine und noch so ’n paar Kleinigkeiten.«
Der Erste schaut durch das Schott zum
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