Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
Vom Netzwerk:
Granitquadern. Aus den schwarzen Löchern der Kasemattpforten glotzen die Mündungen der Kanonen. Obenauf sitzt ein kleiner Aufbau aus Ziegeln, darauf ein Flaggenmast, ein Scheinwerfer und zwei kleinere Geschütze.
    Neben Seiler lehnt ein Matrose an der Reling, ein einfacher Navy Seaman, auf seiner Mütze steht H. M. S. Amphitrite. Seiler fragt ihn, wobei er seinen Hampshire-Dialekt durchklingen läßt, ob es ein sehr altes Fort sei. Der Seemann mustert ihn einen Augenblick; Seiler in seinem grauen Anzug wird ihm wie ein typischer Stadtfrack vorkommen, bevor er antwortet: » Not really old, Sir, so um die dreißig Jahre, glaub ich.«
    » Wirklich?« Seiler tut erstaunt. » Ich hätte gewettet, es ist noch aus Nelsons Tagen, mit alten Vorderladerkanonen.«
    Der Matrose lacht: » No way, Sir! Da stecken moderne Zwölf-Inch-Geschütze drin. Neun Stück! Schußweite achttausend Yards.«
    Schwere Geschütze also, mit einem Kaliber von 30 Zentimetern und einer Reichweite von fast 7,5 Kilometern. Seiler wundert sich scheinheilig: » So weit? Hätte ich nicht gedacht.«
    Der Matrose klopft seine Pfeife auf dem Handlauf aus und sagt: » Ja, das sind ordentlich dicke Brocken. Werden den bloody Germans den Spaß ganz schön versalzen, wenn die hier reinwollen.«
    Seiler nickt anerkennend, aber er denkt, besonders weit ist das nicht. Der neueste und größte Panzerkreuzer der Hochseeflotte, Von der Tann, könnte das Fort aus der Entfernung zusammenschießen, ohne sich dem geringsten Risiko auszusetzen. Seine acht 28-Zentimeter-Geschütze tragen 19 Kilometer weit.
    Weiter draußen im Spithead, nach Südosten zu, liegen zwei ganz ähnliche Forts, Horse Sand Fort und Noman Fort. Portsmouth ist zur See hin gut geschützt, Festungen und Batterien säumen die Küsten, dazu patrouillieren Torpedoboote vor den Einfahrten. Als sich der Dampfer der weit vorgelagerten Promenade Pier von Ryde nähert, sieht Seiler vor Nettlestone Point einen Kleinen Kreuzer unter Dampf. Er liegt vor Anker, vermutlich also das Wachschiff. Ein zweites dürfte in der Nähe von Selsey Point liegen, denn die Einfahrt ins Spithead vom Ärmelkanal ist mehr als vier Seemeilen weit. Sicher ist auch die enge Einfahrt in den Solent an der Westseite der Isle of Wight in ähnlicher Weise bewacht. Schwer zu sagen, ob das die übliche Bewachung in Friedenszeiten darstellt oder ob sie wegen der politischen Spannung verstärkt wurde.
    Vor Alverstoke ankern ein paar ältere Linienschiffe und weiter weg, nach Cowes Road zu, drei Großkampfschiffe, deren Typ er auf die Entfernung nicht erkennen kann. Ansonsten sind Dampfer und Fähren unterwegs und, bei dem schönen Wetter, Hunderte von Segelbooten, von winzigen Jollen bis zu hochseetüchtigen Yachten. Das macht alles einen friedlichen und normalen Eindruck. Die zahllosen Kriegsschiffe aus aller Welt, die während der Flottenparade fast den ganzen Meeresarm zwischen Portsmouth und der Isle of Wight bedeckt haben, sind längst verschwunden. Ende Juni ankerten hier einhundertfünfundachtzig Kriegsschiffe, vom Horse Sand Fort bis hinauf nach Cowes, davon waren nur achtzehn Besucher aus dem Ausland, darunter S. M. S. Von der Tann. Als die königliche Yacht erschien, um diese größte Flottenparade, die die Welt je gesehen hatte, abzunehmen, erzitterte die Luft vom rollenden Donner der Salutschüsse.
    Das Wasser rauscht auf, die Schaufelräder schlagen rückwärts. Der Dampfer legt mit einem leichten Stoß an der Pier an, reibt sich knarrend an den Dalben. Die Passagiere drängen an Land, Herren in Schwarz oder Hellgrau, Damen in Weiß oder Pastellfarben, und fast alle tragen flache Strohhüte, auch die Kinder. Viele haben Picknickkörbe und Sonnenschirme dabei. Ein paar steigen in die elektrische Tramway, die hier wartet, aber Seiler, wie die meisten der Angekommenen, macht sich zu Fuß auf den Weg. Entlang der fast 700 Meter langen Pier wehen Fahnen, und am fernen Ende liegt Ryde im hellen Sonnenschein, weiße Häuser an der Seefront, zwei spitze Kirchtürme, dahinter sanfte Hügel mit Laubwald. Trotz des frischen Windes vom Solent her ist es heiß.
    Seiler hält sich in der kleinen Stadt nicht lange auf, sondern geht zum Bahnhof weiter und steigt in den Zug nach West Cowes über Newport. Die Fahrt dauert nicht einmal eine halbe Stunde. In Cowes ißt er zu Mittag, bummelt die Esplanade entlang und bewundert die eleganten Segelboote der Royal Yacht Squadron, die hier vor Anker liegen. Und weiter draußen gleitet eine herrliche

Weitere Kostenlose Bücher