Verdeckt
Unbeholfen wollte er sich zu Lacey robben. Mason packte ihn, schlang die Arme von hinten um seine Schultern und hielt ihn fest. Durch Harpers Rücken spürte Mason, wie das Herz des Mannes hämmerte. Endlich verstand er auch Harpers Gestammel.
»Ist sie tot?«
Mason konnte die Frage nicht beantworten. Die Cops reanimierten Dr. Campbell weiter.
Bitte lasst sie nicht sterben.
Harpers Schultern sackten zusammen. Er lehnte sich schwer gegen Mason.
Nach einigen Intervallen gab der Cop, der Lacey beatmete, dem Mann, der die Herzmassage durchführte, ein Zeichen aufzuhören. Er suchte an Laceys Hals nach einem Puls. Alle starrten angespannt auf ihren Brustkorb, hofften, dass er sich heben und senken würde. Der Augenblick zog sich endlos in die Länge. Dann grinste der Cop seinen Partner an. »Sie atmet. Der Puls ist regelmäßig.«
Harper holte rasselnd Luft. »Gott sein Dank!«, krächzte er.
Mason dachte stumm dasselbe.
E PILOG
Jessica klatschte die Schneekugel ein wenig schief auf den Bauch des Schneemanns. Damit der Kopf nicht herunterfiel, klopfte sie händeweise Schnee als Mörtel um den Hals ihres Kunstwerkes fest. Lacey hatte das Gefühl, der Winter würde niemals enden. Das Feuer lag nun vier Wochen zurück und noch immer türmte sich überall der Schnee.
»Danke, dass du der Polizei nichts von ihr gesagt hast«, flüsterte Kelly. »Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Chris herausgefunden hätte, dass Jessica nicht sein Kind ist. Und auch nicht meines.«
Schulter an Schulter standen die Frauen in Laceys Wohnzimmer und sahen dem Mädchen draußen beim Spielen zu. Mit ihren roten Fausthandschuhen und der roten Mütze war Jessica ein Farbtupfer in der weißen Schneelandschaft.
»Sie
ist
dein Kind. Euer Kind.« Lacey versuchte zu lächeln. »Zu wissen, dass sie bei euch ist, würde Suzanne sehr glücklich machen. Niemand könnte ihr mehr Liebe und Fürsorge geben als du und Chris.«
Kellys Gesicht fiel in sich zusammen. »Es ist immer da. Es hängt über meinem Kopf wie eine dunkle Wolke. Ich versuche, nicht mehr an Suzanne zu denken. Ein paar Jahre lang glaubte ich schon beinahe, dass ich Jessica selbst zur Welt gebracht hätte.«
»Du hast keine Kinder bekommen.« Das war als Frage gedacht.
»Es ging nicht.«
Lacey hörte den Schmerz in den wenigen, simplen Worten. Sie zog Kelly vom Fenster weg und schob sie zum Sofa. Es wurde Zeit für ein paar Erklärungen. Seit dem Abend in der Hütte hatten sie nicht miteinander gesprochen. Auf die Fragen der Polizisten hatte Lacey geantwortet, zu Kellys Entführung könne sie nicht viel sagen. Den Detectives erklärte sie, der Kidnapper hätte sie voneinander getrennt gefangen gehalten; sie hätte nicht einmal gewusst, dass Kelly auch da war, und nicht gedacht, dass ihre Freundin überhaupt noch lebte.
Inzwischen klang Laceys Stimme wieder normal. Wochenlang war sie heiser gewesen und hatte beim Sprechen gemeine Schmerzen gehabt. Vier angebrochene Rippen, eine gebrochene Speiche und eine schwere Gehirnerschütterung hatte man bei ihr festgestellt. Ein paar Tage hatte sie im Krankenhaus verbracht. Die körperlichen Verletzungen heilten gut. Ihr Geist und ihre Seele waren noch längst nicht so weit. Die Alpträume waren wieder da. Nur diesmal spielten Rauch, Feuer und das Böse die Hauptrolle darin. Sie war in einer Hütte gefangen, konnte den verschlingenden Flammen nicht entfliehen. Und auch nicht Bobby DeCosta.
Weil sie den Killer nicht mehr befragen konnten, rekonstruierten die Detectives die alten Fälle in Mount Junction, so gut es ging. Sie gingen davon aus, dass Dave und Bobby DeCosta zwischen Mount Junction und Corvallis gependelt waren und an beiden Orten jahrelang gemordet hatten. Mal gemeinsam, mal allein. Ihre Mutter behauptete, von alledem nichts gemerkt zu haben. Auch von einem Baby wusste sie angeblich nichts.
Lacey räusperte sich. »Warum kannst du keine Kinder bekommen?«
»Erinnerst du dich an meine Fehlgeburt, als wir noch aufs College gingen?«
Lacey nickte. Das war lang her.
»Damals hieß es, ich hätte eine bestimmte Gebärmutteranomalie. Uterus bicornis. Eigentlich nichts Weltbewegendes, aber bei mir ist das Problem wohl sehr ausgeprägt. Deshalb kam eszu der Fehlgeburt. Die Ärzte sagten, ohne eine Operation könnte ich wahrscheinlich nie ein Kind austragen. Damals war ich nicht krankenversichert und während des Studiums wollte ich eigentlich sowieso nicht schwanger werden. Deshalb schob ich die OP auf. Ich sagte mir, wenn
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