Verdeckt
Vernunft in Person.
Eine perfekte Ehe.
Michael wollte in Mount Junction mit Amy Smiths Eltern und danach mit anderen Familien sogenannter Unfallopfer reden. Sein Gefühl sagte ihm, dass ihm mit der Entdeckung einer Verbindung zwischen den Opfern in Mount Junction und denen in der Gegend von Portland ein großer Wurf gelungen war. Sogar die Polizei von Mount Junction hatte er überzeugen können. Die Beamten hatten die Akten aller fraglichen Ermittlungen noch einmal aus den Archiven geholt und überprüften die Übereinstimmungen, auf die Michael sie bei seinem letzten Besuch aufmerksam gemacht hatte. Michael ging fest davon aus, dass er hier draußen eine Spur finden würde, die zu dem Killer führte.
»Seit Sie die Idee in die Welt gesetzt haben, Amy könnte ermordet worden sein, ist unser Leben völlig aus den Fugen geraten.« Die Miene des Vaters war ein einziger Vorwurf. »Aufdringliche Reporter kriechen aus allen Ritzen, Nachrichtensender belagern uns undwir wurden häufiger von der Polizei befragt als ein Verdächtiger bei
CSI Miami
.«
»Gary, es ist doch nicht seine Schuld, dass die Polizei sich alle alten Fälle noch mal vornehmen muss. Willst du denn nicht wissen, was damals tatsächlich passiert ist? Ich hatte schon immer so ein seltsames Gefühl. Wir wussten nicht, wohin Amy wollte, als sie in den Fluss fuhr. Eigentlich dachten wir, sie wäre meilenweit entfernt beim Einkaufen.«
Janet Smith war ein Ausbund an gesundem Menschenverstand. Für Anfang sechzig hatte die kleine Frau ein erstaunlich glattes Gesicht. Spuren der Schönheit, die Gary früher einmal um den Verstand gebracht haben musste, konnte Michael darin immer noch erkennen. Gary war massig wie ein Football-Linebacker und unfähig stillzusitzen. Sein schneeweißes Haar bildete einen harten Kontrast zu den schwarzen Brauen und dem schwarzen Schnauzbart. Irgendwie war es der zarten kleinen Frau gelungen, diesen energiestrotzenden Kerl zu zähmen. Michael machte es schon nervös, im selben Raum mit ihm zu sitzen.
Das Gespräch fand im fast schon sterilen Wohnzimmer im stillen Haus der Smiths statt. Dieses Heim hatte eine Aura akuter Leere – so als warte es nur darauf, dass die Zeit verging.
Janets verständnisvoller Blick weckte in Michael für einen kurzen Moment den Wunsch, seine Mutter wäre wie sie. Doch seine karrieresüchtige Frau Mama ähnelte eher Gary.
Aus dessen Augen funkelte ihm Hass entgegen. »Wir müssen nicht mit Ihnen reden und Ihre neugierigen Fragen beantworten. Ich frage mich sowieso, warum Janet Sie überhaupt ins Haus gelassen hat. Wenn Sie wissen wollen, was wir gesagt haben, wenden Sie sich an die Polizei.«
»Gary. Ich habe ihn hereingelassen, weil er die Wiederaufnahme der Ermittlungen angestoßen hat. Und dafür bin ich ihm dankbar. Dass dir das nicht gefällt, ist mir schon klar. Aber bisher hat er uns nur geholfen.« Sie legte die Hand auf den Arm ihres Mannes.
Gary wollte etwas sagen, klappte den Mund aber wieder zu.
Michael wandte sich an Janet. »Ich weiß, dass Sie das bereits mehrmals gefragt wurden. Aber können Sie mir etwas über die Jungs erzählen, mit denen Amy damals ausging?« Gary sah er bei dieser Frage lieber nicht an.
»Sie war damals mit Matt zusammen. Die beiden waren seit mindestens zwei Jahren befreundet; mit anderen Jungs traf sie sich nicht. Sie redeten übers Heiraten, wollten aber erst beide zu Ende studieren. Eigentlich betrachteten wir ihn schon als unseren zukünftigen Schwiegersohn.«
Michael warf einen Blick in seine Notizen. »Matt Petretti?«
»Ja. Er hat vor sieben Jahren geheiratet. Er und seine Frau schicken uns jedes Jahr eine Weihnachtskarte. Sie haben zwei kleine Jungs und ein Mädchen.«
Der wehmütige Unterton in Janets Stimme entging Michael nicht. Keine Enkel für dieses Paar. Amy war ihr einziges Kind gewesen.
»Dann haben Sie also immer noch Kontakt.«
»Als Amy gefunden wurde, war Matt uns eine große Stütze. Er wird immer so etwas wie ein Sohn für uns bleiben.« Diesmal nickte Gary stumm, als sie ihn ansah.
»Ich weiß, dass ein paar Wochen vor Amys Tod in ihr Apartment eingebrochen wurde«, sagte Michael. »Im Polizeibericht steht, ihre Stereoanlage und einige CDs seien gestohlen worden. Ist Ihnen außerdem noch etwas eingefallen?«
»Damals kamen wir gar nicht auf die Idee, dass beides irgendwie zusammenhängen könnte«, sagte Gary nachdenklich. »Wir mussten jetzt alles noch einmal erzählen, was wir aus der Zeit noch wissen. Aber es ist so lang
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