Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
Grappa, deren Name sich eigentlich von
graspo
beziehungsweise
graspa
ableitet, der Traube und dem Saft, aus dem der Schnaps destilliert wird, der früher ein
digestivo
für arme Leute gewesen war. Schließlich ist der Trester der Abfall, der bei der Weingärung übrig bleibt. Laura und Mark hatten in der Schankstube der Grapperia Nardini, die sich direkt an dem Ponte degli Alpini befindet, ein Glas getrunken und waren dann die wenigen Meter weiter zum Museo della Grappa der Distilleria Jacopo Poli gelaufen.
Am frühen Abend waren Laura und Mark wieder am Gardasee eingetroffen. Und jetzt suchte er im Auto nach den Grappaflaschen, die er so gut verstaut hatte, dass sie nicht mehr zu finden waren. Hatten sie eigentlich fünf oder sechs Flaschen gekauft? Bisher waren jedenfalls erst drei wieder aufgetaucht. Und es schien ihm, dass der Morgan bereits verdächtig nach Grappa roch. Hoffentlich hatte es keinen Bruch gegeben. Bei etwaigen Polizeikontrollen würde es ihm schwer fallen zu erklären, dass nicht der Fahrer, sondern das Auto eine Alkoholfahne hatte.
»Mark, telefono!« Laura winkte aus dem offenen Fenster im ersten Stock.
»Ich bin beschäftigt. Wer ist es denn?«
»Doktor Leuttner. Er möchte dich dringend sprechen.«
»Okay, soll einen Moment warten, ich komme schon.«
Mark kletterte aus dem Roadster und eilte zum Telefon ins Haus.
»Hallo, Doktor Leuttner. Wie geht’s? Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Guten Abend, Mister Hamilton. Mir geht’s wahrscheinlich nicht so gut wie Ihnen. Bei uns ist es kalt, und es regnet.«
»Das sind die Vorzüge Italiens. Sie haben Recht, wir haben herrliches Wetter.«
»Um auf Ihre Frage zurückzukommen, ja, wir haben neue Erkenntnisse. Die Detektei, von der ich Ihnen erzählt habe, hat einige Anhaltspunkte ermittelt, die Ihre Vermutung bestätigen.«
»Dass sich also die Vermögensverhältnisse von Rudolf nach meiner Entführung merklich verbessert haben?«
»In der Tat haben sich seine Vermögensverhältnisse grundlegend verändert. Es sieht so aus, als ob er noch kurz zuvor fast pleite war. Bald nach der Entführung sind erhebliche Zahlungen aus dem Ausland eingegangen, wobei sich das Geld nur schwer zurückverfolgen lässt. Und jetzt scheint ihr werter Bruder förmlich im Geld zu schwimmen.«
»Das ist doch ein eigenartiger Zufall, finden Sie nicht?«
»Doch, das würde ich auch so sehen. Soll die Detektei ihre Nachforschungen fortsetzen, oder wollen Sie die Polizei informieren?«
»Die Polizei, nein, noch nicht. Die haben sich bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Erst vor einigen Tagen habe ich mit Kommissar Wächter telefoniert, der mir wenig Hoffnungen gemacht hat. Offenbar haben die italienischen Kollegen eine kriminelle Vereinigung aus Sardinien im Verdacht. Wir sind mit unseren eigenen Recherchen viel erfolgreicher. Und wenn wir alles beieinander haben, werden wir denen Rudolf auf dem silbernen Tablett servieren. Die Detektei soll ruhig weitermachen. Das heißt vorausgesetzt, ich kann mir deren Dienste überhaupt noch leisten.«
»Gerade noch, Mister Hamilton, aber um ehrlich zu sein, schaut es finanziell nicht besonders rosig aus. Wir sollten uns mal treffen und uns darüber unterhalten. Meiner Meinung nach müssen Sie einen Verkauf des Hauses am Gardasee in Betracht ziehen.«
»Kommt nicht in Frage, das wäre nicht im Sinne meiner Großmutter. Ich werde in den nächsten Tagen mit meiner Agentin in London telefonieren. Immerhin habe ich ja einen Beruf, mit dem man durchaus Geld verdienen kann. Mal sehen, vielleicht hat sie einen einträglichen Auftrag für mich. Also, lassen Sie die Detektei weiter nachforschen. Möglicherweise lässt sich die Herkunft der Gelder zurückverfolgen.«
»Wenn Sie Bewegung in die Sache bringen wollen, könnten wir ja bei der Steuerfahndung eine anonyme Anzeige gegen Herrn Krobat erstatten?«
»Keine schlechte Idee, aber wir sollten diese Aktion noch etwas zurückstellen. Warten wir mal ab, was Ihre Detektive herausbringen.«
»In Ordnung, ich halte Sie auf dem Laufenden.« Dr. Leuttner lachte. »Und schicken Sie uns doch bitte einige Sonnenstrahlen über die Alpen in den tristen Norden.«
»Ich werde es versuchen, bin aber nicht sehr optimistisch. Besten Dank für Ihren Anruf, Doktor Leuttner, auf Wiederhören.«
Später am Abend, Laura war im Haus, lag Mark im Freien auf einer Liege und sah hinauf zu den Sternen. Als er eine Sternschnuppe erblickte, dachte er, dass er sich jetzt etwas wünschen darf. Aber
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