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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Tatsächlich war die Rotonda nie zum Wohnen gedacht gewesen, sondern von Palladio als Lusthaus für Sommerfeste konzipiert worden. Palladios Villen und seine Architekturlehre, die er in den berühmten
Quattro Libri dell’Architettura
niedergelegt hat, waren weltweit stilprägend. Die amerikanische Reisegruppe freute sich zu hören, dass auch ihr Weißes Haus in Washington mit seinen klassizistischen Giebeln und Säulen ein nachempfundener Palladio-Bau ist.

29
    A lessandro stellte mit einem selbstgefälligen Lächeln die Sporttasche ab.
    »Hier ist der Rest, Principale. Er hat seine Schulden bezahlt!« 
    Der Principale beugte sich im Lehnstuhl nach vorne und beäugte misstrauisch die Tasche. Nachdenklich begann er den Kopf hin und her zu wiegen. Er kniff die Augen zusammen und sah Alessandro zweifelnd an.
    »Er hat wirklich bezahlt? Hätte ich nicht gedacht.« Unvermittelt stieß er mit dem Zeigefinger nach vorne. »Auch die Zinsen?«
    Alessandro, der erst zurückgezuckt war, nickte triumphierend. »Ja, auch die Zinsen.«
    »Erstaunlich, wirklich erstaunlich.«
    Alessandro war nicht überrascht, als er den Principale plötzlich mit einem Jeton spielen sah, der aus dem Nichts aufgetaucht war. Der Principale ließ den Jeton über die Finger gleiten. Er rutschte unter der Handfläche durch, erschien unversehens in der anderen Hand und rotierte zwischen Zeigefinger und Daumen. Eine kurze Drehung aus dem Handgelenk, und der Jeton war genauso plötzlich wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war. Allzu gerne hätte Alessandro herausbekommen, wie der Principale das machte.
    »Mein Kompliment, Alessandro. Du bist der beste Geldeintreiber, den ich je hatte. Du bist sogar so gut, dass du Geld bei jemandem eintreibst, der überhaupt keines hat.«
    Alessandro grinste verlegen und massierte so nachdrücklich seine rechte Faust, dass die Gelenke in den Fingern krachten.
    »Bitte lass das, Alessandro, das hört sich ja widerwärtig an. Weißt du eigentlich, wie unser Freund das Geld so unvermittelt aufgetrieben hat? Das würde mich wirklich interessieren.«
    »Nein, Principale, keine Ahnung. Ist doch auch egal. Hauptsache, er hat gezahlt, oder?«
    »Im Prinzip hast du Recht. Aber in diesem speziellen Fall würde es mich schon interessieren.« Der Principale strich sich grübelnd über die Stirn. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Jetzt hab ich es. Du hast ihm einen Finger abgeschnitten. Wo ist die Schatulle mit der Relique? Komm schon, zeig sie mir!«
    Alessandro hob beschwörend die Hände und schüttelte verneinend den Kopf. »Das war nicht nötig, Principale. Er hat die Schulden freiwillig bezahlt. Und die Schatulle, die habe ich ihm geschenkt, sozusagen als kleine Anerkennung für seine Bemühung.«
    Der Principale sah Alessandro ungläubig an. »Du hast ihm wirklich diese hübsche silberne Schatulle geschenkt, die so schön mit Samt ausgeschlagen war? Mir hat das byzantinische Muster auf dem Deckel ausgesprochen gut gefallen.«
    »Entschuldigen Sie, Principale. Ich besorge Ihnen eine neue Schatulle, die noch schöner ist.«
    »Ich bitte darum, ja. Ich möchte wirklich, dass du bei nächster Gelegenheit einem säumigen Zahler den kleinen Finger abschneidest. Das wäre gut für mein Image.«
    Das fröhliche Kichern des Principale ging in ein trockenes Hüsteln über.
    »Dunque, Alessandro, da kann man wohl in diesem Fall nichts mehr machen. Eigentlich begrüße ich es ja, wenn Freunde unseres Hauses über genügend liquide Mittel verfügen. Streng genommen ist das eine Grundvoraussetzung für eine gedeihliche Geschäftsbeziehung. Da unser geschätzter Freund nicht nur über zehn gesunde Finger verfügt, was, wie gesagt, in gewisser Weise bedauerlich ist, sondern offenbar auch über mehr Kapital, als ich angenommen habe, sollten wir ihn wieder einladen. Wie du weißt, planen wir im nächsten Monat eine festliche Veranstaltung, die ihm zusagen sollte. Richte ihm aus, dass er herzlich willkommen ist. Ich werde mich persönlich um sein Wohlergehen kümmern.«
    »Iolanda wäre ihm wahrscheinlich lieber …«, murmelte Alessandro.
    »Wie bitte? Hast du etwas gesagt?«
    »Nein, Principale. Ich werde ihn einladen, selbstverständlich.«
    »Noch etwas, Alessandro. Wenn du wüsstest, wie er zu dem Geld gekommen ist, dann würdest du mir das doch sagen, oder?«
    Der Principale sah Alessandro scharf an. Dieser hatte sich gut unter Kontrolle und nickte heftig.
    »Aber was denken Sie, Principale, natürlich würde ich Ihnen das

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