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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Heilige ohne Namen war Il Santo. Und das Café ohne Türen das Caffè Pedrocchi, das früher Tag und Nacht geöffnet hatte.
    Mark atmete tief durch. »Kein Zweifel, hier ist es entschieden schöner als in meinem Kellerverließ«, stellte er fest.
    Laura hakte sich bei ihm unter. »Denkst du noch viel daran?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ist mir nur gerade eingefallen.« Mark blieb stehen. »Das heißt, um ehrlich zu sein, eigentlich doch. Ich denke nicht direkt darüber nach, ich versuch die Entführung zu vergessen, aber das klappt noch nicht so richtig. So lange liegt mein Ausflug ja auch noch nicht zurück. Mir wird erst jetzt klar, dass ich doch ganz schön Angst hatte. Im Keller, da wollte ich es mir nicht eingestehen.«
    »Wahrscheinlich ist das eine Art Überlebensstrategie, ich meine, dass man in einer hoffnungslosen Situation, in der man selbst nichts zur Lösung beitragen kann, die Gefahr verdrängt.«
    »Ist wohl so«, erwiderte Mark, »aber lass uns jetzt über etwas anderes reden.«
    »Ich weiß auch schon, worüber«, sagte Laura leise, die Mark den Rücken zugedreht hatte und in das beleuchtete Schaufenster eines Antiquitätengeschäfts starrte. »Das gibt’s doch einfach nicht!«
    Mark sah Laura über die Schulter. »Was gibt es nicht?«
    Laura ging in die Knie und neigte den Kopf zur Seite. »Doch, das ist sie. Das kann nur sie sein.«
    Erst jetzt realisierte Mark, dass Laura von einer Bronzefigur sprach, die in der Auslage stand. Er sah genauer hin. Die Figur war etwa eineinhalb Meter hoch und stellte eine junge nackte Frau dar, die einen Apfel in der Hand hielt.
    »Du meinst?«
    Laura richtete sich wieder auf. »Ja, ich meine.« Und nach einer kurzen, bedeutungsvollen Pause: »Das ist unsere Eva!«
    »Bist du dir sicher?«, fragte Mark zweifelnd. »Solche Figuren gibt’s doch gewiss häufiger?«
    »So häufig nun auch wieder nicht. Und diese ist schon sehr außergewöhnlich.« Laura zupfte an ihrem Ohrläppchen. »Ich muss morgen, sobald er offen hat, in diesen Laden rein. Dann kann ich die Identität zweifelsfrei feststellen.«
    »Auf welche Weise?«
    »Ganz leicht. Auf dem Rücken, unter dem rechten Schulterblatt, müssten die Initialen des Künstlers zu sehen sein, A und G für Andrea Goldano. Außerdem ist der linke Ellbogen leicht beschädigt. Das kann man nur von hier dummerweise nicht sehen.«
    Mark schaute auf das kleine Schild an der Tür. »Franco Morlotti«, las er laut vor. »Antichità. Orario d’apertura: ore 10–12, ore 17–20.«
    »Das klappt nicht«, ärgerte sich Laura, »da sind wir doch schon längst unterwegs. Morgen steht der Brenta-Kanal auf dem Programm, die Villa Pisani und so weiter. Wir fahren um acht Uhr los.«
    »Kein Problem, ich klinke mich aus. Ich bleib hier und schau mir morgen die Figur genauer an. Das wäre doch wirklich verrückt, wenn das unsere Eva ist.«
    »Komm, lass uns weitergehen.« Laura nahm Mark bei der Hand und zog ihn fort. Wenig später saßen sie gegenüber der Universität im Caffè Pedrocchi und dachten über ihre Entdeckung nach.
    »Das kommt nicht in Frage«, stellte Laura unvermittelt fest.
    »Was kommt nicht in Frage?«
    »Dass du morgen in das Antiquitätengeschäft gehst. Wenn das wirklich unsere Eva ist, dann könnte dieser Antiquitätenhändler etwas mit deiner Entführung zu tun haben. Wer weiß, vielleicht war er höchstpersönlich daran beteiligt? Stell dir nur vor, er würde dich erkennen.«
    »Das wäre nicht gut, gar nicht gut«, gab Mark zu.
    Als Mark den Kellner kommen sah, der ihnen zwei Averna brachte, hellte sich sein Gesicht auf. »Ich hab’s! Ich bitte Bill, mir zu helfen.«
    »Unseren Bill aus der Reisegruppe?«
    »Klar. Das macht er sicher. Bei den schauspielerischen Qualitäten, die er hat, fällt es ihm nicht schwer, sich als Kunde für diese Figur zu interessieren und sie, ohne Misstrauen zu erregen, genauer in Augenschein zu nehmen. Ich warte so lange um die Ecke. Und dann kommen wir mit einem Taxi nach. Du weißt doch sicher, wo ihr morgen zum Mittagessen seid. Da treffen wir uns.«
    »Auf das kulturelle Programm verzichtet Bill sicher gern«, sagte Laura lachend. »Einen größeren Gefallen könntest du ihm wahrscheinlich gar nicht machen. Und wenn sich bestätigen sollte, dass das unsere Eva ist, dann verständigst du Commissario Sanabotti! Um alles Weitere kann sich die Polizei kümmern.«
    »Das werde ich nicht tun!«, stellte Mark nach kurzem Zögern klar. »Nimm’s nicht persönlich, aber mein Vertrauen in

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