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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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gute Stunde später stand die Reisegruppe wartend vor dem Majestic Toscanelli in der Via dell’Arco, Marks ältliche Freundinnen wie immer in ihren unverwechselbaren Jogginghosen. Da hatte Bill seinen großen Auftritt. Fast hätten sie ihn nicht wieder erkannt, wie er aus dem Hotel ins Freie trat – blauer Blazer mit Einstecktuch passend zur Krawatte, die Haare nach hinten gegelt, mit Hornbrille und dicker Zigarre. Bill nahm einen Zug aus der Zigarre und warf einen verächtlichen Blick auf seine versammelten Mitreisenden. »Oh my God, was sind das hier für schlecht angezogene Banausen. Eine Schande für unser großartiges amerikanisches Volk. Da dürfen wir uns nicht wundern, dass man uns auf der ganzen Welt als Ignoranten ansieht, die Mickey Mouse und McDonald’s für die größten kulturellen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts halten.« Bill rückte die Hornbrille zurecht und winkte Mark zu sich. »Let’s go. Ich möchte mir noch einmal dieses Fresko von Giotto in der …?« Er schnippte auffordernd mit den Fingern.
    »… in der Arena-Kapelle«, vervollständigte Laura seinen Satz.
    »Yes, in der Arena-Kapelle anschauen. Nicht schlecht, dieser Giotto, er hatte Talent. Obwohl ich finde, dass Andy Warhol mit Farben besser umgehen konnte.«
    Bill unterstrich seine Aussage mit einem ernsten Nicken. Laura schlug in gespieltem Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammen.
    Bill sah auf die Uhr. »Und im Anschluss sehen wir uns mal bei den Kunsthändlern hier in Verona um …«
    »In Padua, wir sind in Padua«, korrigierte Laura lachend.
    »Sind Sie sich da sicher? Anyway, ich würde gerne einige Stücke für meine Kunstsammlung erwerben. Have a nice day!«
     
    Kurz nach zehn Uhr rückte Bill seinen Krawattenknoten zurecht. Mark hatte sich bereits davon überzeugt, dass der Laden geöffnet war. Aufmunternd schlug er Bill auf die Schulter. »Und nicht übertreiben, okay?«
    »Übertreiben? Ich?« Bill sah Mark empört an. »Ich bin für meine diskrete Art bekannt.«
    Mark sah Bill hinterher, wie er die wenigen Meter zum Antiquitätengeschäft schlenderte, dort erst interessiert das Schaufenster studierte, um schließlich den Laden zu betreten. Mark saß vor einem kleinen Caffè, verborgen hinter einem großen Terrakottatopf mit einem buschigen Lorbeerstrauch. Nervös verrührte er den Schaum in seiner Cappuccinotasse. Ob es sich bei der Figur wirklich um die Eva aus dem Haus seiner Grandma handelte? Und wenn ja, ob ihn das auf die Spur seiner Entführer bringen würde? Mark beugte sich vor und warf einen Blick auf das Antiquitätengeschäft. Was Bill dort wohl so lange machte? Hoffentlich trieb er es nicht zu toll. Jetzt. Die Tür öffnete sich, und Bill trat heraus. Was war denn nun los? Hinter ihm tauchte der Antiquitätenhändler auf und redete heftig gestikulierend auf Bill ein. Dann verschwanden beide wieder im Laden. Stöhnend lehnte sich Mark zurück und bestellte ganz gegen seine Gewohnheiten eine Grappa. Die Minuten vergingen so zäh wie Stunden. Endlich! Wieder ging die Tür auf. Der Antiquitätenhändler verbeugte sich mehrfach und schüttelte Bill zum Abschied temperamentvoll die Hand. Dann kam Bill auf ihn zu, ging am Caffè vorbei, ohne Mark eines Blickes zu würdigen, die Straße hinunter Richtung Universität. Hektisch zahlte Mark und eilte Bill hinterher.
    »Und? Erzähl schon, wie lief’s? Ist das meine Eva?« Atemlos stand Mark neben Bill auf der Piazza delle Erbe.
    »Bingo. Sie hat das Tattoo auf der rechten Schulter, und ihr linker Ellbogen ist ein Fall für einen guten Chirurgen.«
    Mark schlug sich begeistert mit der rechten Faust in die linke Handfläche. »Super. Und wie ging’s weiter? Hat er dir deine Rolle abgenommen?«
    »Wie darf ich das verstehen?« Bill sah Mark entsetzt an. »Ich spiele keine Rollen, ich verwandle mich komplett in eine andere Persönlichkeit. Il Signor Morlotti war hocherfreut, meine Bekanntschaft gemacht zu haben. In seinen glänzenden Augen konnte ich lauter kleine Dollarzeichen sehen.«
    »Und warum bist du noch einmal in den Laden zurück?«
    »Weil Morlotti erst behauptet hat, es gebe keinen zugehörigen Adam. Da habe ich das Gespräch abgebrochen und den Laden verlassen. Das hat seiner Erinnerung ausgesprochen gut getan, jedenfalls ist ihm doch plötzlich eingefallen, dass es eventuell einen Adam geben könnte. Er hat dann mit irgendjemandem telefoniert, hinten in einem kleinen Zimmer. Ich hab nichts verstanden, war ja auch auf Italienisch. Und, was

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