Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
Vom Netzwerk:
Guido.
    »Ja, doch dafür ist es wohl der Richtige!« Mark dachte daran, mit welcher Leichtigkeit ihn sein Entführer die Treppen hinuntergetragen und im Wagen verstaut hatte. Ihm war vom ersten Augenblick an klar gewesen, dass es sich hier um einen besonders kräftigen Mann handeln musste. Aber dass es gleich ein ausgewachsener Riese war, das hätte nicht unbedingt sein müssen.
    »Vielleicht wirkt er im Dunkeln größer?«, gab Mark zu bedenken.
    »Oder kleiner!«, raubte ihm Guido diese Hoffnung.
    »Auch die Campari-Aufschrift passt, ich habe im Wagen Flaschen klappern hören.« Plötzlich fiel Mark ein, dass Guido vielleicht gar nicht wusste, wovon er sprach. Außerdem, wie kam er dazu, diesem Guido sein Vertrauen zu schenken? Nun, der Name Laura war wohl so etwas wie ein Codewort.
    »Was hat dir Laura eigentlich erzählt? Was weißt du?«, wollte Mark wissen.
    »Psst, du solltest nicht so viel reden. Und zu deiner Frage – ich weiß alles, was Laura weiß.«
    So viel? dachte Mark. Das wäre ja nun wirklich nicht nötig gewesen. In der Zwischenzeit hatte der Hüne den Wagen umkurvt, die Hecktüren geöffnet – und einen Karton mit Flaschen herausgehoben, den er in den Laden trug.
    »Das gibt’s nicht, er liefert Getränke aus«, flüsterte Mark.
    »Non credo, aspetta!«
    Der Hüne kam zurück, beugte sich in den Wagen und – welche Erlösung – tauchte mit einer Last auf, die unschwer als eine große Figur zu identifizieren war.
    »Adamo!«, stellte Guido fest.
    Nach einigen Minuten im Laden kamen beide wieder heraus, Morlotti schloss die Tür ab, der Hüne streckte sich und ließ einen Arm kreisen. Der Antiquitätenhändler konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen. Dann verabschiedeten sie sich voneinander, Morlotti stieg auf ein Fahrrad und radelte davon. Der Lieferwagen wurde angelassen.
    »So ein Mist«, sagte Mark. Hektisch zoomte er auf das Nummernschild und drückte auf den Auslöser.
    »Mach schnell, wir werden il colosso verfolgen.«
    Guido sprang auf und eilte die Straße hinunter. Ungläubig schaute Mark auf eine Vespa, auf die Guido zusteuerte.
    »Mit diesem Ding willst du den Lieferwagen verfolgen?«
    »Aber sicher. Die ist wendiger als jedes Auto. Und mit der Höchstgeschwindigkeit dieses Transporters nimmt sie es leicht auf.«
    Guido klopfte seinem Motorroller aufmunternd auf den Tank. Kurz darauf hatten sie gewendet. Noch waren die Heckleuchten des Lieferwagens zu sehen. Wie Mark feststellte, hatte Guido nicht übertrieben. Ohne Probleme verfolgten sie den Wagen durch Padua und konnten später auch spielend auf der Landstraße mithalten. Guido fuhr ohne Licht, was Mark zwar klug, aber zunächst reichlich riskant fand. Schließlich kam er zu der Erkenntnis, dass junge Italiener – Guido mochte vielleicht Ende zwanzig sein – mit ihrem Motorroller wie verwachsen sind. Die erste große Liebe hörte bei den meisten Ragazzi wahrscheinlich auf den Namen Vespa. Apropos Liebe, ging es Mark durch den Kopf, wie stand Guido zu Laura? Es konnte ja fast nicht sein, dass Guido an Laura nicht interessiert war. Irgendwie gefiel ihm die Vorstellung nicht, dass er mit einem Rivalen nachts auf einer unbeleuchteten Straße ohne Licht und Sturzhelm hinter einem gewiss gewalttätigen Riesen herbrauste. Aber das hatte er sich selbst eingebrockt. Schließlich war er es, der etwas dagegen hatte, die Polizei einzuschalten.
     
    Der Lieferwagen bremste und bog rechts in einen kleinen Weg ab. Guido und Mark warteten an der Abzweigung und beobachteten, wie der Wagen nach gut hundert Metern bei einem Bauernhaus stehen blieb, dessen Umrisse aufgrund des sternenklaren Himmels gut zu sehen waren. Guido schob die Vespa in die Wiese und versteckte sie hinter einem Busch. Zu Fuß und tief geduckt pirschten sie sich zum Haus vor. Der Transporter stand in einem Schuppen. Guido spähte durch ein Fenster ins Wohnzimmer, in dem mittlerweile das Licht angegangen war.
    »Unser Freund scheint alleine zu sein«, berichtete er Mark, der vor einem Kellerfenster kauerte. »Nun, was meinst du? Könnte es sich hier um das Haus handeln, in dem du eingesperrt warst?«
    »Ich denke schon. Die Anfahrt von der Hauptstrasse stimmt jedenfalls, ich erinnere mich an eine Bodenwelle und an Zweige, die am Auto entlangschrammten. Das passt alles. Um sicher zu sein, müsste ich mir allerdings den Eingang zum Haus genauer ansehen.«
    »Nur zu, ich behalte den Zwerg im Auge.«
    Mark nickte und atmete tief durch. Vorsichtig schob er sich durch

Weitere Kostenlose Bücher