Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
ließ sich im Salon selbstzufrieden in einen mit rotem Samt bezogenen Sessel fallen. Er hatte es schon immer gewusst, er war ein Gewinner. Und die Rückschläge im Leben, die hatte er alle locker weggesteckt. Stets war ihm ein Ausweg eingefallen. Er hatte sich nie unterkriegen lassen. Mit Glück, aber auch mit Genie, Improvisationstalent, Mut zum Risiko und zum entschlossenen Handeln hatte er alle Klippen umschifft. Gewiss, es hat Opfer gegeben, darunter auch einige, wenige, die ihm wehtaten. Aber so war das Leben. Charles Darwin hatte Recht, alles war eine Frage des Survival of the fittest! Und jetzt war es so weit, er hatte es endgültig geschafft. Alles, was er sich je erträumt hatte, war Realität geworden. Die letzten Risiken waren beseitigt, keiner mehr konnte ihm sein Glück nehmen.
Rudolf holte die kleine silberne Schatulle aus der Tasche und legte sie vor sich auf die breite, gepolsterte Armlehne. Lächelnd fiel ihm ein, dass sie ein Geschenk von Alessandro war. Nun, er hatte sich ihm gegenüber nicht gerade von der dankbaren Seite gezeigt. Alessandro war eigentlich ein netter Kerl gewesen. Einfach köstlich, wie leicht es war, ihn zu dieser Entführung zu überreden. Damit sei er all seine Probleme los, hatte er ihm gesagt. Der Principale würde sein großes Geschick beim Geldeintreiben loben, und gleichzeitig kassiere er eine ansehnliche Provision, die ihn zu einem wohlhabenden Mann mache. Die Alternative sei weit weniger verlockend. Alessandro könne ihn quälen, ihm wie vom Principale befohlen den Finger abschneiden, die Beine brechen, ihn an einen Betonklotz gefesselt in einem Baggersee versenken – nur, das Geld bekomme er auf diese Weise nicht, einfach deshalb, weil er keines mehr habe. Alessandro war auf diesen Handel eingegangen. Natürlich hatte ihn vor allem das Geld gelockt, das er bei der Entführung für sich ganz privat verdienen konnte. Diese Möglichkeit hatte er beim Principale nie.
Und Mark? Der hatte die Entführung gut überstanden. Alessandro hatte ihn erstaunlich sanft behandelt. Mark konnte sich also nicht beklagen. Im Gegenteil, er durfte sich dafür bedanken, dass er noch am Leben war. Das hätte auch dümmer laufen können. Und das Lösegeld? Rudolf grinste hämisch. Mark hatte doch ohnehin kein Talent, das Erbe ihrer Großmutter in angemessener Form auszugeben. Ihm fehlte es an der dafür notwendigen Lebensart. Er hatte sich ja nicht einmal ein neues Verdeck für seinen klapprigen Roadster gekauft oder dieser Laura, die ja wirklich ein hübsches Kind war, ein kleines Brillantkollier geschenkt. Und wie Mark herumläuft? In Jeans und Tennisschuhen! Dafür brauchte man wirklich keine Millionen. Da hätte man ja gleich Perlen vor die Säue werfen können. Er dagegen, er bevorzugte Kaschmirsakkos von Kiton, seine Schuhe ließ er sich in London maßschneidern, die Zigarren wurden in Kuba extra für ihn mit einer persönlichen Banderole versehen. Das hatte Stil, dafür lohnte es sich, Geld auszugeben. Nicht zu reden von den Frauen, die er sich leistete. Mark hatte die Laura ja umsonst, so ein Glückspilz. Für sie würde er schon etwas springen lassen, sie war sicher auch im Bett ein Hochgenuss. Womit er beim aktuellen Problem angelangt war. Rudolf lachte laut auf. Was heißt Problem? Echte Probleme gab es für ihn keine mehr. Er musste nur entscheiden, ob er heute Abend die rothaarige Vanessa oder die schwarzhaarige Carla ficken sollte. Beide hatten sie einen üppigen Busen, einen flachen Bauch und lange Beine. Vanessa war vielleicht etwas temperamentvoller, und sie konnte einem hervorragend einen blasen. Carla dagegen war nicht kaputtzukriegen, die machte die ganze Nacht durch. Rudolf spielte mit der silbernen Schatulle. Wahrlich eine schwierige Entscheidung. Er öffnete die Schatulle und nahm die drei elfenbeinernen Würfel heraus. Einmal würfeln, legte er die Bedingungen fest, drei bis neun bedeutete Vanessa, zehn bis achtzehn Carla. Rudolf zögerte. Oder sollte er den Sechserpasch für Laura reservieren? Bei dem unwahrscheinlichen, aber gar nicht so seltenen Fall von drei Sechsern könnte er sich ja verpflichten, bei nächster geeigneter Gelegenheit Laura zu vergewaltigen. Rudolf gab sich einen Ruck. So verrückt war er ja nun wirklich nicht! Wegen Laura alles aufs Spiel setzen? Nein, Schluss, aus, vorbei. Er würde keine kopflosen Dinge mehr tun. Ab jetzt sollte alles seine geregelten Bahnen gehen. Rudolf blies in die Hand mit den Würfeln, schüttelte sie und ließ sie vor
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