Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
die meinen Konkurrenten vor Neid die Tränen in die Augen treibt.« Rudolf schmatzte zufrieden mit den Lippen. »Ich bin gerade dabei, die ersten Gespräche einzufädeln.«
»Ich wünsch dir viel Erfolg bei der Suche«, sagte Laura. »Übrigens, dürfen wir auch zu deinem Fest kommen?«
»Aber natürlich, Laura, und ich würde es als ein großes Privileg ansehen, mit dir dein Ballkleid aussuchen zu dürfen, das ich dir selbstverständlich schenken möchte. Ich denke da an verführerische Spitzen, feinste Seide …«
»Bei mir kannst du dir die Mühe sparen«, warf Mark ein, »ich komme als Pestdoktor mit einer großen schwarzen Schnabelmaske.«
»Ich liebe deinen englischen Humor!«
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D er Principale saß im Lehnstuhl und spielte mit einem Jeton. Die schweren Vorhänge waren zugezogen, so dass der Raum trotz des helllichten Tages im Halbdunkel lag. Die vier Männer, die in gebührendem Abstand vor dem Principale warteten, traten unruhig von einem Bein auf das andere. Alberto, der zu ihnen zählte, kämpfte mit einem Niesreiz. Keiner wagte den Principale bei seinem Ritual zu unterbrechen. Er hatte sie in das Kaminzimmer zitiert, um ihnen Anweisungen zu geben.
Plötzlich war der Jeton verschwunden. Der Principale betrachtete mit gefurchter Stirn seine leeren Handflächen, als wäre er soeben selbst von seinem Trick überrascht worden. Er legte die Hände auf die Armlehnen, nahm die vier Männer ins Visier und räusperte sich.
»Meine lieben Freunde, ich bin sehr unglücklich über den Verlust von Alessandro, sein plötzliches Ableben deprimiert mich.«
Alberto nickte stumm.
»Che il Signore sia con lui!« Der Principale bekreuzigte sich.
»Außerdem missfallen mir die Umstände seines Dahinscheidens. Ich schätze es überhaupt nicht, wenn ein enger Mitarbeiter von mir auf diese unwürdige Art und Weise verstirbt. Wo kommen wir da hin, wenn man sich schon in einem Fangobad nicht mehr sicher fühlen kann? Das ist fast so etwas wie ein heiliger Ort. Hätte er in Ausübung seines Berufs sein Leben gelassen, aufgrund einer Unachtsamkeit, nun, das wäre etwas anderes. Das würde mir auch missfallen, zweifellos, aber das wäre zumindest ehrenhaft.« Nach einem kurzen Hustenanfall fuhr er fort. »Ich hatte Alessandro in mein Herz geschlossen. Schon deshalb fühle ich mich verpflichtet, diese schändliche Tat zu sühnen. Hinzu kommt, dass es allgemein keinen besonders guten Eindruck macht, wenn es scheint, man könnte ungestraft einen meiner leitenden Mitarbeiter liquidieren. Ein solcher Eindruck wäre ausgesprochen geschäftsschädigend.«
Der Principale machte erneut eine längere Pause und massierte sich die Schläfen. »Nun, ich habe euch hergebeten, um euch von euren aktuellen Aufgaben zu entbinden.«
Alberto blickte erschrocken auf.
»Von jetzt an kümmert ihr euch ausschließlich um die Aufklärung der Umstände, die zu Alessandros Tod geführt haben. Im Klartext, ich will wissen, wer ihn umgebracht hat!« Die vorher schwache Stimme des Principale hatte plötzlich einen scharfen Klang bekommen. »Alberto, du warst Alessandros Fahrer, du kanntest ihn am besten. Du gehst mit Arturo, Giuseppe und Gustavo jeden kleinsten Verdacht durch. Ich habe euch eine Liste mit allen Leuten gemacht, bei denen Alessandro in der letzten Zeit Geld eingetrieben hat. Knöpft euch jeden einzeln vor, und verleiht euren Fragen den erforderlichen Nachdruck. Besorgt euch bei der Polizei das Protokoll zu Alessandros Tod, obwohl ich mir davon nicht allzu viel verspreche. Recherchiert in Abano. Wie ihr wisst, haben wir dort gute Freunde. Sprecht mit seiner Familie, vielleicht hat er seiner Schwester etwas erzählt.« Der Principale sackte wie erschöpft in seinem Lehnstuhl zurück.
»Irgendwelche Fragen?«
»Nein, Principale, keine Fragen«, antwortete Gustavo. »Sie können sich darauf verlassen, dass wir unser Bestes geben werden. Das sind wir nicht nur Ihnen, sondern auch Alessandro schuldig.«
Der alte Mann im Lehnstuhl nickte zustimmend. »Ach ja, und noch etwas. Ihr habt genau eine Woche Zeit, dann will ich Ergebnisse hören.«
Mit einer angedeutenden Handbewegung forderte er die vier Männer auf zu gehen. »In bocca al lupo!«
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D a kann man sich nicht beschweren, als Gastgeber hat sich Rudolf von seiner besten Seite gezeigt«, sagte Mark, der Laura durch die schmalen Gassen von Santa Croce folgte. »Er war ausgesprochen amüsant und herzlich. Ich wusste gar nicht, dass Rudolf so gut kochen kann. Die Ravioli waren vom
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