Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
Bianchi, Sie haben angedeutet, dass Sie als Makler mit der Vermittlung eines renommierten Weinguts betraut sind. Können Sie da etwas konkreter werden?«
Andrea Bianchi sah kurz zu Dottor Luzzo, der zustimmend nickte.
»Nun, ich muss vorausschicken, dass die gesamte Angelegenheit außerordentliche Diskretion verlangt. Sie müssen sich verpflichten, absolutes Stillschweigen zu bewahren. Jedenfalls so lange, bis – wenn es dazu kommen sollte – der Kauf beurkundet ist. Aber auch wenn unser Gespräch zu keinem Resultat führt, möchten wir Sie bitten, die Informationen nicht weiterzugeben.«
Dottor Luzzo öffnete seinen Aktenkoffer und entnahm ihm ein vorbereitetes Schriftstück. »Sie werden in wenigen Minuten den Grund für die gewünschte Diskretion verstehen und nachvollziehen können. Ich darf Sie bitten, zunächst diese kurze Erklärung zu unterschreiben, mit der Sie sich zum Stillschweigen verpflichten, ansonsten hätten wir das Recht, auf Schadensersatz zu klagen.« Dottor Luzzo nahm die Lesebrille ab, ließ sie an einem Bügel kreisen und lächelte freundlich. »Ich bitte Sie, das nicht falsch zu verstehen, es handelt sich hier um eine reine Formsache. Natürlich wissen wir, dass das in Ihrem Fall völlig überflüssig ist. Wir haben uns erkundigt, Sie sind ein Ehrenmann, und mir persönlich würde Ihr Wort genügen.«
Rudolf sah kein Problem darin, dieses Papier, das er nur kurz überflog, zu unterschreiben. Er hatte nichts zu verlieren. Entweder die Sache war wirklich interessant, und nach diesem Vorspiel durfte man das annehmen, oder es war ein Flop, dann konnte er es auch für sich behalten. Er nahm den Füller von Dottor Luzzo und setzte seine Unterschrift unter die Erklärung.
»Jetzt bin ich aber wirklich neugierig«, sagte Rudolf. »Sie machen es ja spannend!«
»Wir können es noch etwas spannender machen«, erwiderte Bianchi lächelnd, »indem ich Ihnen eine Frage stelle. Was ist nach Ihrer Einschätzung das traditionsreichste und renommierteste Weingut hier in der weiteren Umgebung?«
Rudolf antwortete, ohne lange nachzudenken. »Das ist natürlich die Azienda Agricola Mossina. Der Cabernet-Sauvignon Mossicaia kann es mit den großen Bordeauxweinen aufnehmen. Leider ist er fast nicht mehr zu bezahlen. Der Chardonnay Volaia mit seiner dezenten Barriquenote ist in den letzten Jahren auch in Deutschland zum Kultwein geworden. Und dem Collolaia, einem Cru aus Merlot und Cabernet-Franc mit sanftem Tannin und fruchtigem Körper, gehört die Zukunft.« Rudolf hielt kurz inne. »Entschuldigen Sie bitte meine Begeisterung. Wir kommen vom Thema ab. Um Mossina kann es sich ja nicht handeln. Natürlich gibt es in der weiteren Region noch viele andere ausgezeichnete Weingüter. Nun sagen Sie schon, welches ist es?«
Dottor Luzzo schmunzelte und lies einige Sekunden vergehen. »Die Azienda Agricola Mossina!«
Rudolf musste schlucken. Die Azienda Agricola Mossina? Tatsächlich, nicht zu fassen. So viel Glück auf einmal konnte es doch gar nicht geben.
»Ist das Ihr Ernst? Sind Sie mir nicht böse, dass ich leichte Zweifel anmelde.« Rudolf hob fragend die Augenbrauen.
»Ich kann Ihre Überraschung gut verstehen«, erklärte Dottor Luzzo. »Zunächst einmal darf ich Ihnen sagen, dass ich der Generalbevollmächtigte des Conte Battista Colleoni bin, der, wie Sie vielleicht wissen, das Weingut in vierter Generation sein Eigen nennt. Ich habe übrigens einige Schriftstücke dabei, die mich als Generalbevollmächtigten der Familie ausweisen und die ich Ihnen nachher gerne vorlege. Um Ihnen den Sachverhalt zu erklären, darf ich Sie an Ihr gegebenes Versprechen erinnern, das Sie jetzt sofort verstehen werden. Aufgrund unglücklicher Umstände ist Conte Colleoni aktuell in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Das ist natürlich in keinster Weise Besorgnis erregend, der Conte verfügt über uralten Familienbesitz, über Ländereien und Firmenbeteiligungen. Es handelt sich eher um einen temporären Liquiditätsengpass. Deshalb hat sich der Conte entschlossen, sich vom Weingut Mossina zu trennen.«
»Die Entscheidung fällt ihm umso leichter«, warf Andrea Bianchi ein, »weil ihm sein Arzt aus gesundheitlichen Gründen Alkohol gänzlich verboten hat. Der Gedanke ist ihm unerträglich, seinen eigenen Wein nicht mehr trinken zu dürfen. Also will er ihn auch gar nicht mehr sein Eigen nennen.«
»Natürlich darf niemand wissen, dass der Conte sozusagen zum Verkauf gezwungen ist. Deshalb musste ich auf Ihre
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