Verfemte des Alls
Maelen unbedingt in unsere Gefrierkammer gebracht werden – sofort!«
»Das gestehe ich Ihnen zu.« Zu meiner unendlichen Erleichterung erhob Foss sich, und wir gingen beide zur Tür. Ob er mein Argument akzeptiert hatte, daß Maelen zur Besatzung gehörte und ihre Talente dem Schiff zum Vorteil gereichten, weiß ich nicht. Mir genügte es für den Augenblick, daß er bereit war, ihr zu helfen.
Ich weiß nicht, was er zu den Patrouillenmännern sagte, damit sie uns halfen, denn ich ließ sie weit hinter mir, als ich eilig den Berg hinaufkletterte. Jetzt war kein fremdartiges Gesicht hinter der frostfreien Sichtplatte. Maelens kleiner Körper nahm so wenig Raum ein, daß er nicht zu sehen war. Eine rasche Überprüfung der Befestigungen bewies, daß der Behälter nicht angerührt worden war, seit ich ihn verschlossen hatte. Und dort, wo ich den Fremden hingeworfen hatte, war gar nichts mehr. Der Wind mußte seine staubartigen Überreste längst fortgeweht haben.
Es war ziemlich schwierig, den Gefrierkasten den Berg hinunterzubefördern, und wir kamen nur langsam voran. Endlich trugen wir ihn die Rampe zur LYDIS hinauf. Der Arzt des Patrouillenschiffes wartete bereits, um die Überführung in die Gefrierkammer des Schiffes vorzunehmen.
Jedes Sternenschiff hat eine solche Kammer, um Schwerverwundete am Leben zu erhalten, bis sie in einem der Heilzentren behandelt werden können. Ich glaube, selbst als ich Maelen den Berg hinauftrug, war mir nicht bewußt gewesen, wie furchtbar ihr Glassia-Körper zugerichtet war. Ich glaube, der Arzt gab auf, als er das blutige Bündel matten Fells sah. Aber er nahm eine Lebenskraft-Messung vor, und das Ergebnis genügte, daß er sich beeilte, die Überführung zu vollenden.
Es war also immer noch ein Funken von Leben in ihr, so weit hatte ihr Wille über ihren Körper triumphiert, aber ich wußte nicht, wie lange sie jetzt so aushalten mußte. Die Zukunft sah dunkel aus. Wie konnte ich sie nur nach Yiktor zurückbringen? Und selbst wenn es mir gelänge, die Alten der Thassa aufzuspüren, würden sie mir einen neuen Körper für Maelen geben? Und woher würden sie einen neuen Körper nehmen? Würde es eine andere Tierform sein, damit sie die Strafe abbüßte, die sie ihr auferlegt hatten?
Immer eins zur Zeit. Ich durfte nicht nur die Schatten vor mir sehen. Im Augenblick war für Maelen gesorgt. In der Gefrierkammer würden meine Leute diesen Lebensfunken in ihr mit aller Sorgfalt pflegen, die ihnen zu Gebote stand. Ein wenig von meiner Bürde war mir genommen worden, wenn auch noch viel blieb. Jetzt aber hatte ich eine andere Schuld zu begleichen – Foss hatte mich daran erinnert. Und ich war bereit, dies zu tun, so gut ich konnte.
Ich fand Foss, den Patrouillen-Kommandanten Borton und den Mediziner Thanel in der Kontrollkabine. Sie waren um einen Kasten versammelt, aus dem Thanel eine Drahtschlinge nahm. Von dieser Schlinge aus bog sich eine ganze Anzahl feiner Metallfäden vor und zurück und bildete so eine Kappe. Thanel ging sehr vorsichtig damit um und drehte das Ding, so daß das Licht auf den Fäden glitzerte.
Kapitän Foss blickte auf, als ich zu ihnen trat. »Wir können es gleich ausprobieren. Vorlund ist unser Top-Esper.«
»Ausgezeichnet. Ich bin selbst ein Vierter Grad.« Thanel setzte sich die Kappe auf – die Schlinge lag um seine Schläfen, während die feinen Fäden in seinem blonden Haar verschwanden.
»Gedankensendung«, befahl er mir, »höchste Kraft.«
Ich versuchte es, aber es war, als schlüge ich gegen eine Mauer. Es war nicht schmerzhaft wie jene Begegnung mit der Sendung des Fremden, es war eher, als stieße ich auf eine vollkommene Abschirmung, und das sagte ich auch.
Borton hatte einen kleinen Apparat in seiner Hand beobachtet. Jetzt betrachtete er mich aus zusammengekniffenen Augen. Dann wandte er sich an Foss. »Wußten Sie, daß er ein Sieben ist?«
»Wir wußten, daß er hochgradig ist, aber vor drei Reisen war er bei einem Test nur etwas mehr als Fünf.«
Von fünf auf sieben! Das hatte ich nicht gewußt. Verdankte ich diese Veränderung meinem Thassa-Körper? Oder hatte der ständige Austausch mit Maelen meine Gaben geschärft und erhöht?
»Jetzt versuchen Sie es mal.« Thanel hielt mir die Drahtkappe hin, und ich befestigte sie auf meinem Kopf.
Alle drei beobachteten mich aufmerksam, und ich erriet, daß Thanel versuchte, zu senden. Aber ich fing nichts auf. Es war ein merkwürdiges Gefühl – als ob ich meine Ohren verstopft
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