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Verfemte des Alls

Verfemte des Alls

Titel: Verfemte des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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nicht so sehr mit Maelen beschäftigt gewesen, hätte mich seine Frage und seine Haltung vielleicht beunruhigt.
    »Ich habe mich oben auf dem Bergkamm von ihnen getrennt. Maelen rief mich – sie war in Not.«
    »Ich verstehe.« Immer noch musterte er mich mit abschätzendem Blick, als wäre ich ein Stück Ware, das er im Verdacht hatte, nicht ganz in Ordnung zu sein. »Vorlund …« Plötzlich drückte er auf einen Schalter, und die Tür eines kleinen Wandschranks sprang auf. Da die Innenseite aus einem Spiegel bestand, starrte ich unvermittelt in mein eigenes Gesicht.
    Noch immer war es für mich fast ein Schock, in mein Spiegelbild zu schauen. Wenn man so viele Jahre ein bestimmtes Gesicht gesehen hat, kann man sich nur schwer an ein anderes gewöhnen. Meine Haut war brauner als zuvor auf Yiktor, aber sie ähnelte dennoch in keiner Weise der tiefdunklen, raumgebräunten Haut der anderen Besatzungsmitglieder, die ich auch einmal besessen hatte. Und auch die silbrigen Augenbrauen, die aufwärtsgeschwungen bis zur Haarlinie an den Schläfen gingen, und die kurzgeschnittenen weißen Locken auf meinem Kopf hatten nicht die geringste Ähnlichkeit mit meiner früheren Erscheinung. Aus dem Spiegel blickte mir ein zartknochiges, feingeformtes Thassa-Gesicht entgegen.
    »Thassa«, drückte Foss mit einem Wort aus, was ich sah. »Sie haben uns auf Yiktor erzählt, daß Körper keine Rolle spielen, und daß Sie immer noch Krip Vorlund sind.«
    »Ja«, erwiderte ich. »Ich bin Krip Vorlund. Habe ich es nicht bewiesen?«
    Nahm er vielleicht an, daß ich wirklich ein Thassa war? Glaubte er, daß ich ihnen all die Monate erfolgreich etwas vorgespielt hatte, das ich gar nicht war? Männern, die mich bestens kannten?
    »Sind Sie das wirklich? Der Krip Vorlund, Freier Handelsschiffer, den wir kannten, hätte nicht eine Fremde über sein Schiff, über seine Pflicht gestellt!«
    Ich war zutiefst erschüttert. Nicht nur, weil er so etwas von mir sagen und denken konnte, sondern weil es die Wahrheit war. Krip Vorlund hätte seine Kameraden oben auf dem Felskamm nicht verlassen – um Maelens Ruf zu folgen. Oder doch? Aber ich war Krip Vorlund! Oder war meine schattenhafte Furcht gerechtfertigt, daß ein Rest von Maquads Persönlichkeit mich beherrschte?
    »Sehen Sie, Sie fangen an, zu begreifen«, fuhr Foss fort. »Sie sind nicht mehr Krip Vorlund, wie Sie uns geschworen haben. Sie sind etwas anderes. Und da es so ist …«
    Ich wandte mich vom Spiegel ab und sah ihm gerade in die Augen. »Sie glauben, daß ich die anderen im Stich gelassen habe? Aber ich sage Ihnen, daß ich es nicht gewagt hätte, Esper-Kraft zu benutzen – nicht in der Nähe dessen, was jetzt Griss beherrscht. Nur jemand wie Maelen kann das wagen. Und das, was mit Griss Sharvan geschehen ist, ist ganz gewiß nicht meine Schuld. Hätte ich mich nicht verhalten, wie ich es tat, wer würde Sie jetzt warnen können?«
    »Aber Sie sind nicht allein fortgegangen, um das für uns auszukundschaften!«
    Ich schwieg, denn was er sagte, war die Wahrheit.
    Foss fuhr fort: »Wenn genug von Krip in Ihnen übrig ist, um sich an unsere Regeln zu erinnern, dann wissen Sie, daß es nicht Handelsschiffer-Brauch war, was Sie getan haben. Was Sie jetzt sind, ist nur noch ein Teil Ihres alten Selbst.«
    Bei diesem Gedanken wurde mir ganz kalt. Wenn Foss mich als Fremden betrachtete – was blieb mir dann noch? Aber ich durfte mich von solchen Gedanken nicht beeinflussen lassen. Ich verteidigte mich mit dem besten Argument, das mir einfiel.
    »Maelen gehört zu unserer Schutztruppe. Solche Esper-Rräfte wie die ihren stehen einem Schiff selten zur Verfügung. Denken Sie daran, sie war es, die jenen Verstärker auf dem Berg zertrümmerte, der uns alle gefangenhielt, während Sie fort waren. Sie haben die Berichte vorgefunden! Wenn wir jenen Fremden gegenübertreten müssen, hängt der Ausgang dieser Begegnung vielleicht allein von Maelen ab. Sie ist ein Besatzungsmitglied! Und sie war in Gefahr und rief um Hilfe. Da ich mich am besten mit ihr verständigen kann, hörte ich sie und ging auf die Suche nach ihr.«
    »Ein logisches Argument.« Foss nickte. »Ich habe es nicht anders erwartet, Vorlund. Aber Sie und ich, wir wissen, daß hinter Ihren Worten noch etwas anderes steckt.«
    »Wir können später darüber diskutieren – wenn wir von Sekhmet befreit sind.« Handelsschiffer-Kodex oder nicht, ich war ungeduldig, Maelen in die relative Sicherheit der LYDIS zu bringen. »Jetzt muß

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