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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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hielten sich ein Taschentuch vor den Mund, um ihre Bestürzung zu verbergen.
    » Gauguin«, sagte Henri. » Pass auf, dass er uns nicht sieht. Er wird uns überreden wollen, an einer seiner Bewegungen teilzunehmen.«
    » Aber jetzt wäre der perfekte Moment, ihn zu fragen, ob Vincent in Arles Kontakt zu einer Frau hatte.«
    Und als hätte er das gehört, blickte Gauguin auf, entdeckte sie und schob sich zwischen den Tischen hindurch zu ihnen herüber.
    » Da kommt er«, sagte Henri. » Sag ihm, wir haben uns auf ewig der Bewegung der Incohérents verschrieben und sind nicht umzustimmen.«
    » Du und Willette, ihr habt euch diese Bewegung doch nur ausgedacht, um ihn zu ärgern.« Henri und andere Künstler, die das Le Chat Noir besuchten, hatten die Incohérents als Reaktion auf den Salon des Artistes Français und all die trockenen, humorlosen Kunstbewegungen gegründet, die seit den Impressionisten aus dem Boden geschossen waren.
    » Das stimmt nicht«, sagte Henri. » Wir haben sie gegründet, um alle zu ärgern, aber– ja– besonders Gauguin.«
    Gauguin erreichte ihren Tisch und zwängte sich ungebeten auf die Bank neben Lucien.
    » Lautrec, Lessard, haben Sie es schon gehört? Theo van Gogh ist tot.«
    » Ermordet?«, fragte Lucien.
    » Eine plötzliche Erkrankung«, sagte Gauguin.

22
    Das Ende des Meisters
    I ch hab Juliette nicht gepoppt«, sagte der Farbenmann. » Bestimmt nicht.«
    » Wieso beugt sie sich nackt über die Sofalehne? Was macht sie da?«
    » Staub wischen?« Er zuckte mit den Schultern.
    » Zum Staubwischen muss sie nicht nackt sein.«
    Das Inselmädchen– Bleu– fing an, Juliettes Kleider vom Boden aufzuheben und sie dem Farbenmann zuzuwerfen. » Hilf mir, sie anzuziehen.« Zu Juliette sagte sie: » Zieh dir was über.« Die lebende Puppe richtete sich auf und begann mit mechanischer Unbeholfenheit, ebenfalls ihre Kleider einzusammeln.
    » Aber ich wollte doch gerade die Farbe machen.«
    » Du kannst die Farbe auch mit diesem Körper machen«, sagte Bleu. Es war ihr egal, welchen Körper er dafür benutzte. Sie wäre bei dem Vorgang ohnehin in Trance, nicht ohne Bewusstsein, aber auch nicht voll da. Es war ein Zustand traumähnlicher Losgelöstheit, ekstatisch, selig, entrückt und ganz und gar wehrlos. Doch im Gegensatz zu Juliettes Körper, der nur so etwas wie eine Marionette war, würde sich das Inselmädchen, wenn Bleu dessen Körper jetzt verließ, inmitten dieser sonderbaren Szenerie wiederfinden, ohne die geringste Erinnerung daran, wie sie hierhergekommen war. Günstigstenfalls verwandelte sie sich in eine sabbernde Irre, schlimmstenfalls sprang sie vor Entsetzen aus dem Fenster. Sacré Bleu mochte die Essenz der Schönheit sein, doch die Farbe herzustellen war kein schöner Vorgang.
    » Warte«, sagte Bleu. Juliette richtete sich auf und hielt ihr Seidenhemdchen zwischen den Brüsten fest, stand da wie die Statue einer schüchternen Venus, als wartete sie liebend gern tausend Jahre auf die nächste Anweisung.
    Zum Farbenmann sagte Bleu: » Wie willst du die Farbe machen? Wir haben kein Gemälde.«
    Bleu hatte nicht die Absicht, den Farbenmann über den derzeitigen Stand von Luciens Blauer Akt zu informieren.
    » Kennst du das hier noch?« Der Farbenmann zerrte eine große Leinwand hinter dem Diwan hervor, über den Juliette sich gebeugt hatte. Sie hatte tatsächlich Staub gewischt– nämlich auf einem Ölgemälde, mit ihrem Hemdchen.
    » Berthe?«, sagte Bleu ein wenig verdutzt. Sie trat von dem Bild zurück und setzte sich vorsichtig auf einen der Lou is- XIV . -Stühle. » Ich dachte, du hättest dieses Bild schon vor fünfundzwanzig Jahren benutzt. Woher…?«
    Um Sacré Bleu herzustellen, brauchte man ein Gemälde, ein Buntglasfenster, eine Ikone, ein Fresko– irgendein Kunstwerk, das mit dem Blau erschaffen worden war, doch in Trance wusste sie nicht immer, welches Kunstwerk der Farbenmann verwendete. Aber die Farbe musste hergestellt werden. Ohne die konnten weder sie noch der Farbenmann weitermachen. Alles hatte seinen Preis, und die Bilder waren ein Teil davon. Nie hätte sie gedacht, dass sie dieses Bild jemals wiedersehen würde.
    » Ich hatte es noch herumliegen«, sagte der Farbenmann. » Sie ist hübsch, nicht?«
    » Versuch nicht abzulenken, Stinkfurz. Wenn du es noch herumliegen hattest, wieso musstest du dann Vincent erschießen? Wozu die Panik wegen Luciens Bild? Wozu das ganze Theater?«
    » Ich glaube, sie ist vielleicht sogar noch besser als deine

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