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Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)

Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)

Titel: Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
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sprinte ich zu der Menschentraube. Kar’jira und Jo versuchen gerade, eine umgefallene Bluteiche ans Ufer zu schleppen, sind damit aber hoffnungslos überfordert. Alin’jiana steht mit den Füßen im Wasser, wo die Strömung noch nicht so stark ist, während Jen ihre Tochter Hani zurückhält, damit sie nicht ebenfalls hineinwatet. Benar hockt auf einem Felsen im Wasser, hält einen langen Ast in der Hand und fuchtelt mit dem Ende im Wasser herum. Feling’sis steht daneben und hält sich krampfhaft an ihm fest oder versucht, ihm Halt zu geben, vielleicht auch beides. Was hat das zu bedeuten?
    Immer öfter höre ich den Namen „Mari“ und als ich heran bin, sehe ich ihr Kleid und einen Arm in den Wellen des Wasserfalls herumwirbeln. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich wie gelähmt.
    Noch ist sie zwar nicht so weit hineingeraten, dass sie die Hauptströmung erreicht hat, aber von meinen Kanufahrten auf einigen wilden Flüssen in Frankreich weiß ich, dass sie in Lebensgefahr schwebt!
    Benar versucht verzweifelt, den Ast so weit zu ihr hinab zu halten, dass Mari ihn erreichen kann, aber selbst wenn sie es schafft, hat sie niemals genug Kraft, sich daran festzuhalten.
    Mein Entschluss steht daher augenblicklich fest: Wenn es eine Möglichkeit gibt, ihr zu helfen, dann ist es die, tief unter der Strömung und den Wellen hinwegzutauchen. Das und nichts anderes kann ihr im Moment das Leben retten!
    Ich stoße mich ab und stürze in den Wasserfall. Die Schreie der am Ufer Stehenden vermischen sich mit dem Tosen der Wassermassen, die plötzlich über mich hereinbrechen. Angst steigt in mir auf. Das ist eindeutig eine Nummer zu groß für mich!
    Das hättest du dir vorher überlegen sollen , bohrt eine Stimme in mir. Aber eine andere kontert gleich: Du hast es zu den Schlangenmenschen geschafft, du hast dir sogar einen Platz in ihren Reihen erkämpft – und jetzt wirst du ebenfalls kämpfen! Oder du gehst drauf, jämmerlich und feige. Also, was willst du?
    Aber es ist unmöglich! Ich habe keine Luft mehr, der Schaum sprudelt so stark und ich sehe Mari noch nicht einmal.
    Tja, kennst du das auch, wenn zwei sich streiten? Dann freut sich der Dritte, heißt es. Aber da ist kein Dritter und die Stimmen wollen nicht aufhören. Es ärgert mich sogar, dass sie da sind, anstatt mich den Auftrag ausführen zu lassen. Ich beiße die Zähne aufeinander, reiße die Augen auf und suche in den Wassermassen nach irgendeiner Orientierungshilfe. Ich werde jedoch so stark umhergeschleudert, dass ich das Gefühl bekomme, auseinandergerissen zu werden.
    Da! Ist das da vorne nicht Maris Kleid?
    Ich schlage mit meinen Füßen, atme für eine viel zu kurze Zeit etwas Luft ein und werde gleich wieder in die furchtbare Stille gezerrt. Wie Watte legt sich das Wasser auf meine Ohren, meine Kraft schwindet dahin, platzt wie Luftblasen. Wieder verliere ich Mari aus den Augen, alles wirbelt um mich herum, reißt an Armen und Beinen, spielt verrückt.
    Ihr Arm taucht auf, ich greife danach, erwische ihr Kleid, lasse nicht los – ich muss sie festhalten! Alles hängt von mir ab, hängt an einem dünnen Faden!
    Ich greife mit der anderen Hand nach, packe ihren Arm und umklammere sie, so, wie Tako einst mein Handgelenk gepackt hat, eisern und entschlossen. Ich darf sie nicht verlieren!
    Schreie – und wieder Stille. Mari hat entdeckt, dass ich sie festhalte, sie klammert sich an mich, strampelt, schlägt um sich. Ich bekomme keine Luft mehr, alles ist vorbei, ich muss hinabtauchen, aber ohne Luft schaffe ich das nicht! Die wirbelnden Wellen werden schwarz, tanzen wild umher, sehen aus wie der Tod persönlich, der mich in seine Fänge nehmen will. Ich sträube mich, mein Leben zerreißt in unendlich viele Stücke, Bilder tauchen auf: mein erster Schultag, an dem ich mir die Knie aufgeschrammt hatte, sodass sie bluteten, mein erster Kuss mit einem Jungen – Lennon Dulack. Meine Gedanken verlieren sich in der Sehnsucht, leben zu wollen, aber ich sehe mich in meiner eigenen Ohnmacht gefangen.
    Da, Mari wehrt sich nicht mehr, es ist vorbei, wie ein schlaffes Bündel hängt sie in meinen Armen …
    Für einen Augenblick bekomme ich Luft, er ist sehr kurz, aber jetzt muss es sein! Ich strample wild, habe das Gefühl, als zerre etwas von allen Seiten – ich muss hinab, tief ins Wasser hinein, ganz tief, wo es keine Hoffnung mehr gibt. Es wird mein Ende sein, Maris Ende ist es schon, sie ist sicher tot. Was hat das alles noch für einen Sinn?
    Du gibst

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