Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
ist, wenn ich bei dir bin? Ist da ein Fenster, wo wir durchsteigen können?“
„Ja“, meint er nur.
„Okay, ich komme.“
Mir ist natürlich klar, dass ich es irgendwann tun muss, schließlich kann ich hier oben keine Tage verbringen. Und Rido zu vertrauen, ist immer noch besser, als an diesem Ort zu versauern. Ich weiß zwar, dass er manche Dinge als zu selbstverständlich nimmt, bei denen wir armen Menschen manchmal eine Erklärung brauchen.
Wenn du das jetzt nicht verstehst, musst du nur weiterlesen …
Hätte ich vorher gewusst, was auf mich zukommt, wäre ich in 2283 Meter und 24 Zentimeter Höhe in einem Sitzstreik gegangen. Zumindest hätte ich nicht wie eine Verrückte geschrien. Denn Rido fängt mich nicht auf. Er packt zwar mein rechtes Fußgelenk, doch ich rutsche an ihm vorbei. Der Abgrund taucht in seiner grenzenlosen Tiefe auf und du kannst mir glauben, dass mein Herz stehen bleibt, denn ich hänge plötzlich kopfüber nach unten.
Himmel noch mal, der Kerl macht mich verrückt! Er hat mich in allerletzter Sekunde festgehalten! Ein Gefühl zum In-die-Hose-Machen, sag ich dir, aber dazu habe ich gar keine Zeit.(3)
„Du hast fünf Sekunden, um in das Loch zu kriechen!“, ruft Rido mir zu.
Fünf Sekunden? Was für ein Loch?
Ich spüre, wie mein Puls von Ach-wie-war-das-doch-lustig zu Ich-könnte-dich-in-Stücke-reißen wechselt. Mein Herz hüpft mir in den Hals, ich bekomme keine Luft. Was wird in fünf Sekunden passieren? Ähem – inzwischen sind es nur noch vier, drei …
Das Loch in der Wand, so groß wie ein Abflussrohr, ich sehe es, kralle meine Hände am Rand fest und versuche, mich hineinzuziehen.
Die fünf Sekunden sind um. Meine Füße fliegen hinab und ich rutsche wieder ein Stück heraus. Ich beiße mir meine Lippen blutig, die sich dummerweise zwischen meine Zähne verirrt haben. Dann kann ich den Rand des kleinen Tunnels fassen und mich hindurchziehen.
Ich falle direkt in die Arme eines Mannes, der sein Gebiss in voller Breite entblößt. Drei weitere stehen neben ihm, nicht minder über mein Erscheinen erfreut. Rido kann ich leider nicht mehr warnen, er rutscht mit den Füßen voran durch die Öffnung der Druckluftkanonenhalterung – wie auch immer er das schafft, er presst seinen riesigen Körper mit Mühe hindurch.
„Herzlich willkommen!“ Der grinsende Mann hält Rido einen Stab entgegen. Es zischt fürchterlich, als er seine Haut berührt, und zu meinem Entsetzen sackt Rido in sich zusammen. So unvorstellbar das jetzt klingen mag: Der Roboter-Wolfs-Junge ist mit einer winzigen Waffe gezähmt und zu Boden gezwungen worden.
Einen Moment später spüre ich eine elektrische Ladung auf der Haut. Ein fürchterliches Kribbeln durchzieht meinen Körper, es ist so schlimm, dass ich nur noch an Feuerameisen denke, die durch meine Adern krabbeln, bevor mir schwarz vor Augen wird und ich zu Boden falle.
Kapitel 15
oder
Wieso ich Hundehaufen, Bonbonpapier und zertretene Kaugummis vermisse
Die Luft ist schlecht und die Liege hart.
Ich stelle keine hohen Ansprüche, doch im Hause meines Vaters dachte ich eigentlich, anders willkommen geheißen zu werden. Vermutlich besteht das Problem darin, dass niemand weiß, wer ich bin.
Rido ist nicht bei mir, das macht mich plötzlich traurig.
So ein Quatsch, sage ich mir, wenn sich alles aufklärt, kann ich diesen groben Kerl bestimmt wiedersehen. Und ich werde ihm einiges erzählen, zum Beispiel, dass man jemanden vorwarnt, wenn dieser mit dem Kopf 2283 Meter und 24 Zentimeter vom Boden entfernt hängt und nur fünf Sekunden Zeit hat, in ein Loch zu steigen, das er noch nicht einmal gesehen hat.
Ich knirsche mit den Zähnen, aber das tut weh. Auch meine Lippe ist angeschwollen, die blauen Flecken und Schürfwunden auf meiner Haut brauche ich erst gar nicht zu zählen. Mir geht es miserabel und endlich will ich meinen Vater sprechen.
„Aufmachen!“, schreie ich und donnere gegen die Tür.
Verflixtes Wolfsgeheul, auch das tut weh! Ich ziehe meinen Schuh aus und klopfe dagegen. Nichts geschieht. Man lässt mich in dieser armseligen Zelle einfach schmoren.
Stunden vergehen, ehe die Tür geöffnet wird und zwei Männer hereintreten. Sie haben wieder diesen Elektroschocker bei sich und vorsichtshalber gehe ich schon mal zwei Schritte zurück. Ich knalle gegen die Wand, denn da ist die Zelle schon zu Ende.
„Folge mir!“, sagt der Mann in der Uniform eines ZEWAs(1). „Dein Vater will dich sprechen.“
Endlich!
So lange habe
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