Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
die zwar furchtbar anstrengend, aber trotzdem voller Erfahrungen und Freundschaften war. Was ist mir davon geblieben?
Irgendwann sinke ich auf den Boden. Ich bin so erschöpft, dass ich nicht mal mehr meine Beine spüre. Der Wind pfeift mir um die Ohren und erst jetzt merke ich, dass ich einen der Berge hinaufgelaufen bin. Ich suche Schutz in einer Nische, rolle mich zusammen und versuche, mich selbst zu wärmen. Die Tränen sind längst versiegt, nur die Haut unter den Augen brennt wie Feuer.
Inzwischen weiß ich, warum ich hier in oben herumkraxle. Das Einzige, was ich noch tun kann, ist, mein Versprechen einzuhalten: Ich will Mari und die anderen aus der Hand der Schlangenmenschen befreien!
In der Ferne höre ich einsam einen Wolf heulen.
Stunden muss ich so zusammengerollt in der Ecke gesessen haben, endlos in meine Gedanken verstrickt und unfähig, mich zu rühren. Dem tiefen Schmerz in meinem Herzen folgt eine Leere, die noch viel schlimmer ist als alles zusammen. Irgendetwas in mir ist erloschen, ganz einfach ausgeknipst. Und so schaue ich nicht einmal auf, als jemand zu mir hinaufsteigt und sich wortlos neben mich setzt.
Es ist Rido.
Tief im Inneren habe ich gewusst, dass er kommt, vielleicht habe ich es auch gehofft. Er kann ausgezeichnet Spuren lesen und vermutlich habe ich deutliche Zeichen hinterlassen, auch wenn die Nacht schon hereingebrochen und kaum etwas zu erkennen ist.
Rido legt mir seine Jacke um. Ich bin ihm dankbar, das schwere Leder hält die Kälte und den Wind ab. Sterne funkeln am Horizont, die Stadt lebt in einem Lichtermeer auf, Fackelzüge gehen durch die Straßen. Höchstwahrscheinlich feiern die Rebellen das Ende der Regierung und die Wiederauferstehung einer neuen Demokratie. Und die Rückkehr des Lebens.
„Warum hast du ihm deine Gründe nicht mitgeteilt?“, fragt Rido in die Stille hinein.
Seine Stimme ist leise, fast so sanft wie der Wind, der durch mein Haar streift.
Hat er über meine Reaktion nachgedacht? Bin ich ihm doch nicht so gleichgültig, wie es manchmal den Anschein hat?
„Ich verpfeife meine Freunde nicht.“
Ich fühle, wie sich meine Augen wieder mit Tränen füllen. Meine Hoffnung ist vom finsteren Gesicht der Nacht schon längst verschluckt worden; ich habe versucht, zu vergessen, doch da ist dieses gefräßige Monster, das sich in mein Herzen schleicht und auch meine Seele verschlingen will. Die Lichter der Stadt verschwimmen zu tanzendem Feuer, sie lodern empor und suchen neue Nahrung.
„Ich bin dein Freund?“, fragt Rido. „Ich habe dich an Hatar’ali verraten. Dich und den Kristall.“
„Das habe ich dir längst verziehen. Du hattest deinen Auftrag und du hast mir mehrmals das Leben gerettet.“
„Und du meines.“
Ich drehe meinen Kopf und sehe ihn an. „Aber jetzt bist du frei. Du hast mich zurückgebracht und damit ist deine Aufgabe erfüllt.“
Rido nickt. Er sieht mich nicht an, sondern schaut ebenfalls in die Nacht hinein. Sein junges Gesicht ist ernst, er hat die Stirn in Falten gelegt und in seinen Augen spiegeln sich die tanzenden Lichter der Stadt, winzig klein wie fast unsichtbare Staubkörnchen.
Ich lege die Jacke über seinen Arm. „Danke, Rido, für alles, was du für mich getan hast.“
Er antwortet nicht. Nicht einen Millimeter rührt er sich von der Stelle, zieht nicht einmal die Jacke an. Ich bibbere vor Kälte, doch ich versuche, es mir nicht anmerken zu lassen. Ich muss durchhalten, denn dort, wo ich hinwill, ist alles noch viel schlimmer.
Kapitel 18
oder
Vom Schafe Züchten – und was ein Roboter dazu sagt
Als der Morgen anbricht, habe ich nicht eine Sekunde geschlafen.
Da der Kristall jetzt wieder bei mir ist, bleibt für mich die Zeit stehen, ich werde keinen Moment älter. Allerdings verhindert er nicht, dass mir alle meine Glieder schmerzen. Aber ich habe es warm – und das verdanke ich der Jacke, die wieder über mir liegt. Rido sitzt noch immer neben mir, genau wie am Abend. Seine Augen sind geschlossen.
Ob er schläft? Leise stehe ich auf und versuche, weiterzuklettern.
„Ich werde dich begleiten!“ Rido erhebt sich langsam, nimmt seine Jacke und zieht sie sich über.
„Du weißt nicht, wohin ich will“, entgegne ich ernst.
„Doch“, sagt er nur und geht an mir vorbei.
Ich versuche ihn einzuholen. „Und? Willst du es mir nicht ausreden?“
„Das hat keinen Zweck. Wenn erst einmal etwas in deinem Kopf festsitzt, dann führst du es aus. Manchmal zwar auf Umwegen …“
Ich
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