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Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)

Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)

Titel: Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Aretz
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herumhocken. Rido scheint alle Geduld der Sieben-Welten zu haben, er lässt sich nicht von meinen Schimpfattacken provozieren. Und auch, als ich jämmerlich heule, vergrault es ihn nicht. Sanft streicht er mir durchs Haar und wischt die vielen Tränen weg, die über meine Wangen kullern. Aber endlich scheint mein Kreislauf wieder Herr über Arme und Beine zu sein, ich kann sie ein wenig bewegen. Rido löst sich von mir und stellt sich vor mich hin. Wie eine Puppe richtet er mich auf – und genau wie eine Puppe falle ich wieder um.
    „Du musst jetzt auch was tun!“, schimpft er.
    „Meinst du, ich lese hier Zeitung?“, fluche ich. Aber immerhin, etwas habe ich gespürt, ich kann sogar schon auftreten!
    „Also, noch mal!“, kommandiert er. „Jetzt fang ich dich nicht mehr auf. Wenn du es nicht selbst schaffst, landest du eben im Gras!“
    „Das kannst du nicht machen!“, schreie ich verzweifelt. „Du lässt mich einfach im Stich? Du herzloses Wesen!“
    Er stellt mich wieder hin und lässt tatsächlich los. Diesmal bleibe ich stehen.
    Langsam blase ich die Luft aus.
    „So – und jetzt lauf ein paar Schritte!“
    Rido hält mir beide Hände hin. Mir bleibt nichts anderes übrig, als sie zu ergreifen, denn alleine schaffe ich es nicht.
    „Ich komm mir wie ein Baby vor, das laufen lernt“, schluchze ich. „Das ist peinlich!“
    „Es sieht doch keiner.“
    „Aber du speicherst das in deinem Gedächtnis. Und wer weiß, irgendwer wird das sicher einmal abrufen!“
    Rido schüttelt den Kopf. „Ich speichere es in meinem Herzen, sonst nirgendwo.“
    „Das ist ja noch schlimmer!“, schreie ich und du glaubst es nicht, es ist ein Befreiungsschrei. Endlich kann ich wieder laufen, endlich geht es vorwärts! Rido braucht mich nicht mehr zu tragen, ich bin wieder ich selbst!
    Trotzdem verschränke ich die Arme vor der Brust. „Mich so leiden zu sehen, hat dir doch Spaß gemacht. Das hab ich genau gespürt!“
    Rido lacht nur, dann dreht er sich um und stapft den Berg hinunter. Ich will ihm zuerst nachrufen, dass er auf mich warten soll, aber dann besinne ich mich. Er hat ein eigenes Ziel vor Augen, ich weiß zwar nicht, welches, aber ich kann ihn nicht daran hindern, seinen Weg alleine fortzusetzen.
    Mühsam stapfe ich ihm nach. Meine Füße sind noch geschwollen, aber endlich hat der Schmerz nachgelassen, er ist jetzt immerhin erträglich.
    Da taucht Rido wieder auf. In der einen Hand hält er einen Stock, auf den ich mich stützen kann, in der anderen liegen wilde Brombeeren.
    „Du hast was zu essen gefunden!“ Meine Augen leuchten vor Glück auf. Ich stecke mir gleich fünf Beeren auf einmal in den Mund. „Also bist du doch nicht so ein unbarmherziger Kerl!“
    Rido zieht seine Hand zurück. „Nicht alle auf einmal!“
    „Ich hab aber Hunger! Du hast ja gar keine Ahnung, wie schlimm das ist, wenn dir die Hände vor Hunger schon zittern!“
    „Du darfst nicht so hastig essen!“ Rido geht ein paar Meter. „Du bekommst immer zwei Stück, wenn du bei mir angekommen bist.“
    Ich knurre ein richtig gutes Wolfsknurren. „He! Hab ich dir vielleicht ’ne Erdnuss ins Auge gedrückt? Nein? Dann pass bloß auf!“, erwidert die böse Macht, die Besitz von meinem Mundwerk ergriffen hat.(1)

    Ich weiß, dass Rido Recht hat, mir nicht alles auf einmal zu geben, mein Magen hat zu lange gefastet, da muss man vorsichtig sein. Aber ich habe überhaupt keine Lust, mich weiter wie ein kleines Kind behandeln zu lassen. Missmutig humpele ich an ihm vorbei, ohne seine dargebotene Hand zu beachten.
    Schließlich esse ich die Brombeeren doch noch alle. Irgendwie muss ich ja zu Kräften kommen. Und bald kann ich auch schon wieder richtig gehen und brauche den Stock nicht mehr.
    An einem Bach stoppen wir. Während ich mich im herrlichen Wasser erfrische und meinen Durst lösche, fängt mir Rido einen Fisch. Er hält mir das lebendige Tier allen Ernstes unter die Nase.
    „Iss! Das gibt dir Kraft!“
    Ich runzle die Stirn. „Aber der zappelt noch!“
    „Nicht mehr lange. Ihr Menschen braucht Eiweiß – und da ist genug drin.“
    „Das kann ich nicht! Der hat noch sein Gesicht, da guckt der mir beim Essen zu!“
    Rido zieht ein Messer hervor und schneidet den Kopf einfach ab. Er halbiert den Fisch und holt sogar die Gräten heraus. Widerwillig nehme ich ihn entgegen. Ich muss mich wirklich überwinden, in das helle Fleisch zu beißen, aber nachdem ich es hinuntergeschluckt habe, geht es mir gleich viel besser.
     
     
    Wir

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