Verfluchter Bastard!
einen feinen schottischen Single Malt Whisky.
„ Danke, William. Es ist bereits spät. Geh schlafen! Aber morgen, in aller Frühe, möchte ich, dass du meine Sachen packst.“
„ Ihr reist wieder ab, Mylord?“, war das Einzige was William zu fragen wagte. Doch in seiner Stimme schwang gleichermaßen Entsetzen und Bedauern mit. Das Gesicht des Kammerdieners wirkte wie versteinert, als er das Whisky-Gedeck auf dem kleinen Kamintisch neben Lorn abstellte.
„ Ja, morgen im Laufe des Tages. Danke, William. Nun geh.“
„ Sehr wohl, Mylord. Ich wünsche Euch einen guten und … tiefen Schlaf.“ Mit einer kurzen Verbeugung zog sich der Kammerdiener zurück und schloß leise die Türen hinter sich.
Lorn griff zu der Whisky-Karaffe und musterte anerkennend die honiggelb schimmernde Flüssigkeit darin. Er goß sich das Glas halbvoll und ließ sich den edlen Brand langsam durch die Kehle rinnen. Er genoß das milde Brennen und die Wärme, die der Whisky in seinem Körper auslöste.
Er nahm das Glas, setzte sich in einen bequemeren Ohrenessel, lehnte sich zurück und schloß die Augen. Ohne es zu wollen tauchte plötzlich ein Name, wie mit Feuerschrift geschrieben, vor seinem inneren Auge auf und löste eine längst vergessene Erinnerung aus. Eine Erinnerung an die Zeit vor über achtzehn Jahren und an ein mageres, vorlautes Gör, das ihn mit seinem ungehörigen Verhalten wütend gemacht und in eine äußerst peinliche Situation gebracht hatte.
Lorn kniff die Augen zusammen und versuchte sich vorzustellen, wie aus einer mageren, vorlauten, völlig verwahrlosten und liebestollen Göre, ein derart geschäftstüchtiges und furchteinflössendes Mannweib hatte werden können. Wie sie heute wohl aussehen mochte? Die Leute beschrieben Cathy McKinley sehr unterschiedlich. Je nachdem, ob sie Freund oder Feind waren.
Lorn kramte in seiner Erinnerung, aber alles woran er sich erinnerte, war ein stinkendes Bündel roter Haare mit grünen Augen, das ihn in jenem Sommer wie ein Schatten auf Schritt und Tritt verfolgt hatte. Egal wo er seine Staffelei auch aufgestellt oder Holz für seine Skulpturen gesammelt hatte, dieses vorlaute Geschöpf war immer schon da und hatte ihn ungefragt begleitet.
Anfangs hatte er sie noch für einen Dorfjungen gehalten, schmutzig und zerlumpt wie sie war, und wie sie so völlig frei und ohne Aufsicht durch die Gegend streifte. Ihre dreisten Fragen und frechen Antworten hatten ihn anfangs amüsiert, bis sie ihn eines Tages, wie aus heiterem Himmel, mit ruhiger und ernster Stimme gefragt hatte, ob er sie heiraten würde, sobald sie alt genug dafür sei.
Lorn waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als er feststellen musste, dass ihm kein halbwüchsiger Junge namens „Cat“ gegenübersaß, sondern ein dreizehnjähriges Mädchen. Eigentlich hätte ihn ihr Name schon damals stutzig machen müssen. Aber ihr Aussehen, ihr ungehöriges Verhalten, das freie Umherstreunen – alles hatte auf einen halbwüchsigen Dorfjungen hingewiesen. Furchtlos und wie selbstverständlich hatte sie ihn in jenem Sommer auf all seinen Streifzügen begleitet. Sie war mit ihm auf seinem Pferd geritten und seelenruhig am Ufer sitzengeblieben, wenn er sich vor ihren Augen entblösste, um schwimmen zu gehen.
Nichts an ihrem Verhalten hatte jemals darauf hingedeutet, dass sie ein Mädchen war. Beim Anblick seiner nackten Männlichkeit hatte sie nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Da war kein heftiges Erschrecken gewesen, kein höfliches Wegsehen und auch kein Hauch von Schamesröte auf ihren vor Schmutz starrenden Wangen.
Das einzig Seltsame war gewesen, dass sie es immer eisern abgelehnt hatte, mit ihm baden zu gehen, obwohl sie es weiß Gott bitter nötig gehabt hätte. Sie hatte immer fürchterlich gestunken. Nach Schafen, nach Dung und sonstigen menschlichen Ausdünstungen.
Lorn hatte ihre hartnäckige Weigerung schließlich darauf zurückgeführt, dass sie, beziehungsweise der Junge, für den er sie hielt, nicht schwimmen konnte und obendrein auch noch wasserscheu war – ihre zerlumpte und stinkende Kleidung hatte keinen anderen Schluß zugelassen.
Nachdem Lorn erfahren hatte, dass sie kein Junge, sondern ein Mädchen war, hatte er ihr eine ordentliche Predigt gehalten und ihr jeden weiteren Umgang mit ihm verboten. Auch wenn sie ein armes und offensichtlich vernachlässigtes Mädchen war, galt es dennoch ihren Ruf zu schützen. Sie war schließlich erst dreizehn.
Wie naiv er damals gewesen war. Cathy McKinleys
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