Verfolgt im Mondlicht
»Aber …« Sie schüttelte den Kopf.
»Aber, was?« Kylie wollte jeden Gedanken wissen, den Holiday dazu hatte.
»Das kann doch irgendwie nicht sein. Wenn es diese Fähigkeit, sein Muster zu verändern, wirklich gibt, warum wissen denn die anderen Übernatürlichen nichts davon?«
»Vielleicht haben sie ja davon gehört«, wandte Kylie ein. »Vielleicht haben sie ja genau aus dem Grund Tests mit meiner Großmutter gemacht. Du hast doch auch mal gesagt, dass es da so Tests gegeben hat. Weißt du, warum sie gemacht wurden?«
»Nicht so genau. Nur dass es irgendwie darum ging, die Genetik bei Übernatürlichen besser zu verstehen. Aber irgendwas ist schiefgegangen.«
»Das kann man wohl sagen«, murmelte Kylie. »Sie haben Leute getötet.« Meine Großmutter getötet . Kylie konnte nicht verstehen, wie jemand so etwas tun konnte – einem anderen das Leben zu nehmen. Und sie konnte erst recht nicht verstehen, wie Mario seinen eigenen Enkelsohn hatte umbringen können. Oder Ellie, die ihm doch gar nichts getan hatte.
»Ich weiß.« Holiday seufzte, als spürte sie Kylies Schmerz. »Deshalb will ich ja auch nicht, dass sie Tests mit dir machen. Ich glaube nicht, dass die FRU böse ist, Kylie. Ich befürchte nur, dass sie zu viele Risiken eingehen könnten, um Antworten zu bekommen. Was auch immer es ist, wir werden es früher oder später herausfinden.«
Kylie hoffte es sehr. Denn im Moment ergab hier nichts mehr einen Sinn. Sie schaute Holiday an. »Kannst du deshalb Burnett nicht richtig vertrauen? Weil er auch zur FRU gehört?«
Holiday sah sie verblüfft an. »Ich vertraue ihm doch.«
Kylie hob zweifelnd eine Augenbraue.
»Okay, ich vertraue ihm, was Shadow Falls angeht«, relativierte Holiday.
Aber nicht, wenn es um dein Herz geht. Und das ist ganz schön traurig, dachte Kylie.
»Ich würde ihn nicht hier arbeiten lassen, wenn ich ihm zutrauen würde, dass er dich oder jemand anderen von hier verrät.«
»Ich weiß. Ich vertraue ihm auch. Ich meine, die Sache mit der FRU und meiner Großmutter macht mir schon Angst, aber das ändert nichts an meinem Vertrauen zu Burnett.«
Holiday sah Kylie in die Augen. »Ich weiß, dass es für dich schwer ist, auf Antworten warten zu müssen. Aber dir bleibt ja noch die Hoffnung, dass dich dein Großvater am Donnerstag besucht und …«
Kylie fuhr zusammen. »Was meinst du mit ›mir bleibt die Hoffnung‹? Er hat Burnett doch gesagt, dass er kommt, oder?« Was sie in Holidays Augen sah, gefiel Kylie gar nicht. »Was ist passiert?«
»Burnett hat versucht, ihn noch einmal anzurufen und … unter der Telefonnummer ist niemand zu erreichen. Aber das muss nichts zu bedeuten haben.«
»Oder es bedeutet, dass er beschlossen hat, nicht mit mir reden zu wollen.« Kylie spürte einen Kloß im Hals.
»Reg dich nicht auf, wir wissen ja noch gar nichts.«
Kylie zog die Knie an und legte den Kopf darauf ab. Sie bemühte sich, nicht loszuheulen. Ging ihre Hoffnung, endlich die Wahrheit zu erfahren, nun endgültig den Bach hinunter?
Holiday legte Kylie eine Hand auf die Schulter. Eine sanfte Welle der Beruhigung durchströmte Kylie. Doch auch wenn es Kylies Panik milderte, konnte es doch im Kern nichts ändern. Ein paar Minuten saßen sie so da, ohne zu reden. Kylie kämpfte mit den Tränen und Holiday tat, was sie am besten konnte – sie bot ihre emotionale Unterstützung an.
Ein lauer Wind wehte über die Veranda, und Kylies Gedanken drehten sich im Kreis. »Derek hat mir erzählt, dass er mit dir gesprochen hat – über … sein Problem.«
Holiday strich Kylie eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Tut mir leid. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht für dich war.«
Kylie nickte. »Was soll ich denn jetzt bitte mit dieser Information anfangen?«
»Ich denke, du solltest gar nichts tun.«
Kylie schnaufte. »Es macht mich verrückt. Und traurig. Und ich fange an, Dinge zu hinterfragen. Lucas ist total eifersüchtig, und ich kann es ihm nicht einmal verübeln, weil ich mich wegen Fredericka genauso fühle. Aber …«
»Aber Derek ist dir wichtig«, beendete Holiday den Satz für sie.
»Ja, das ist er. Ich weiß nur einfach nicht, ob ich für ihn dasselbe empfinde wie für Lucas. Weißt du, was ich meine?«
»Ja, das weiß ich. Und du wirst es schon noch rausfinden.«
»Glaubst du das wirklich?« Kylie spürte, wie ihre Panik zurückkehrte. »Alles in meinem Leben ist gerade ein verdammtes, riesiges Fragezeichen. Ich habe es so satt, mir mit nichts
Weitere Kostenlose Bücher