Verfolgt im Mondlicht
stellte sich eine Armee von Eidechsen vor, die sie aus dem Gebüsch anstarrten. »Ich hab da mal was im Fernsehen gesehen, wie eine Eidechse mit ihrer langen Zunge eine Spinne gegessen hat. In Zeitlupe. Das war super eklig!«
Derek schüttelte den Kopf, und jegliche Art von Belustigung war aus seinem Gesicht gewichen. »Ich hab noch nie etwas von übernatürlichen Eidechsen gehört. Bist du dir sicher?«
»Ich bin mir überhaupt nicht sicher. Das ist ja das Schlimme. Schließlich hat es mir ein Geist erzählt. Er ist zwar mein Vater, aber trotzdem.« Sie schauderte. »Jetzt mal ernsthaft. Es ist doch wohl noch besser, Blut zu trinken, als eine lange Zunge zu haben und Insekten zu essen.«
»Vielleicht hat er sich geirrt. Du hast doch gesagt, Geister haben ein Kommunikationsproblem.«
»Ja, am Anfang schon. Aber bei meinem Vater ist das nicht mehr so, glaube ich jedenfalls.«
Derek sah nicht sehr überzeugt aus. »Aber was meinst du denn, was so ein übernatürliches Chamäleon machen könnte? Mir fällt dazu gerade nur das Farbenwechseln ein.«
Kylie dachte einen Moment über seine Worte nach. »Vielleicht ist es das ja.«
»Du kannst deine Farbe wechseln?« Er sah sie zweifelnd an.
»Nein. Aber vielleicht kann ich mein Gehirnmuster ändern. So wie mein Großvater und meine Tante, als sie das Muster von Menschen hatten. Und so wie ich ein menschliches Muster hatte.«
»Oder … vielleicht ist dein Vater einfach verwirrt. Ich hab noch nie von einem Übernatürlichen gehört, der sein Muster verändern kann.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Kylie aufgeregt. »Und mit meinem Großvater und meiner Tante?«
Er zuckte mit den Schultern. »Holiday meinte, wahrscheinlich hat ein Zauberer deinen Großvater und deine Tante verhext.«
»Und mich auch, oder wie?«
»Nein, aber … Okay, ich hab keine Ahnung.« Er runzelte die Stirn. »Und ich weiß, dass dich das frustriert. Aber hast du nicht gesagt, dass dich dein echter Großvater besuchen kommt? Ich bin mir sicher, er kann es dir erklären.«
»Ja.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe.
Derek musterte sie. »Da ist noch etwas, oder?«
Sie seufzte. »Als ich meinen Dad gefragt habe, was es bedeutet, ein Chamäleon zu sein, meinte er, dass wir das zusammen rausfinden werden.«
»Und wieso ist das schlimm?«
Kylie verstand seine Frage nicht. »Na, weil er tot ist und mich nur noch ganz selten besuchen kann. Heißt das also, dass ich bald sterben werde?«
»Nein, das hat er bestimmt nicht gemeint«, entgegnete Derek entschieden.
Sie wollte ihm schon widersprechen, aber weil sie ihm gern glauben wollte, verkniff sie sich die Widerworte. Stattdessen seufzte sie schwer und starrte aufs Gras. Sie versuchte sich damit zu beruhigen, dass ihr Großvater bestimmt in ein paar Tagen zu ihr kommen würde. Sie fühlte sich auch schon etwas besser, weil sie ihre Sorgen mit Derek teilen konnte.
»Hast du schon mit Holiday geredet?« Er lehnte sich etwas zu ihr, und seine Schulter berührte ihre. Schon die kurze Berührung schickte ihr eine warme Welle der Beruhigung durch den Körper.
Sie schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Sie ist noch immer mit Burnett im Büro.« Und Kylie hatte sich auch noch keine richtigen Gedanken zu der Geistersache gemacht. Wenn ihr der Geist von jemandem erschien, der noch nicht tot war, was hatte das zu bedeuten? Die mögliche Antwort ließ sie innerlich erzittern.
»Ich glaub, das ist echt wichtig«, meinte Derek.
»Ich weiß, aber …«
»Da ist immer noch etwas anderes, oder?«
Sie schielte zu ihm hoch. Konnte er ihre Gefühle oder ihre Gedanken lesen? »Geisterprobleme«, murmelte sie.
»Was denn für Probleme?«
Von allen Leuten im Camp war Derek der Einzige, der nicht bei der bloßen Erwähnung von Geistern das Weite suchte. »Na ja, die Person, die da war, ist nicht tot.«
»Dann ist es doch auch kein Geist, oder?«, fragte Derek verwirrt.
Kylie biss sich auf die Lippe. »Doch … Also, zuerst war der Geist so zombieartig – halb Skelett und mit Würmern und so. Aber dann hat er sich verändert. Und als er normal aussah, war es jemand, den ich kenne.«
»Wie kann das denn sein?«
Sie hielt inne. »Ich hab keine Ahnung. Vielleicht ist es ein Trick.«
»Oder auch nicht«, wandte Derek ein. »Meinst du nicht, dass es bedeutet, dass jemand sterben wird?«
Nicht noch jemand, hätte Kylie am liebsten geschrien. »Ich weiß es nicht.« Sie zupfte ein paar Grashalme ab.
»Wer ist es denn?«, wollte Derek wissen. »Doch nicht etwa
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