Verführer oder Gentleman? (German Edition)
in die Pflicht nehmen“, mahnte Cordelia.
„Da ich meine Tätigkeit liebe, muss Seine Lordschaft mich wohl kaum dazu zwingen, Lady Pemberton.“
„Natürlich wären Sie nicht hier, wenn diese Arbeit Ihnen kein Vergnügen bereiten würde. Aber Sie dürfen nicht völlig darin aufgehen und brauchen Erholungspausen, vor allem Bewegung an der frischen Luft. Reiten Sie, Miss Lockwood?“
„Nein, leider nicht.“
Cordelia winkte ab. „Nun, das können Sie jederzeit lernen.“
Lächelnd schüttelte Juliet den Kopf. „Das glaube ich nicht, Lady Pemberton. Diese großen Pferde überlasse ich lieber anderen Leuten.“
Als hätte Dominic ihre Gedanken gelesen, mischte er sich ein. „Ich muss Sie warnen, Miss Lockwood. Nach der Meinung meiner Schwester sind Aktivitäten an der frischen Luft lebensnotwendig. Cordelia wird Sie schon bald unter ihre Fittiche nehmen, wenn Sie nicht aufpassen. Und ehe Sie wissen, wie Ihnen geschieht, werden Sie frohen Mutes über meine Ländereien galoppieren.“
Mit dieser Prophezeiung amüsierte er Juliet, und sie lachte leise. Die offenherzige Freundlichkeit, die seine Schwester ausstrahlte, gefiel ihr. Auf Anhieb fand sie Ihre Ladyschaft sympathisch.
„So gebieterisch geht Cordelia mit allen Leuten um“, fuhr Dominic fort, „und einige ihrer Freunde nehmen ihr das übel.“
„Das begreife ich nicht“, erwiderte Juliet. „Ich würde mich freuen, wenn Lady Pemberton mich in der Bibliothek besucht.“
„Sehr gut, das werde ich tun“, versprach Cordelia. „Dann trinken wir zusammen Tee. Seit dem Tod meines lieben Ehemanns weiß ich kaum, was ich mit meiner Zeit anfangen soll. Deshalb werde ich sehr oft vorbeikommen und sehen, welche Fortschritte Ihre Katalogisierung macht. Aber Sie dürfen mich nicht in Diskussionen über die Literatur verwickeln, weil ich mich lieber über interessantere Dinge unterhalte.“
„Moment mal, Cordelia“, wandte Dominic ein, „Miss Lockwood ist hier, um zu arbeiten. Wie sie mir versichert hat, legt sie keinen Wert auf gesellschaftliche Kontakte. Und sie hält nichts von Frivolitäten.“
„Zweifellos werden wir Gesprächsthemen finden, die uns beiden zusagen.“
„Miss Lockwood hat sich verpflichtet, das Projekt ohne irgendwelche Verzögerungen zu vollenden.“
„Also wirklich, Dominic, du kannst das arme Mädchen nicht die ganze Zeit in der Bibliothek einsperren. Und falls ich dir etwas vorschlagen darf – du solltest lieber dafür sorgen, dass Miss Lockwood sich in deinem Haus willkommen fühlt, statt sie mit deiner herzoglichen Autorität einzuschüchtern. Gewiss wäre es besser, du würdest sie mit den charmanten Aspekten deines Charakters erfreuen. Überfordere sie nicht. Und vergiss nicht, sie ist eine Frau.“
Die Stirn gefurcht, umfasste er den Arm seiner Schwester und führte sie zur Tür. „Schon gut, daran werde ich denken, Cordelia. Und nun wollen wir Miss Lockwood nicht länger von der Tätigkeit abhalten, für die ich sie äußerst großzügig bezahle, und woanders erörtern, warum du hier bist.“
„Wie du meinst … Auf Wiedersehen, Miss Lockwood. Bald werde ich Sie besuchen. Übrigens, warum ich zu dir kam, weißt du sehr gut, Dominic! Spiel bloß nicht den Ahnungslosen.“
Während Cordelia ihrem Bruder durch die Halle zu seinem Arbeitszimmer folgte, merkte sie nicht, dass die Bibliothekstür halb offen stand und Juliet jedes Wort hörte, das in der Halle gesprochen wurde.
„Nichts würde mich so sehr beglücken wie deine Verlobung mit einer jungen Frau von guter Herkunft, die würdig wäre, in die Familie Lansdowne einzuheiraten und dir einen Erben zu schenken.“
„Das weiß ich, Cordelia, weil du nicht müde wirst, mich bei jeder Gelegenheit darüber zu informieren.“
„Du bist der Duke of Hawksfield und zu einer Eheschließung verpflichtet. Gewiss, du würdest es vorziehen, überhaupt nicht zu heiraten. Aber du wirst nicht jünger, und du musst für einen Erben sorgen. Noch länger darfst du das Unvermeidliche nicht hinauszögern. Außerdem solltest du mich endlich zur Tante machen.“
Vor acht Jahren hatte der damalige Duke Dominic ein Offizierspatent bei der Armee gekauft. Und das, obwohl Dominics einziger Sohn und der Fortbestand der Familie noch nicht gesichert waren.
Dominic kämpfte in Spanien auf vielen Schlachtfeldern gegen Napoleons Heer. Dank seines Wagemuts und seiner Tapferkeit vor dem Feind erwarb er den Ruhm eines unbesiegbaren Soldaten.
Zwei Jahre nach der Schlacht bei Waterloo starb
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