Verführer oder Gentleman? (German Edition)
sein Vater. Daraufhin hatte Dominic den Dienst quittiert und war nach Lansdowne House zurückgekehrt, um die Verantwortung für sein Herzogtum zu übernehmen. Und nun fand Cordelia, er hätte seine wichtigste Pflicht lange genug versäumt – er müsste möglichst bald heiraten und einen Erben zeugen.
Seufzend blieb er in der Halle stehen. Auch seine Schwester hielt inne. „Wie üblich bist du viel zu dramatisch, Cordelia. Dieses Thema hast du oft genug angeschnitten, und es langweilt mich. Da ich mit meinem derzeitigen Leben sehr zufrieden bin, möchte ich es fortsetzen. Dabei würde mich eine Ehefrau nur stören.“
„Du kannst deiner Verantwortung nicht ständig ausweichen. Wenn du heiratest, musst du deine gegenwärtige Geliebte natürlich aufgeben. Das weißt du doch, oder?“
Wenn seine Beziehung zu Frances auch kein Geheimnis war – als Gentleman pflegte er mit seiner Schwester nicht über Mätressen zu diskutieren. Aber diesmal wollte er ihr seinen Standpunkt klarmachen.
Und zwar unmissverständlich.
„Weder die Wahl meiner Braut noch die Existenz meiner Geliebten gehen dich auch nur das Geringste an, Cordelia. Und ich werde Frances nicht aufgeben.“
Entsetzt schnappte sie nach Luft. „Was? Du willst auch nach deiner Hochzeit nicht auf diese Affäre verzichten?“
Juliet stand neben der halb offenen Bibliothekstür und hörte Lord Lansdowne leise lachen.
„So verhalten sich in unseren Kreisen viele Ehemänner, Cordelia. Wie du sicher weißt, heiratet die englische Aristokratie aus finanziellen Gründen, oder weil es das Prestige verlangt. Ihr erotisches Vergnügen suchen die Gentlemen woanders. Wenn ich heirate, werde ich mich für eine gesunde Frau von vornehmer Herkunft entscheiden – aber nicht erwarten, dass sie mich beglückt. Für gewisse körperliche Freuden wird Frances auch weiterhin sorgen.“
„Vielleicht wird die Ehe dich überraschen, und sie macht dich sogar glücklich. So, wie ich es mit meinem lieben Edward war … Dann wirst du die Gesellschaft von Frauen wie Frances Parker nicht mehr brauchen. Ich flehe dich an – versuch doch wenigstens, eine Braut zu finden, die du lieben kannst!“
„Wie immer bist du viel zu romantisch, Cordelia“, hörte Juliet den Duke ironisch antworten. Sie näherten sich langsam dem Arbeitszimmer, und die Stimmen wurden leiser. „Dir und deinem Gemahl war das Schicksal ganz besonders gewogen, weil ihr einander so innig geliebt habt und …“
„Auch du hast die Liebe kennengelernt“, unterbrach ihn seine Schwester. „Amelia besaß alles, was du dir von einer Frau nur wünschen konntest – Schönheit, gute Herkunft und Stil. Und sie hat dich fasziniert, das weiß ich. Dann kam es zu dieser furchtbaren Tragödie, die vor allem dich so schmerzlich traf. Und Amelia starb plötzlich … Aber das ist acht Jahre her, das Leben geht weiter.“
„Was ich für Amelia empfand, geschieht nur einmal im Leben. Sogar du solltest das erkennen. Danach müsste man sich mit dem Zweitbesten begnügen.“
Keiner der beiden hörte das leise Klicken, als die Bibliothekstür geschlossen wurde.
„Darüber bist du nie hinweggekommen, nicht wahr, Dominic?“
„Doch, Cordelia, und ich habe meine Lektion gelernt. Einer Frau darf man niemals trauen.“
„Du verurteilst das weibliche Geschlecht viel zu hart. So sind nicht alle Frauen.“
„Natürlich bildest du eine erfreuliche Ausnahme.“
Viel zu spät hatte Juliet die Tür geschlossen, von ihrem Gewissen ermahnt. Normalerweise gehörte es nicht zu ihren Gewohnheiten, die Gespräche anderer Leute zu belauschen. Was die Geschwister sonst noch erörterten, wollte sie nicht wissen … Aber sie hatte genug gehört, um mehr über ihren Arbeitgeber zu erfahren, als es ihr gefiel.
Offenbar hatte Robby recht, und der Duke war tatsächlich ein Wüstling, wenn er die Affäre mit seiner Geliebten auch nach seiner Hochzeit fortsetzen würde. Juliet bemitleidete seine künftige Gemahlin. Gleichzeitig bedrückte sie der schwere Verlust, den er erlitten hatte, der seine Seele schmerzlich belastete und ihm ein neues Liebesglück verwehrte.
Im Lauf der nächsten Tage vertiefte Juliet sich mit all ihrer Entschlossenheit und Intelligenz in die neue Aufgabe, die sie bewältigen musste. Ihr anspruchsvoller Arbeitgeber erleichterte ihr die schwierige Tätigkeit nicht. Aber sein Sekretär James Lewis, ein sanftmütiger Mann, gab ihr tatsächlich wertvolle Hinweise.
Der Duke kam sehr oft in die Bibliothek. Manchmal übte
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