Verführerische Julia
sie sogar ihr letztes bisschen Stolz heruntergeschluckt und ihn gefragt, ob seine Gefühle mit dieser Martina zusammenhingen, der sie auf der Party begegnet war.
Doch Cameron hatte nur gelacht und ihr versichert, dass sie völlig auf dem falschen Dampfer sei. Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen gewesen.
All das brach ihr das Herz. Nicht nur wegen der Konsequenzen, die das Ganze für sie selbst hatte, sondern auch wegen Cameron. Und wegen Jake.
Denn jetzt wusste sie eines mit Sicherheit: eine Familie, ein Ehemann, ein Baby waren nicht genug. Jedenfalls nicht für sie. Sie wollte mehr. Weil sie es wert war.
Am darauffolgenden Samstag schmissen Adam und Trish eine kleine Party, um Trishs Schwangerschaft zu feiern. Julia hatte sich um selbst gebackenes Brot und das Dessert gekümmert und Trish bei der Zubereitung des Abendessens geholfen.
Nun stand sie in der Küche und stapelte die leeren Dessertteller. „Soll ich die abwaschen?“, wollte sie von Trish wissen.
„Nein danke. Adam und ich räumen gerne zusammen auf, wenn die Gäste weg sind. Dann haben wir noch ein bisschen gemeinsame Zeit nur für uns.“
In diesem Moment betrat Adam die Küche und schlang seine Arme um Trishs Taille. „Ich hab dich schon vermisst. Seid ihr hier fertig?“
„Klar.“ Trish strahlte ihren Ehemann an und küsste ihn zärtlich.
Hastig wandte Julia sich ab, um das verräterische Glitzern in ihren Augen zu verbergen.
Auf der Heimfahrt sagte sie nach langem Schweigen zu Cameron: „Es muss toll für dich sein, dass Adam so glücklich ist.“
Cameron warf ihr einen kurzen Blick zu. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht, aber du hast recht. Es scheint ihm ganz gut zu gehen.“
„Ganz gut?“ Julia lachte auf. „Cameron, der Mann ist bis über beide Ohren in seine Frau verliebt!“
Abwiegelnd hob er die Hand, um sie zu unterbrechen. „Okay, ich verstehe, worauf du hinauswillst. An dem Punkt waren wie schon mal, und ich werde mich nicht wieder auf das Thema einlassen. Wir haben ein tolles Leben, du und ich. Warum kannst du es nicht einfach dabei belassen?“
Als wolle er seine Worte etwas abmildern, drückte er sanft ihre Hand. Eigentlich war die Geste voller Zuneigung, ein Zeichen, dass Julia ihm wichtig war. Doch ihr traten unvermittelt die Tränen in die Augen. Wütend blinzelte sie sie weg und sah aus dem Fenster, damit Cameron nicht bemerkte, wie aufgewühlt sie war. War es wirklich so dumm von ihr, dass sie seine Liebe wollte? Dass sie nicht nur seinen Nachnamen, sondern auch sein Herz besitzen wollte?
Am nächsten Tag erreichte sie den Punkt, an dem es unerträglich wurde. Sie stand in der Küche und räumte den Geschirrspüler ein, als sie plötzlich das Gefühl hatte, die Wände würden immer näher rücken. Schluchzend ließ sie sich auf einen Stuhl sinken und versuchte, sich wieder zu fangen.
„Meine Güte“, wies sie sich leise zurecht, als die Tränen versiegt waren. Entschlossen stand sie auf. „Seit wann bist du eigentlich so eine Heulsuse?“
Warum konnte sie nicht loslassen und sich mit den Tatsachen abfinden? Warum konnte sie all diese Gefühle, die sich in ihr Herz geschlichen hatten, nicht einfach abstellen?
Ihr fiel nur ein einziger Mensch ein, der womöglich eine Antwort auf ihre Fragen kannte. Kurz entschlossen packte sie Jake in den Wagen und fuhr mit ihm zu Sally.
„Das ist ja eine schöne Überraschung“, sagte Sally, während sie die Haustür öffnete.
„Hoffentlich macht es nichts, dass ich ohne Vorwarnung hier einfalle“, erwiderte Julia entschuldigend.
„Ach, sei doch nicht albern. Ich freue mich riesig! Komm rein.“
„Danke.“
Sally führte Julia durch ihr gemütliches, stilvoll eingerichtetes Wohnzimmer in die sonnendurchflutete Küche. „Du kannst jederzeit vorbeikommen.“
Aus dem Tragesitz war ein fröhliches Krähen von Jake zu hören.
„Na klar, mein kleiner Schatz“, sagte Sally und beugte sich zu ihm hinunter, um ihm den Bauch zu kitzeln. „Ich freue mich auch, dich zu sehen.“
Dann holte sie einen Krug Eistee aus dem Kühlschrank und schenkte zwei Gläser ein. „Na, dann setz dich mal und erzähl mir, was du auf dem Herzen hast. Ist alles in Ordnung? Du siehst etwas angeschlagen aus.“
Julia strich sich das Haar zurück und straffte ihre Schultern. „Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Um es kurz zu machen: Ich liebe deinen Sohn.“
„Womit du vermutlich Cameron meinst“, stellte Sally lächelnd fest.
Julia lachte auf.
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