Verführerische Julia
auf den Arm.
„Alles gut, Kumpel“, flüsterte er und wiegte seinen Sohn, während er auf das aufgeschrammte Knie pustete. „Schau, jetzt tut es gar nicht mehr weh. Wart nur ab, bis ich deiner Mom davon erzählte.“
Noch während er sprach, überwältigten ihn seine Gefühle mit einer solchen Wucht, dass er fast selbst in die Knie gegangen wäre. Julia musste erfahren, dass Jake seine ersten Schritte gelaufen war! Seinen Sohn auf dem Arm, rannte er ins Haus, um zu telefonieren.
Während er den Hörer abnahm, rieb er sich über seine schmerzende Brust. Er kannte dieses seltsame Gefühl. Damals auf der großen Party, als er beobachtet hatte, wie Julia mit seinem Freund Byron sprach, hatte es sich genauso angefühlt: ein warmes Pochen, schmerzhaft, aber auch angenehm. Es war ein Gefühl, das noch keine Frau in ihm ausgelöst hatte.
Einige Sekunden lang starrte er den Hörer an, dann legte er wieder auf. Was würde er tun, wenn Jake seinen nächsten großen Entwicklungsschritt machte? Und was, wenn dann er selbst derjenige war, der nicht dabei sein konnte? Wollte er all diese Dinge wirklich am Telefon erfahren? Konnte er darauf verzichten, seinem Sohn dabei zuzusehen, wie er aufwuchs? Wollte er wirklich weit weg sein, wenn Jake jemanden brauchte, der auf sein Knie pustete und ihm sagte, dass alles gut werden würde?
Und was, wenn es Julia schlecht ging? Wer wäre dann für sie da? Sie war viel zu lange alleine gewesen, hatte niemanden gehabt, der sich um sie kümmerte. Und sosehr ihn diese Einsicht auch beschämte: Er selbst hatte sie ebenso im Stich gelassen wie alle Menschen vor ihm.
Und was, wenn sie eines Tages einen anderen fand, der bereit war, diese Rolle zu übernehmen? Jemanden, der den Mut hatte, ihr zur Seite zu stehen und sie so zu lieben, wie sie es verdiente?
Würde er dann einfach herumsitzen und zulassen, dass jemand seinen Platz einnahm?
„Zur Hölle, nein!“, fluchte er leise. Kein Mann außer ihm hatte das Recht, Julia zu lieben.
„Verdammt, Julia“, murmelte er und griff nach seinem Autoschlüssel und Jakes Wickeltasche. „Ich habe dich ja gewarnt.“
Durch die hügelige Landschaft von Dunsmuir Bay fuhr er zu Julias imposantem Elternhaus. Cameron hatte das Anwesen kurz besichtigt, als er Julia geholfen hatte, ihre Sachen zu ihm zu transportieren. Bis heute konnte er sich einfach nicht vorstellen, wie Julia als kleines Mädchen ganz alleine in diesem riesigen, unpersönlichen Kasten gelebt hatte. Doch ihre Zukunft würde anders aussehen. Denn er war entschlossen, sie von hier wegzuholen.
Mit Jake auf dem Arm klingelte er an der schweren Doppeltür und wartete darauf, dass ihm ein Hausmädchen öffnete.
Doch es war Julia, die wenig später vor ihm stand. Selbst in ihren Jeans, den Turnschuhen und der Schürze sah sie atemberaubend aus. „Hi.“
„Hi“, erwiderte Cameron und sah in ihre leuchtend blauen Augen, die ihn schon bei ihrer ersten Begegnung so sehr fasziniert hatten. Auf dem Weg hierher hatte er sich seine Worte genau zurechtgelegt. Doch nun, wo er seinem Schicksal gegenüberstand, war sein Kopf wie leer gefegt.
„Ich liebe dich, Julia! Bitte komm zurück zu mir“, stieß er hervor.
Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie sie schluckte, die Stirn runzelte und sich auf die Lippe biss. „Tut mir leid“, sagte sie schließlich. „Aber ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden. Könntest du das bitte wiederholen? So drei- bis viermal?“
„Ich liebe dich, Julia“, sagte er. „Mehr als alles auf der Welt. Bis auf Jake natürlich. Ich will, dass ihr bei mir seid, und ich will mehr Kinder und ich will einen Hund. Einen großen. Aber in allererster Linie will ich dich zurück. Komm mit und lass mich nie wieder alleine.“
Sie neigte den Kopf. „Das kann ich gar nicht oft genug hören.“
Er lachte auf und zog sie in einer leidenschaftlichen Umarmung an sich. Als sie ihn innig küsste, waren keine weiteren Worte nötig. Er wusste, dass sie zu ihm zurückkehren würde.
Dennoch sagte sie leise: „Natürlich komme ich mit dir. Ich habe doch nur darauf gewartet, dass du fragst.“
„Mama!“ Jake lachte und winkte ihr unbeholfen zu.
Cameron glaubte, ihm würde vor Glück gleich das Herz zerspringen. „Heirate mich noch mal, Julia“, sagte er. „Mit allem Drum und Dran, mit einem Designerbrautkleid und tausend Gästen und einem riesigen Kuchen! Dieses Mal machen wir alles richtig – solange du nur wieder zu mir zurückkommst.“
Lachend küsste
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