Verführerische Julia
einfach zu tief. Deswegen ist er auch zu den Marines gegangen. Er hat gehofft, dort genug Selbstkontrolle und Disziplin zu erlangen, um das Chaos seiner Kindheit hinter sich lassen zu können.“
Julia sah Sally traurig an. „Und dabei ist er der umsichtigste, achtsamste Mann, den ich je kennengelernt habe.“
„Ja, das ist er“, erwiderte Sally. Dann glitt ein schlaues Lächeln über ihre Lippen. „Aber vielleicht musst du deinen Teil dazu beitragen, dass auch er selbst das begreift. Ein kleiner Tritt in den Hintern könnte ihm nicht schaden.“
Irritiert runzelte Julia die Stirn, doch dann begann sie zu begreifen. „Oh, Sally, du bist die Weisheit in Person.“
Sally breitete die Arme aus. „Genau das versuche ich meinen Söhnen seit Jahren klarzumachen!“
Am Abend schenkte Cameron ihr eine wunderschöne silberne schmetterlingsförmige Brosche mit gelben Diamanten und Saphiren.
„Danke, Cameron!“, sagte Julia. „Aber womit habe ich das verdient?“
„Einfach so.“
Nachdem sie tief durchgeatmet und all ihren Mut zusammengenommen hatte, fragte sie: „Und du bist sicher, dass es nicht damit zusammenhängt, dass du mich liebst?“
„Julia …“
„Jaja, ich weiß.“ Sie hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. „Schon in Ordnung, ich weiß, dass du es nicht aussprechen kannst. Aber eins muss ich wissen: Du liebst doch Jake, oder?“
„Was? Na klar“, erwiderte er und sah ungeduldig aus dem Fenster.
„Es freut mich für dich und unseren Sohn, dass du dir inzwischen wenigstens in diesem Punkt sicher bist.“
„Worauf willst du hinaus?“, hakte Cameron misstrauisch nach.
Vorsichtig legte sie die Brosche wieder in die Schmuckschachtel. Dann wandte sie sich Cameron lächelnd zu und sagte geradeheraus: „Darauf, dass deswegen das geteilte Sorgerecht leichter durchzusetzen ist, wenn Jake und ich zurück in mein Haus gezogen sind.“
„Sobald ihr … was?!“ Verblüfft packte er Julia an den Schultern und drehte sie zu sich herum, um ihr in die Augen zu sehen. „Was soll das heißen? Wieso willst du ausziehen? Immerhin sind wir verheiratet! Du gehst nirgendwo hin!“
Doch Julia schüttelte nur den Kopf. „Ehrlich, Cameron. Ich dachte, dass es reichen würde. Aber das tut es nicht. Du bist ein wunderbarer Mann, zärtlich und aufmerksam, und ein toller Vater für Jake. Ein unglaublicher Liebhaber, ein guter Freund. Aber du liebst mich nicht.“
„Warum versuchst du schon wieder, die Regeln zu ändern?“, fuhr er sie an.
„Weil es besser für mich ist, wenn ich von jetzt an nach meinen Regeln spiele“, sagte sie ernst.
„Und wie sehen deine eigenen Regeln aus?“, fragte er in leicht sarkastischem Ton.
„Bisher gibt es nur eine einzige: dass ich es verdient habe, geliebt zu werden.“
„Ich kann dir alles geben. Alles!“, stieß er hervor. „Bis auf das.“
„Obwohl ich weiß, dass du mich liebst?“
„Da irrst du dich. Ich liebe dich nicht.“
Mühsam rang sie nach Luft. Mit solcher Vehemenz hatte er seine Gefühle noch nie zuvor verleugnet, und obwohl sie damit gerechnet hatte, taten seine Worte ihr weh. Aber sie wusste, dass sie diese Situation durchstehen musste. „Na, dann war’s das, schätze ich.“
„Es tut mir leid.“ Frustriert rieb er sich den Nacken. „Mich macht das alles so wütend. Du weißt doch, dass ich dich nicht verletzen will. Niemals! Und genau deswegen …“ Er brach mitten im Satz ab.
„Und genau deswegen?“, fragte sie vorsichtig nach.
„Deswegen werde ich dir niemals sagen, dass ich dich liebe.“
Seufzend nahm sie ihr letztes bisschen Geduld zusammen. „Cameron, du überschüttest mich mit Schmuck und Aufmerksamkeiten, du bist immer für mich da …“
„Genau“, unterbrach er sie. „Beweist das nicht, dass du mir wichtig bist? Habe ich dich nicht immer gut behandelt? Warum reicht das nicht?“
„All diese Dinge sind Zeichen deiner Liebe“, erwiderte Julia sanft. „Also kannst du es auch einfach sagen.“
„Hör auf damit!“ Wie ein eingesperrter Tiger fing er an, im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. „Diese Gespräche enden jedes Mal damit, dass du dich verletzt fühlst.“
„Damit hast du vollkommen recht. Und genau deswegen halte ich es für das Beste, wenn wir uns für eine Weile trennen.“
„Nein!“ Er ballte die Hände zu Fäusten und schob stur das Kinn vor. Er schien die richtigen Worte zu suchen, um Julia davon abzuhalten, noch mehr von ihm zu fordern. Schließlich hatte er sich so weit gesammelt, dass
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