Verführerische Julia
ignoriert hast. In Anbetracht deines Lebenswandels würdest du wahrscheinlich sowieso einen grauenhaften Vater abgeben!“
Wütend packte er ihre schmale Hand, bevor sie erneut zustoßen konnte. „Wag es bloß nicht anzudeuten, dass ich je mein eigenes Kind im Stich lassen würde.“
Dann löste er seinen Griff und beobachtete, wie Julia schwer schluckte. „Entschuldige, das wollte ich nicht. Ich meinte nur, dass …“
„Ich würde mein Kind niemals verletzen“, unterbrach er sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Dafür weiß ich viel zu gut, wie es ist, mit einem …“ Abrupt verstummte er und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Ach, ist ja auch egal.“
Was war nur los mit ihm? Abgesehen von seinen beiden Brüdern hatte er noch nie mit jemandem über seine Vergangenheit gesprochen. Vergangen war vergangen, basta. Seine Kindheit war der Hauptgrund dafür, dass er auf keinen Fall eigene Kinder wollte.
„Tut mir leid“, flüsterte Julia betroffen.
Mühsam sammelte Cameron sich wieder und antwortete: „Schon in Ordnung. Aber die Tatsachen bleiben bestehen: Ich glaube dir nicht. Wir haben verhütet. Ich habe verhütet.“
„Ich doch auch, aber der kleine Jake hat sich eben durchgesetzt. Kein Verhütungsmittel wirkt hundertprozentig.“
„Keine Ahnung, was für ein Spiel du hier spielst“, beharrte Cameron, „aber das da ist nicht mein Sohn.“
„Dada, dada“, sagte Jake und wippte begeistert im Arm seiner Mutter auf und ab. „Dada, dada!“ Als er grinste, erschien in seiner rechten Wange ein Grübchen.
Dada ? Cameron runzelte die Stirn und rieb sich verlegen die rechte Wange. Plötzlich war ihm ein wenig flau im Magen. „Sag ihm, dass er aufhören soll, das zu sagen!“
Julia lachte auf. „Er brabbelt doch nur so vor sich hin. Für ihn sind das nur bedeutungslose Silben!“
Jake wippte weiter auf und ab, und mit seinem Grinsen wuchs auch das Grübchen. Cameron knirschte mit den Zähnen. Na gut, dann hatte dieses Kind eben zufällig dasselbe Grübchen wie er. Das hatte gar nichts zu sagen!
„Komm, mein Schatz“, flüsterte Julia ihrem Sohn zu und drehte sich wieder zum Kinderbettchen um. „Mal sehen, ob du nach all der Aufregung wieder einschlafen kannst.“
„Na! Dada! Dada!“, schrie Jake und wedelte mit den Armen in Camerons Richtung.
„Sieht so aus, als ob er will, dass du ihn ins Bett bringst“, bemerkte Julia trocken, und ehe Cameron sich versah, hatte sie ihm den Kleinen auch schon in den Arm gedrückt.
„Hey, ich werde nicht …“
„Dada“, sagte Jake und schaukelte grinsend auf und ab. „Dada!“
Dann hielt er mit einem Mal inne und sah bedeutungsschwer in Camerons Augen. Unwillkürlich erwiderte Cameron den Blick, und plötzlich schwappte eine gigantische Woge aus den verschiedensten Gefühlen durch seinen Körper: Verwirrung, Wut, Frustration, Schmerz, aber auch Zuneigung, Freude und … Staunen. Sie zwinkerten im gleichen Augenblick, und für einen Moment hatte Cameron den Eindruck, als würde dieser kleine Mensch ihm direkt in die Seele blicken. Verdammt, wie kam er bloß auf so eine verrückte Idee? Das alles war zu viel für ihn. Er konnte nicht glauben, dass all das tatsächlich ihm passierte. Er sollte plötzlich Vater geworden sein? Das Letzte auf der Welt, was er je hatte sein wollen?
Jake gähnte und schloss die Augen. Dann ließ er seinen kleinen Kopf gegen Camerons Brust sinken und klammerte sich mit seinen winzigen Fäusten in dessen T-Shirt fest. Als Cameron mit seiner großen Hand über Jakes Fingerchen fuhr, spürte er, wie sich etwas in ihm veränderte. Vorsichtig schlang er die Arme fester um das Baby, nur für den Fall, dass es nach hinten kippen könnte.
„Er ist müde“, flüsterte Julia. „Leg ihn einfach auf den Rücken und streichle ihm für ein paar Sekunden den Bauch, dann schläft er sofort ein.“
„Tut mir leid, Kleiner, aber deine Mom hat ein Machtwort gesprochen“, murmelte Cameron. Dann beugte er sich über das Bettchen und legte Jake ab. Als er ihm vorsichtig über das weiche Haar fuhr, öffnete Jake die Augen wieder und sah ihn fasziniert an.
Ein hübscher Bursche, der Kleine, aber das machte ihn noch lange nicht zu seinem Sohn!
Ach, verdammt, wem machte er hier etwas vor? Ein einziger Blick auf das Baby genügte. Die goldblonden Haare, die Form der dunkelgrünen Augen, das verräterische Grübchen … Er konnte es nicht leugnen: Vor ihm lag sein Sohn.
Aber trotzdem wurde er den Verdacht nicht los, dass Julia
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