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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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der Welt sein, und wenn du auch das Gegenteil behaupten magst, so warst du mir doch ein wahrer Freund und der einzige Mann in meinem Leben, der es gut mit mir meinte und dem meine Bedürfnisse wichtiger waren als die seinen.
    Selbst wenn du dem widersprichst und nicht an dich glaubst, sage ich dir, dass du der stärkste, tapferste Mann bist, den ich kenne, und ich lernte von dir, ebenfalls stark und tapfer zu sein.
    Ich treffe nun eine schwere Entscheidung, die jedoch, wie ich hoffe, für uns beide letztendlich am besten ist.
    Als ich damals – wie lange das her zu sein scheint – in London zu dir in die Wohnung kam, glaubte ich, keine Wahl zu haben, keine Aussicht auf Glück. Mit deiner Hilfe bin ich zu der gegenteiligen Ansicht gekommen.
    Es wäre mir unmöglich, einen der Männer, die ich hier kennenlernte, zu heiraten, und nicht nur wegen der vergangenen Nacht. Es ist einfach so, dass ich keinen von ihnen liebe. Wenn sie brave ehrliche Männer sind, verdienen sie keine Frau, die ihre Tugend hingab und einen anderen liebt.
    Dich liebe ich, du weißt, es ist so, selbst wenn du es nicht lesen magst. Natürlich sagst du dir inzwischen, dass du mich heute Nacht ausnutztest, doch das ist albern, denn ich wusste, dass du vor Müdigkeit und Erschöpfung kaum noch Herr deiner selbst warst, als ich zu dir kam, splitternackt, und mich an dich klammerte, selbst als du dich zurückziehen wolltest. Du wärest recht eitel, wenn du glaubst, du wärest der Verführer.
    Auch letzte Nacht erklärtest du mir, dass du mich unmöglich heiraten kannst, darum darf ich nicht jammernd meine verlorene Tugend beklagen, nachdem ich sie freiwillig aufgab. Das werde ich auch nicht tun, vor allem, weil ich nichts bereue. Heute Morgen fühle ich mich stärker denn je zuvor, und endlich sehe ich eine Möglichkeit, doch noch glücklich zu werden.
    Ich kehre zu meinem Vater zurück und füge mich der Ehe, die er für mich arrangiert hat. Selbst wenn mein Zukünftiger so schlimm ist, wie ich vermute, hast du doch mit einem recht: Als verheiratete Frau genieße ich ungeheure Freiheiten, und alles ist besser, als bei meinem Vater zu bleiben. Wie du richtig sagtest, ist der Mann alt. Und reich. Da ich es niederschreibe, klingt es ganz schrecklich, aber die Ehe mit dem Earl ist kein Kerker auf Lebenszeit. Das sah ich damals, als ich zu dir kam, noch anders. Nun glaube ich, dass eine einzige glückliche Nacht, wie du sie mir geschenkt hast, ewig währen kann und viele beschwerliche Jahre zu nichts verblassen lässt.
    Bin ich dem Earl erst angetraut, kann ich nicht guten Gewissens einen Geliebten nehmen, doch in ein paar Jahren bin ich womöglich eine reiche Witwe. Deshalb möchte ich dich um etwas bitten, etwas so Gewagtes, dass mein bisheriges Verhalten dagegen konventionell wirkt: Könntest du auf mich warten? Ich weiß, die Frage gehört sich für eine Frau nicht, aber wenn du etwas für mich fühlst, könntest du es bewahren, bis ich frei bin und zu dir kommen kann?
    Ich kann nicht erwarten, dass du weiter an mich denkst, wenn dein Herz sich einer anderen zuneigt, oder dass du mir treu bist, da du selbst Wünsche und Bedürfnisse hast. Aber bitte, bitte warte auf mich, und wenn du mich dann immer noch willst, komm zu mir, wenn ich frei bin.
    Was auch geschieht, mein Herz wird immer dir gehören, und ich bleibe für immer
    Deine Esme
    Er starrte auf die Worte nieder, als ob er sie dadurch ändern könnte.
    „Nicht ganz, was du erwartet hast?“ Die Stimme seines Bruders schreckte ihn aus seiner Versunkenheit.
    „Wie konnte ich das erwarten? Wie konnte ich das wissen?“
    „Dass Esme heimfahren würde? Du bist ein Idiot! Du hast es ihr doch selbst immer wieder nahegelegt.“
    „Nein.“ Er räusperte sich nervös. „Ich wusste, es wäre richtig, dass sie wieder heimkehrt. Aber ich dachte nicht, dass es mir so schwerfallen würde, sie gehen zu lassen. Hätte sie doch nur noch einen Tag abgewartet, ich hätte mich erklärt …“
    „Und auch den Tag hättest du unter irgendeiner Ausflucht verstreichen lassen und es wieder aufgeschoben.“
    „Nein“, rief er scharf und viel zu laut. „Heute ist nämlich alles anders!“
    „Dummheit! Nichts ist anders.“
    Radwell hob den Blick und schaute seinem Bruder in die Augen.
    Marcus atmete scharf ein. „Sag, du hast es nicht getan! Unter meinem Dach, während sie in meiner Obhut war! Sag nicht, du hast dein Versprechen gebrochen!“
    „Ich könnte dir weiß Gott was erzählen, aber ich halte mich

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