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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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Jahre gealtert. „Was verlangen Sie von mir?“ Seine Stimme war rau und matt, sodass Radwell sich fragte, ob der erbarmungslose Verräter wohl Mitleid erwartete.
    „Was ich will, wäre, Ihnen den Hals umzudrehen, aber das ist Mord, und wenn ich es auch freudig täte, wäre es meinen Zielen doch nicht förderlich, deshalb begnüge ich mich mit weniger.“
    Er bedachte Halverston, der förmlich in sich zusammenschrumpfte, mit einem harten kalten Blick. „Als Erstes: Der Verrat hat ein Ende. Die Papiere befinden sich auf dem Weg zu den verantwortlichen Stellen, wo man entscheiden wird, was mit Ihnen geschehen soll. Man wird, denke ich, von einer Veröffentlichung Ihrer Taten absehen, denn Sie sind unserem Land viel nützlicher, wenn der Feind nicht erfährt, dass Sie aufgeflogen sind.“
    In den Augen des Mannes flackerte ein Hoffnungsfunke auf.
    „Allerdings müssen Sie sich auch meinen anderen Bedingungen fügen: Zweitens: Keine Besuche mehr in dem berüchtigten Etablissement, auch nicht bei anderen Mädchen als Emily. Denken Sie nicht an Rache! Emily ist längst in Sicherheit; sie steht unter meinem Schutz. Versuchen Sie, sich zu rächen, oder nehmen Ihre abstoßenden Gewohnheiten wieder auf, werde ich Sie der öffentlichen Schande preisgeben. Ist das klar?“
    Der Earl nickte, doch die Röte der Wut, die ihm ins Gesicht stieg, ließ kaum Zweifel an seinen wahren Gefühlen.
    „Drittens werden Sie umgehend Ihr Verlöbnis mit einer bestimmten jungen Dame lösen. Keinem Mädchen aus vornehmem Hause dürfte man Ihre üble Gesellschaft aufzwingen, schon gar nicht Esme Canville. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt?“
    „Also soll ich alles aufgeben? Mein Auskommen, meine Zerstreuungen und meine Verlobte, oder Sie werden in den Zeitungen Lügen über mich verbreiten?“
    „Wenn Sie damit Landesverrat, Ihre Perversionen und die bemitleidenswerte Dame meinen, die man gegen ihren Willen an Sie ketten wollte? Ja, darauf werden Sie verzichten müssen, Halverston, oder das ganze Land wird die ungeschminkte Wahrheit erfahren. Sie müssen sich damit abfinden.“
    Der Earl lachte. „Keineswegs, junger Mann, es gibt immer einen Ausweg. Und nun hinaus! Mit Ihrer unerträglich selbstgefälligen Gegenwart muss ich mich nicht abfinden, nicht einen Augenblick länger!“
    „Sehr wohl. Ich erwarte die Aufhebung Ihres Verlöbnisses in der Times zu sehen. Ich gebe Ihnen vierundzwanzig Stun den.“ Mit einem nur angedeuteten Nicken verließ Radwell den Raum und trat in den Flur hinaus. Unten in der Halle angekommen, ließ er sich von einem Lakaien Hut und Spazierstock reichen.
    Er war noch nicht zum Portal hinaus, als ein einzelner Schuss durchs Haus hallte.

19. KAPITEL

    Als die wilden Flüche durch die Kaminöffnung zu ihr hinaufhallten, begann Esmes Herz vor Furcht zu rasen. So sehr hatte ihr Vater noch nie getobt. Krampfhaft überlegte sie, wodurch sie ihn wohl provoziert haben könnte. Ihr fiel nichts ein, denn sie redete nur, wenn sie angesprochen wurde, gehorchte widerspruchslos jeder noch so verqueren Anweisung und erschien, sobald er sie zu sich beorderte.
    Natürlich hatte er sie bei ihrer Heimkehr maßlos verprügelt, doch die folgende Zeit war glimpflich verlaufen. Ohne Einwände hatte ihr Vater hingenommen, dass sie alle Mahlzeiten in ihrem Zimmer einnahm, und manchmal kam es ihr so vor, als habe er ihre Anwesenheit völlig vergessen. Nun aber schien etwas eingetreten zu sein, das ihn aufstörte.
    Hastig kniete sie sich vor die Feuerstelle und legte ihr Ohr an die Kaminwand, doch sie konnte nicht herausbekommen, was ihren Vater derart in Rage brachte, dass er vor Wut stammelte. Wie sie vom Fenster ihres Gefängnisses aus hatte sehen können, war kein Besucher eingetroffen, aber vielleicht war ein Brief gekommen?
    Plötzlich hörte sie, wie Glas zerschellte – das mussten die Kristallkaraffen sein, die auf seinem Schreibtisch standen. Mehrmaliges dumpfes Poltern folgte, als ob die schweren ledergebundenen Bücher aus den Borden auf die Dielen krachten. Gedämpftes Murmeln – offensichtlich versuchte der Butler, ihren Vater zu besänftigen, doch er erntete nur ablehnendes Gebrüll, dann knallte die Tür des Arbeitszimmers ins Schloss.
    Das hieß entweder, er ging aus, oder er kam zu ihr hinauf. Im Nu stand sie auf den Füßen, strich sich das Kleid glatt und säuberte ihr Gesicht. Zeigte sie sich vor ihm in nachlässigem Aufzug, machte sie alles nur noch schlimmer.
    Ihre Tür flog auf, und ihr Vater stampfte

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