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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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seinen Auftraggebern gegenüber auf den Sitz fallen. Lässig zog er ein Bündel Papiere aus seiner Rocktasche. „Ich denke, das hier haben Sie gesucht, meine Herren. Um keinen Irrtum zu begehen, warf ich einen Blick darauf. Hätten Sie mir verraten, um was es Ihnen ging, wäre ich Ihnen freiwillig zur Hand gegangen. Ein Dieb zu sein bestreite ich nicht, aber ich bin kein Verräter und sähe gern jeden, der einer ist, seiner gerechten Strafe zugeführt.“
    „Ah, ein guter Patriot.“ Radwell lächelte spöttisch. „Da Sie gerade bei der Arbeit waren, nahmen Sie wohl nicht auch noch den übrigen Inhalt des Geldschranks mit?“
    „Ich bin ein Patriot, aber kein Heiliger. Allerdings fand ich nur noch dies.“ Er brachte ein Schächtelchen zutage, in dem ein schwerer Goldring, offensichtlich für eine Dame gedacht, lag. „Scheint mir ein Ehering zu sein.“
    „Behalten Sie ihn als Zusatzprämie für gute Arbeit. Halverston wird ihn nicht mehr brauchen.“
    Marcus hatte derweilen die Papiere durchgesehen. Mit düsterem Blick sagte er: „Noch schlimmer als vermutet! Das muss umgehend ins Ministerium geschafft werden.“
    „Das ist deine Sache“, entgegnete Radwell. „Ich werde hierbleiben, um ein kleines erbauliches Gespräch mit dem Earl zu führen, das mich gewiss sehr befriedigen wird.“
    „Was ist mit mir?“, fragte Smythe, der sich ein wenig vergessen vorkam.
    „Sie haben sich als ein musterhafter Bürger erwiesen. Sagen Sie meinem Bruder, wo er Sie absetzen soll; ich warte hier auf Halverston.“
    „Wie, das ist alles? Keine Mahnung, dass ich mich bessern soll?“
    Radwell klopfte ihm auf die Schulter. „Nutzlos! Erwarten Sie jedoch nicht, dass wir Sie weiterempfehlen. Vergessen Sie, was hier geschah, und wir vergessen, dass Sie etwas damit zu tun hatten.“
    Die Spannung löste sich aus Smythes Haltung. „Sehr gut. Es war ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen.“
    Dem anmeldenden Butler auf den Fersen, betrat Radwell das Arbeitszimmer des Earls.
    „Guten Abend, Sir. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?“ Halverston lächelte zuvorkommend, ganz der distinguierte ältere Herr, ein aufrechter Pfeiler der Gesellschaft.
    Radwell ignorierte die ihm entgegengestreckte Hand und erwiderte den abschätzenden Blick Halverstons. Der Mann wirkte hier in seiner angestammten Umgebung außerordentlich beeindruckend, doch der Glanz von Vornehmheit verblasste arg bei dem Gedanken an ihre frühere Begegnung in dem Bordell.
    Der Earl war alt, doch seine exquisite Kleidung lenkte von seiner Gebrechlichkeit ab, und sein kalter scharfsinniger Blick stand in strengem Gegensatz zu der freundlichen Begrüßung.
    Mit einem Blick auf den Butler, der auf Befehle zu warten schien, sagte Radwell leise: „Was ich Ihnen zu sagen habe, ist nur für Ihre Ohren bestimmt, Sir.“
    Halverston hob konsterniert eine Braue, bedeutete dem Diener jedoch, sich zu entfernen, und griff eigenhändig nach einer Karaffe, aus der er dem Gast einschenkte. Radwell rührte das Glas nicht an.
    „Nun gut. Wir sind allein, also sprechen Sie, Sir. Möchten Sie mit mir über alte Zeiten plaudern?“, äußerte er mit boshaftem wissendem Lächeln, so, als habe Radwell je diese Perversionen mit ihm geteilt.
    „Keineswegs. Wenn ich auch dankbar für den kurzen Einblick in gewisse Dinge sein sollte, den mir unser damaliges Zusammentreffen verschaffte. Zumindest genügte er, mir klarzumachen, dass es besser wäre, mein Hirn von französischen Kugeln durchbohren zu lassen, als mich zu einem widerwärtigen Wüstling zu entwickeln. Aber das betrifft die Angelegenheit, wegen der ich hier bin, nur am Rande. Es gelangten gewisse Papiere in meinen Besitz, Papiere, für die sich das Außenministerium außerordentlich interessieren wird und die in der vergangenen Nacht noch in Ihrem Geheimfach ruhten.“
    Zwar zwang Halverston sich zu einer gleichgültigen Haltung, doch seine Stimme war angespannt. „Und woher können Sie wissen, was sich in meinem Safe befindet?“
    „Euer Lordschaft waren hin und wieder recht indiskret. Besonders, als Sie einem armen missbrauchten Mädchen von Ihren Geschäften mit den Franzosen erzählten.“ Indem er auf einen Gobelin an der Wand deutete, der das Fach verbarg, fuhr er fort: „Sie werden den Inhalt wohl überprüfen wollen. Danach können wir das Gespräch fortsetzen.“
    Aufrecht und festen Schrittes ging der Earl zu dem Safe und öffnete ihn, doch als er an seinen Schreibtisch zurückkehrte, schien er um

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