Verfuehrerisches Geheimnis
Schotten wären wild und unzivilisiert.«
Sein dunkler, bezwingender Blick traf jenen Catherines. »Wo in Wahrheit doch nur einige von uns wild und unzivilisiert sind.«
Sie hasste es, ihm das letzte Wort zu lassen. Als er sie vom Schiff geleitete, sah sie, dass er ein Buch in der Hand trug. »Ich hatte keine Ahnung, dass Ihr lesen könnt, Lord Stewart.«
Ihr Spott entlockte ihm ein Lächeln. »Julius Cäsar. Ich lese gern im Bett, es sei denn, Ihr hättet etwas anderes im Sinn, Lady Catherine.«
Maggies Worte f s;len ihr wieder ein. Eine Gelegenheit, hei ihm zu liegen und ihn vielleicht zu zähmen! Cat senkte die Wimpern, froh, dass die Dunkelheit ihr Erröten verbarg.
Als sie Leith Wynd entlang zum Gasthaus gingen, erläuterte Patrick ihnen seine Pläne. »Morgen miete ich eine Kutsche, die Euch nach Seton bringt. Winton Castle liegt von hier etwa ein Dutzend Meilen entfernt. Man muss daher nicht allzu zeitig aufstehen. Ich werde um zehn bei Euch anklopfen.« Im Gasthaus angelangt, bezahlte er für zwei der besten Zimmer und für die Unterbringung seines Pferdes. »Bis Ihr Euer Dinner bestellt habt, wird Euer Gepäck eintreffen. Ich hoffe, Ihr werdet es komfortabel haben, meine Damen.«
Als sie später ein Pochen an der Tür hörte, öffnete Catherine eilig und sah enttäuscht, dass zwei Seeleute von der Hepburn Rose ihre Koffer hereinschleppten. Gleich darauf ertönte abermals ein Pochen, und ihre Lebensgeister hoben sich jäh. Diesmal war es eine dralle Magd, die das Essen brachte, und wieder fühlte Catherine sich niedergeschlagen. Sie zwang sich zu einem Lächeln, nicht gewillt, sich einzugestehen, dass sie gehofft hatte, es wäre Hepburn. »Hm, das riecht aber gut... hoffentlich ist es nicht Haggis.«
Nach dem Essen nahmen sie und Maggie ein Bad, dann legte sie sich die Kleider für den nächsten Tag zurecht. Sie wusch Strümpfe aus und beschäftigte sich, bis es Zeit war, zu Bett zu gehen. Kaum aber waren die Lichter gelöscht, als Cat mit offenen Augen dalag, erfüllt von Heimweh, einsam, der lauernden Furcht vor dem Unbekannten ausgeliefert. Sie spitzte in der Finsternis die Ohren, hörte aber aus dem Zimmer nebenan keinen Laut. Dieser liederliche Teufel ist sicher auf Zechtour!
Der liederliche Teufel jedoch lag ruhig im Bett und versuchte,/«/^ Cäsar zu lesen. Seine Gedanken ließen jedoch nicht vom Bild der jungen Frau im Nebenzimmer ab. Er schloss für ein paar Minuten die Augen und konzentrierte sich darauf, sein Bewusstsein mit ihrem zu verschmelzen. Er konnte ihre Einsamkeit und Verwundbarkeit spüren. Als er nach der Ursache forschte, entdeckte er, dass sie Angst vor dem nächsten Tag hatte. Tief atmend konzentrierte Patrick seine psychische Kraft und ließ zu, das sein Geist sich vom Körper trennte. Die Gefahr, die dieser Praktik innewohnte, war ihm bewusst, da der Geist zuweilen Schwierigkeiten hatte, wieder in den Körper zurückzufinden. Reglos dazuliegen minderte die Gefahr.
Patrick nahm ihre kleine Hand und raunte beruhigend: »Keine Angst, Catherine. Keine Angst. Dein Mut wird sich durchsetzen. Sei tapfer, Teufelsbraten.« Sein Geist hüllte sie ein und beruhigte sie, bis sie schließlich ihre Angst losließ und einschlief. Dann kehrte er in sein Bett zurück und griff nach seinem Buch.
Julius Cäsar war Patricks liebstes Stück von Shakespeare, und er hatte es schon oft gelesen. »Ich bin stetig wie der Nordstern.« Er liebte sein Feuer, seine Leidenschaft und sein Ungestüm. Die Eigenschaften der Personen waren so wahrheitsgetreu getroffen: Cäsars Größe, Cascas und Cassius' giftiger Neid, Marc Antons Klugheit. Als Patrick die prophetischen Träume las, wusste er, dass es solche Dinge gab, und identifizierte sich völlig mit dem Wahrsager und seiner Weissagung: » Hüte dich vor den Iden des März.«
Während er las, kam ihm Elizabeth Tudor in den Sinn. Er konzentrierte sich auf das Buch, um sie zu verdrängen, doch wie er ihren Leichenzug gesehen hatte, hörte er nun die Klänge des Trauermarsches. Die Lautstärke schwoll an. Er hörte den Hufschlag der Rappen, die ihre Bahre zogen, die langsamen Schritte der Trauernden, die ihrem Sarg folgten. »Hüte dich vor den Iden des März ... März .. .· März. Die Iden des März sind gekommen!«
Plötzlich erkannte Patrick, dass sein unheimlicher sechster Sinn ihm Elizabeths Tod ankündigte. Er war sicher, dass das Leben von Englands Königin im März enden würde! Er legte das Buch weg und zählte rasch ... neun Monate bis Anfang
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