Verfuehrt
lassen, und wir lesen morgen schon in der Zeitung, dass das »Conroy’s« kein vertrauenswürdiges Auktionshaus ist. So oder so: dass Arnold Highcombe schweigen wird, ist unwahrscheinlich, er scheint geradezu nach etwas zu lechzen, das er der Presse anbieten kann.
Aber das ist offenbar nicht zu ändern, was auch Dad einsieht. Er seufzt abgrundtief und schüttelt den Kopf, doch er fügt sich in das Unabänderliche. »Also gut. Wie ich eben schon sagte, Sie können uns selbstverständlich das Bild zurückgeben«, sagt er niedergeschlagen.
»Ich würde das nicht tun, wenn ich Sie wäre, Lord Ashbury.« Matteo, der bis jetzt geschwiegen hat, blickt von seinem Laptop auf und sieht zu uns herüber. »Sie würden es ganz sicher bereuen, wenn Sie sich davon trennen.« Er deutet auf den Bildschirm. »Einer meiner Studenten hat mir gerade eben die Kopie eines Brieffragments geschickt, in dem das Gemälde erwähnt ist. Es war offenbar eine Auftragsarbeit, die Enzo für einen befreundeten Mäzen gemalt hat.« Ein zufriedenes Lächeln spielt um seine Lippen. »Es ist ein echter Enzo, den Sie da haben, Lord Ashbury. Und eine Rarität noch dazu. Das wird eine ganz neue Perspektive auf sein Schaffen eröffnen.«
Lord Ashbury und Highcombe starren Matteo ungläubig an, während Dad und ich unser Glück kaum fassen können.
»Und das findet Ihr Student jetzt gerade mal ganz zufällig, ja?« Arnold Highcombe ist eindeutig wütend über diesen neuen Erkenntnisstand und will es nicht wahrhaben. »Sie haben nichts, das ist alles eine Lüge!«
Matteo lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen, sondern erwidert den Blick des aufgebrachten Mannes kühl.
»Wer hier lügt, werden wir sicher bald herausfinden«, sagt er. »Und es ist mir nicht plötzlich eingefallen – es war das Puzzleteil, nach dem ich schon die ganze Zeit gesucht habe. Sie wissen doch, wie es in der Provenienzforschung läuft. Es lässt sich nicht vorhersehen, wie schnell man die richtigen Hinweise findet.«
»Aber …« Arnold Highcombe schnappt nach Luft, ist ganz klar überfordert mit dieser unerwarteten Entwicklung. »Das Motiv ist völlig untypisch für Enzo!« Offenbar sein Hauptargument, warum es nicht von dem italienischen Renaissancemaler stammen kann.
»Genau. Darüber bin ich auch gestolpert. Auch das lässt sich erklären«, erwidert Matteo. »In Auftrag gegeben war ein Porträt, aber Enzo hat sich während der Arbeit entschieden, sich selbst auch mit auf dem Bild zu verewigen – als Zeichen, wie sehr er sich dem Auftraggeber verbunden fühlte, mit dem er auch befreundet war. Daher auch der Titel. Und er hatte Glück, denn sein Freund war begeistert, jedenfalls teilt er Enzo das in diesem Brief mit.« Er schüttelt den Kopf. »Mir ist jetzt auch klar, wieso das nie zugeordnet wurde. Ein Teil des Briefes fehlt, und wenn man die entsprechende Stelle liest, ohne das Bild zu kennen, denkt man, es ginge nur um die Freundschaft der beiden. Erst im Zusammenhang mit dem Gemälde ergibt es einen Sinn – und den Nachweis, nach dem wir gesucht haben.«
Vehement schüttelt Arnold Highcombe den Kopf.
»Das hat er sich gerade eben erst ausgedacht, Robert.«
Doch der Ausdruck in Lord Ashburys Gesicht hat gewechselt, ist jetzt wieder viel offener, und er wirkt fast so erleichtert wie mein Vater und ich.
»Kann ich diesen Brief sehen?«
Matteos Lächeln gilt nicht nur Lord Ashbury, sondern auch mir, als er auf den Bildschirm deutet. »Bitte.«
***
»Es tut mir leid.« Sichtlich zerknirscht blickt Lord Ashbury uns an, als wir einige Zeit später noch im Kaminzimmer zusammensitzen. »Aber ich wusste einfach nicht mehr, wem ich glauben sollte. Arnold klang sehr überzeugend, und ich dachte wirklich …«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, versichert ihm Dad, dem die Erleichterung immer noch ins Gesicht geschrieben steht. »Es ist Ihr gutes Recht sicherzugehen.«
»Dennoch – ich hätte wissen müssen, dass das ›Conroy’s‹ integer ist«, beharrt Lord Ashbury und lächelt jetzt auch mich und Matteo an.
Arthur Highcombe ist nicht mehr bei uns, er hat sich relativ schnell und relativ kleinlaut verabschiedet, nachdem Matteo uns noch einmal seine Rechercheergebnisse präsentiert hat. Ganz offiziell ist das alles natürlich erst, wenn er sein Gutachten verfasst hat, aber nach dieser Beweisführung wird niemand noch irgendeinen Zweifel daran hegen, dass Amici von Enzo gemalt wurde.
Wir sind aus dem Schneider, denke ich und atme noch einmal tief
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