Verfuehrt
Vorgehen aufgeklärt werden.«
Also darum geht es hier, denke ich und spüre, wie mein Magen sich zusammenkrampft. Highcombe sucht offensichtlich nach Gelegenheiten, sich in irgendeiner Form zu profilieren, sich vielleicht sogar als Retter der Kunst zu etablieren, und sein Freund Ashbury und wir liefern ihm mit dem Enzo gerade die ideale Plattform dafür.
»Die Frage ist«, sagt Matteo mit ruhiger Stimme, in der dennoch die Wut mitschwingt, die ich auch auf seinem Gesicht sehe, »welche Interpretation in der Fachwelt mehr Gewicht haben wird – Ihre oder meine.«
Das sitzt, denn Highcombe starrt ihn böse an.
»Soweit ich das sehe, können Sie noch gar keine Interpretation vorlegen. Das ist ja das Problem«, erklärt er. »Außerdem will ich keine Wissenschaftler beeindrucken. Hier geht es um Betrug, und ich denke, das sollten Kunstliebhaber erfahren, die sonst vielleicht den falschen Geschäftspartnern vertrauen.«
In seinen Augen liegt eine unverhohlene Drohung, und damit wird unser schlimmster Albtraum für das »Conroy’s« wahr: Highcombe will mit der Geschichte an die Presse gehen, und nicht nur die Boulevardblätter werden sich mit Freuden darauf stürzen und sie vielleicht sogar noch aufbauschen.
Entsetzt sehe ich Dad an, der wie erstarrt ist, und dann Matteo, suche Hilfe bei ihm, weil mir die Worte fehlen.
Doch er ist abgelenkt, hat sein Handy aus seiner Tasche geholt und sieht auf das Display, was mich ziemlich entsetzt. Und wütend macht. Wie kann er jetzt in aller Ruhe seine Nachrichten lesen? Falls er Highcombe damit provozieren will, dann gelingt ihm das jedoch sehr gut, denn dessen kleine Augen werden noch ein bisschen schmaler.
»Fällt Ihnen dazu nichts mehr ein, Bertani?«, fragt er hämisch, und als Matteo nicht reagiert, wandert sein Blick zu mir. »Robert hätte von vorneherein mich bitten sollen, diese Expertise anzufertigen. Dann hätten wir alle uns viel Zeit und Ärger erspart.« Seiner Stimme ist anzumerken, wie sehr es ihn ärgert, dass Lord Ashbury, der dem Fachwissen seines Freundes vielleicht doch nicht wirklich traut, seine Hilfe zunächst abgelehnt und stattdessen auf Matteo gesetzt hat.
Das löst nur leider nicht unser Problem, und es ist auch nicht hilfreich, dass Matteo sich jetzt ganz aus der Diskussion ausklinkt und zum Schreibtisch hinübergeht, wo zwischen den Büchern und Unterlagen immer noch sein Laptop steht. Er klappt ihn auf und fährt ihn hoch.
»Entschuldigen Sie mich, ich muss etwas Wichtiges nachsehen«, murmelt er, ganz auf den Bildschirm konzentriert, was uns alle irritiert – vor allem Dad. Er ist ohnehin nicht gut auf Matteo zu sprechen, und ich kann in seinem Blick lesen, wie unmöglich er dieses Verhalten findet – gerade jetzt.
Arnold Highcombe dagegen scheint es sehr gelegen zu kommen, dass Matteo ihm das Feld überlässt, denn er lächelt zufrieden. Er will noch etwas sagen, aber ich komme ihm zuvor und wende mich an Lord Ashbury, appelliere noch mal an ihn.
»Wir erstatten Ihnen selbstverständlich den Kaufpreis, aber wollen Sie sich das Ganze nicht noch einmal in Ruhe überlegen? Sie haben schließlich selbst gesagt, dass Sie Signore Bertani vertrauen. Wieso geben Sie ihm jetzt nicht die Zeit, die er braucht? Und es ist bestimmt nicht nötig, so schnell die Presse einzuschalten.«
Der Blick unseres ehemaligen Stammkunden flackert. Auch ihm gefällt der Gedanke an einen Medienauftrieb anscheinend nicht, und das ist vielleicht auch der Grund, warum er so nervös wirkt. Aber den Brandreden seines profilierungssüchtigen Freundes kann er sich auch nicht entziehen und weiß jetzt nicht mehr, wem er glauben soll.
»Aber ich warte schon so lange«, sagt er. »Ich brauche endlich Antworten. Arnold ist sich sicher, dass es kein Enzo ist, und seine Argumente klingen überzeugend. Mr Bertani behauptet das Gegenteil, aber ganz sicher ist er sich nicht.« Er zuckt mit den Schultern. »Und wer weiß, wie lange ich Ihnen schon zu Unrecht vertraut habe. Vielleicht sollte man der Sache wirklich auf den Grund gehen.«
Ich stoße die Luft aus und sehe Dad an, der meinen verzweifelten Blick erwidert. Denn egal, was wir jetzt tun – es wird schlecht für uns ausgehen. Selbst wenn wir den Kauf rückgängig machen, wird Lord Ashbury es trotzdem als eine Art Schuldeingeständnis sehen und durch einen falsch verstandenen Aufklärungswillen unseren Ruf ruinieren. Und wenn wir stattdessen abwarten und auf der Expertise bestehen, wird er seinen Freund gewähren
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