Verfuehrt
beschleunigt.
»Guten Morgen!«, antwortet er, und ich suche in seinem Gesicht vergeblich nach den Spuren unseres Streits. Doch er lächelt, strahlend sogar, und der Anblick seines verführerischen Grübchens hat erst recht beängstigende Auswirkungen auf meine Pulsfrequenz. »Ich wollte dich eigentlich überraschen. Wenn du also das Frühstück im Bett serviert bekommen möchtest, so wie es gedacht war, dann legst du dich am besten auf der Stelle wieder hin und tust so, als hättest du noch gar nicht bemerkt, dass ich da bin.«
Ich rühre mich jedoch nicht vom Fleck, weil ich noch überlege, ob ich das hier vielleicht gerade träume.
»Ich dachte, du bist bei Valentina.«
»Das war ich auch«, antwortet er. »Sie war heute Morgen etwas länger wach, und die Ärzte sind sehr zufrieden mit ihr. Es sieht jetzt wirklich so aus, als könnte sie es schaffen.« Diese Tatsache scheint ihn extrem zu erleichtern. »Wir fahren nachher zu ihr, sie hat nämlich wieder nach dir gefragt. Aber erst musst du was essen.« Er stellt auch noch eine Tasse Cappuccino auf das Tablett, auf dem er schon die Hörnchen, Orangensaft, Butter und Marmelade platziert hat, und kommt mir damit entgegen.
Doch ich bleibe mit verschränkten Armen im Durchgang stehen und lasse ihn nicht vorbei. Weil das so typisch für ihn ist. Man weiß absolut nie, was einen bei ihm als Nächstes erwartet, und obwohl ein Teil von mir gerade glücklich Luftsprünge macht, weil er auf einmal wieder zugänglich ist, kann ich das nicht kommentarlos hinnehmen.
»Was wird das hier, Matteo?«, frage ich und hebe die Brauen, um ihm deutlich zu machen, dass ich nicht vergessen habe, was passiert ist.
Er zuckt mit den Schultern und lächelt so charmant, dass ich richtig kämpfen muss, um es nicht zu erwidern.
»Ein Friedensangebot, schätze ich«, antwortet er. »Ich habe mich gestern ziemlich schlecht benommen. Du bist extra wegen Valentina aus England gekommen, und es ist ihr wichtig, dass du da bist. Deswegen hätte ich nicht so unfreundlich sein dürfen.« Sein Gesichtsausdruck ist entschuldigend, bittend, und sein Lächeln immer noch so unwiderstehlich, dass ich merke, wie mein innerer Widerstand dahinschmilzt. Er deutet mit dem Kinn in Richtung Schlafzimmer. »Und jetzt geh zurück ins Bett, sonst war die ganze Mühe umsonst.«
Ich bin schlichtweg zu verwirrt, um ihm weiter Paroli zu bieten, deshalb tue ich, was er sagt. Als ich, wie geheißen, wieder unter die Decke geschlüpft bin, stellt er vorsichtig das Tablett auf dessen zwei Standbeinen vor mir ab.
»Ich kann auch noch Eier mit Speck braten«, sagt er, doch ich schüttele den Kopf.
»Nein, das hier reicht, wirklich.« Mir fällt wieder ein, dass die Tür geschlossen war, als ich aufgewacht bin. »Warst du vorhin hier drin?«, will ich wissen.
Matteo setzt sich ans Bettende und legt sich dann auf die Seite, stützt den Kopf auf den Arm. »Ich wollte sehen, ob du noch schläfst«, sagt er und die Art, wie er mich ansieht, macht mich nervös – aber auch lächerlich glücklich.
Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Morgen so verlaufen würde. Mit allem hätte ich gerechnet, aber ganz sicher nicht damit, dass Matteo mir das Frühstück ans Bett bringt.
Die Frage ist nur, was für einen Grund er tatsächlich für dieses plötzliche Friedensangebot hat, denke ich, während ich von den knusprigen kleinen Hörnchen probiere. Ist es wegen Valentina, so wie er gesagt hat? Oder tut er das auch ein bisschen seinetwegen?
»Und Valentina hat heute Morgen wirklich nach mir gefragt?« Matteo nickt, was meine Ratlosigkeit noch ein bisschen größer macht. »Aber wieso? Ich meine, sie kennt mich doch eigentlich kaum.« Diese Frage treibt mich immer noch um. »Giacomo meinte gestern, es könnte sein, dass sie nicht ganz bei klarem Verstand ist und glaubt, wir wären noch zusammen. Denkst du, dass ist der Grund dafür?«
Matteo schüttelt den Kopf. »Sie ist nicht verwirrt«, erklärt er vehement, so als wäre das eine Beleidigung seiner Großmutter, die er auf gar keinen Fall akzeptieren will. »Sie hat oft von dir gesprochen, bevor sie den Herzanfall hatte. Wahrscheinlich bist du ihr deshalb so präsent.«
Die Information verblüfft mich. »Sie hat oft von mir gesprochen?«
Matteo nickt und steht auf, geht zu der Glastür hinüber, von der aus man auf eine kleine Terrasse gelangt. Mit vor der Brust verschränkten Armen sieht er hinaus in den üppig grünen Garten. »Ich schätze, du hast bei uns allen einen
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