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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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fertig, als ich auflege.
    »Wer war das?«, will ich wissen.
    »Giacomo. Er hat uns für morgen Abend zu sich eingeladen.« Nachdenklich mustert er mich. »Keine Nachricht von deinem Vater?«
    Als ich den Kopf schüttele, erscheint wieder diese Falte zwischen seinen Brauen, die mir zeigt, dass ihm etwas Sorgen macht. »Wirst du zurückgehen, wenn er sich entschuldigt?«
    Ich seufze, weil er mich das immer wieder fragt und die Antwort eigentlich kennt. »Ich würde mir wünschen, dass er sich entschuldigt und ich mich mit ihm aussöhnen kann. Und ganz sicher fahre ich irgendwann nach London, schließlich habe ich da noch jede Menge Dinge zu erledigen. Aber ich komme wieder, Matteo.«
    Er legt den Arm erneut um meine Schultern, und wir gehen weiter, doch er wirkt in Gedanken versunken und sieht immer noch skeptisch aus.
    Als wir um die nächste Ecke biegen, öffnet sich vor uns der Platz vor dem berühmten Trevi-Brunnen. Er ist jetzt, bei Nacht, fast belebter als tagsüber, vielleicht weil er im Licht der Scheinwerfer, die den weißen Marmor beleuchten, noch majestätischer und eindrucksvoller wirkt als ohnehin schon.
    Wir sind hier schon oft vorbeigekommen, wenn wir in der Nähe waren, aber wir haben uns nie lange aufgehalten – wie viele Römer meidet Matteo diese Touristenmagneten, hat seine eigenen Orte, die die Stadt für ihn besonders machen.
    Doch mir fällt etwas ein, deshalb ziehe ich ihn mit mir zum Brunnen, schiebe mich entschlossen durch die Menge, bis wir ganz vorne stehen.
    Der Abend ist angenehm warm, und die Atmosphäre um den Brunnen herum ausgelassen. Außerdem ist es laut, durch das Rauschen des Wassers und die Gespräche der vielen hundert Besucher, deshalb muss Matteo seine Stimme heben, damit ich ihn verstehe.
    »Was willst du hier?«
    Grinsend ziehe ich meine Geldbörse aus der Tasche und hole eine Euro-Münze heraus, nehme sie in meine linke Hand.
    »Es heißt doch, dass man nach Rom zurückkehrt, wenn man eine Münze mit der linken Hand über die rechte Schulter in den Brunnen wirft, oder?«
    Matteo sieht mich skeptisch an. »Ja. Deshalb fischt die Stadt – sehr zur Freude einiger Hilfsorganisationen – jedes Jahr über eine Million Euro aus dem Wasser. Das ist dummer Aberglaube, Sophie.«
    Doch ich lasse mich nicht beirren. »Aber es schadet auch nicht«, verkünde ich mit einem Lächeln und werfe die Münze, die schnell auf den Boden des niedrigen Beckens sinkt – zu den Hunderten von anderen Münzen, die dort bereits liegen. »Erledigt«, verkünde ich mit einem strahlenden Lächeln und will die Geldbörse wieder zurück in meine Tasche tun. Doch Matteo hält mich auf. Er legt die Börse zurück in meine linke Hand und führt meinen Arm dann so über meine rechte Schulter, dass das ganze Kleingeld, das noch darin ist, mit einem leisen Plätschern ebenfalls im Brunnen verschwindet.
    »Zur Sicherheit«, sagt er mit einem schiefen Grinsen, als ich ihn überrascht ansehe, und küsst mich, bevor er mich weiterzieht und ich ihm nur mit einem glücklichen Lächeln folgen kann.
***
    »Signore di Chessa ist oben und erwartet Sie«, informiert uns Giacomos Haushälterin Rosa, eine kleine dünne Frau, nachdem sie uns die Tür geöffnet hat. Sie hat offensichtlich mit den Vorbereitungen für das Essen zu tun, denn sie trägt eine Schürze und scheint dankbar zu sein, dass wir uns auskennen und sie uns den Weg in die beiden Salons im ersten Stock nicht zeigen muss.
    »Weißt du noch?«, frage ich Matteo, als wir gemeinsam die Treppe nach oben gehen, und deute mit dem Kinn auf einen weißen Fleck an der Wand. Das Bild, das dorthing, war Anlass für unser ziemlich ungewöhnliches Kennenlernen. Damals – ist das wirklich erst gut zwei Monate her? – war ich das erste Mal hier in Giacomos Villa auf dem Aventin. Ich wollte mir das Gemälde genauer ansehen, bin jedoch gestolpert und wäre bestimmt gefallen – wenn Matteo mich nicht aufgefangen hätte.
    Er grinst und legt mir die Hand in den Rücken. »Ich erinnere mich sogar an Einzelheiten – deinen gewagten Ausschnitt, zum Beispiel«, erklärt er mir grinsend und stutzt dann, als oben Stimmen zu hören sind. »Von noch einem Besucher hat Giacomo gar nichts erwähnt.«
    Doch tatsächlich sitzt unser Gastgeber nicht allein mit einem Aperitif in der Hand auf den eleganten Sesseln, die im hinteren der beiden weitläufigen Salons in einer Ecke zusammenstehen. Neben ihm erhebt sich auch noch ein Mann um die Sechzig mit schulterlangen, graumelierten Haaren,

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