Verfuehrt
bleibe. Außerdem will ich nicht, dass er denkt, ich ziehe einfach bei ihm ein.
Doch er winkt ab. »Du kannst erst mal in Valentinas Wohnung bleiben«, murmelt er noch sichtlich erstaunt. Er mustert mich, offensichtlich nicht sicher, ob ich das ernst meine. »Aber … was ist mit dem Auktionshaus? Du liebst doch deine Arbeit.«
»Ich muss sie ja auch nicht aufgeben«, erkläre ich. »Es gibt sicher Möglichkeiten, hier auch etwas zu finden.«
Erst, als ich jetzt darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich dafür sogar nicht mal Matteos Kontakte bräuchte. Andrew Abbott, ein Freund meines Vater, der seit vielen Jahren in Italien lebt und sehr gute Kontakte zur römischen Kunstszene hat – ihm verdanke ich es letztlich, dass ich Matteo überhaupt kennengelernt habe –, wird mir sicher gerne dabei behilflich sein, in Rom neu anzufangen. Und Giacomo hat als ehemaliger Dekan der Kunsthistorischen Fakultät sicher auch noch Einfluss. Es kann also sein, dass es gar nicht so schwierig ist.
Matteo ist immer noch fassungslos. »Aber … London würde dir fehlen.«
»Es gibt Dinge, die mir mehr fehlen würden«, erkläre ich ihm und streiche über seine Brust, damit er versteht, was ich damit meine.
»Du würdest nach Rom kommen? Ganz?« Er sieht mich lange an. Sehr lange. Ringt offensichtlich mit sich, ob er annehmen kann, was ich ihm biete. »Das ist verrückt, Sophie«, sagt er dann und schüttelt den Kopf, doch um seine Lippen spielt ein Lächeln. Ein erleichtertes Lächeln. Eins, das breiter wird und mir wieder Hoffnung gibt. »Du bist verrückt.«
»Ja, nach dir«, erwidere ich, und als ich sein Lächeln erwidere, glaube ich, dass sich meine Gefühle für einen kurzen Moment in seinen Augen spiegeln.
Doch dann zieht er mich zurück in seine Arme und küsst mich drängend, fast verzweifelt, lässt mir keine Chance mehr, die goldenen Tiefen zu ergründen und mich zu vergewissern, dass er auch bereit ist, sich auf mich einzulassen. Und dann verliere ich mich endgültig in seinen Berührungen und Küssen und kann keine klaren Gedanken mehr festhalten.
20
»Dann hat es dir gefallen?« Matteo legt den Arm um meine Schulter, während wir nebeneinander durch die schmale Gasse gehen, in die er abgebogen ist, um den Touristen zu entgehen, die auch jetzt, nach zehn Uhr abends, noch so zahlreich die Straßen von Trevi bevölkern.
Um seine Lippen spielt ein amüsiertes Lächeln, und ich schlinge seufzend den Arm um seine Hüfte und lege meine Hand an seine, um seinen Arm auf meiner Schulter festzuhalten, weil es mir gefällt, so dicht bei ihm zu gehen. »Ich rede zu viel davon, oder?«
Er grinst. »Nein. Ich finde es toll, wenn meine Überraschungen so ein Erfolg sind, dass du zwei Tage lang von fast nichts anderem sprichst.«
»Aber eine Privatführung durch die Vatikanischen Museen – wie sollte ich da nicht beeindruckt sein? Das war … unglaublich, ein Traum! Wie hast du das hingekriegt?«
»Das war gar nicht so schwer«, sagt er und spielt es herunter, dabei weiß ich sehr genau, dass es etwas ganz Besonderes war, was er da für mich getan hat.
Ich hatte zwar in einem meiner Reiseführer gelesen, dass es Exklusivführungen gibt, bei denen kleine Gruppen in den Abendstunden in die Museen gelassen werden, abseits der Touristenströme. Aber da stand auch, dass die Vorlaufzeiten lang sind, und selbst wenn man einen Termin bekommt, geht man auch dort in kleinen Gruppen. Matteo und ich waren aber allein. Nur wir beide sind, begleitet von einem fachkundigen Führer, Hand in Hand durch die Sixtinische Kapelle, den Petersdom und die anderen Räume der Vatikanischen Museen geschlendert und haben in aller Ruhe die herrlichen, von der Abendsonne in goldenes Licht getauchten Kunstwerke betrachtet. Das war absolut einmalig, etwas, das ich niemals vergessen werde und über das ich ihm gerade erst wieder vorgeschwärmt habe.
»Du meinst, es war nicht so schwer für dich«, korrigiere ich ihn, denn ich bin ziemlich sicher, dass so etwas unter normalen Umständen nicht möglich ist, und schon gar nicht so kurzfristig. Das ging nur, weil Matteo so viele Kontakte hat und weil er wahrscheinlich bereit war, einen sehr stattlichen Preis dafür zu zahlen.
Manchmal muss ich mich immer noch daran gewöhnen, dass diese Dinge in seiner Welt ganz normal sind. Und dass er mich gerne mit so etwas überrascht. Er hat nämlich auch schon mal die Villa Farnesina in Trastevere, die als eines der elegantesten Renaissance-Gebäude in Rom gilt,
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