Verführt im Harem des Scheichs
gab sie vorsichtig zurück und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
„Was soll das heißen?“
Sie hob die Brauen. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“
„Danach habe ich Sie gerade gefragt.“
„Wie ich schon sagte: Es geht mir gut. Adila und Fatima kümmern sich so gewissenhaft um mich, dass ich fast vergessen habe, wie ich etwas allein tun kann.“
„Sie wollen mir wieder einmal zu verstehen geben, dass Sie sich langweilen?“
„Ich habe versucht, taktvoll zu sein. Aber ja, es stimmt. Ich bin nicht daran gewöhnt, nichts zu tun zu haben. Im Harem kann ich nur lesen, sticken und mich verwöhnen lassen.“
„Haben Sie Yasmina nicht besucht?“
„Doch. Wir haben gestickt und mit den Kindern gespielt. Es war sehr schön. Trotzdem …“ Sie biss sich auf die Unterlippe.
Während der letzten Tage hatte sie zu viel Zeit zum Grübeln gehabt. Sie hatte versucht, sich auszumalen, wie ihr zukünftiges Leben in England aussehen würde. Auch über ihre Gefühle für Ramiz hatte sie nachgedacht. Gewiss war in erster Linie das zurückgezogene, so wenig abwechslungsreiche Leben im Harem schuld daran, dass sie sich derart stark zu ihm hingezogen fühlte.
Leider kamen ihr nun, da sie ihm gegenüberstand, Zweifel daran, ob sie sich selbst gegenüber ehrlich gewesen war. Sie brauchte ihn nur anzuschauen, und schon erwachte das Verlangen in ihr, ihn überall zu berühren und zu küssen. Das Verlangen, sich ihm hinzugeben …
Hätte sie sich seinem Zauber tatsächlich entziehen können, wenn sie ihm in einer anderen Umgebung begegnet wäre, wenn sie weniger einsam und weniger gelangweilt gewesen wäre? War dies tatsächlich eine rein körperliche Angelegenheit? Wohl kaum, denn dann hätte sie sich nicht so danach gesehnt, mehr über ihn und sein Land zu erfahren.
„Ich habe nachgedacht“, unterbrach Ramiz ihre Grübeleien. „Ich denke, es wäre gut für Sie, mehr über A’Qadiz zu erfahren, über unsere Probleme hier und über unsere Stärken. Sie sollen sich selbst ein Bild davon machen können, was ich tue, um dieses Land in einen modernen Staat zu verwandeln.“
Erstaunt starrte Celia ihn an. Konnte er Gedanken lesen? „Sie erwähnte einmal, dass es sich für eine Frau nicht geziemt …“
Er zuckte die Schultern. „Niemand kann mir verwehren, ein paar alte Traditionen über den Haufen zu werfen. Haben Sie das nicht selbst gesagt?“
Celia vergaß, dass sie ihm nicht ins Gesicht schauen sollte. Er lächelte. Bis in seine Augen allerdings war das Lächeln nicht gestiegen. Ahnte er womöglich, was Lord Winchester von ihr erwartete? Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Er würde sie für eine Verräterin halten. Aber nein, wenn er einen Verdacht hegte, dann würde er ihr nicht anbieten, sie mit seinem Land vertraut zu machen. Oder wollte er sie prüfen? Nun, sie würde jeden Test bestehen. Sie hätte ihn, den Mann, der ihr das Leben gerettet hatte, sowieso niemals hintergehen können.
„Ich würde A’Qadiz sehr gern besser kennenlernen“, sagte sie aufregt. „Was wollen Sie mir als Erstes zeigen?“
„Die meisten meiner Untertanen gehören verschiedenen Nomadenstämmen an. Sie leben in der Wüste, treiben ihre Herden je nach Jahreszeit hierhin und dorthin. Drei Mal im Jahr – so will es die Tradition – dürfen sie den Herrscher um Unterstützung bitten.“
„Um Geld?“, fragte Celia.
„Manchmal, ja. Meistens jedoch sind ihnen Lebensmittel oder Tiere wichtiger. Geld bedeutete den Beduinen nicht viel. Im Übrigen geht es nicht nur um materielle Hilfe. Ich muss schlichten, wenn es Streit zwischen den Familien oder den Stämmen gibt. Das erfordert großes Fingerspitzengefühl, denn einige der Stammesfürsten sind wirklich mächtige Männer. Somit geben diese Treffen mir natürlich auch die Gelegenheit, mir ein Bild von den Lebensumständen meiner Untertanen zu machen und, wo immer möglich, einzugreifen, ehe größere Probleme auftreten.“
„Sie begeben sich also zu diesen Stämmen, statt sie nach Balyrma kommen zu lassen?“
„So ist es. Haben Sie Lust, mich zu begleiten? Wir werden ungefähr eine Woche lang unterwegs sein.“
„Das ist ein wundervolles Angebot. Vielen Dank!“
„Gut. Dann hole ich Sie morgen früh kurz nach Sonnenaufgang ab.“
Es war eine große Karawane, die Balyrma am nächsten Morgen verließ. Zu ihr gehörten mindestens zwanzig Krieger auf Kamelen und die doppelte Anzahl von Dienstboten auf Maultieren. Auch Akil war da. Er hatte die Führung übernommen und
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