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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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schaudernd, wie er das ertragen hatte. Vermutlich hatte er rund um die Uhr die Laterne brennen gehabt.
    Doch ihr Mitgefühl geriet ins Wanken, als seine schroffe Stimme an ihr Ohr drang. »… weiß nur allzu genau, wie man Ihre diabolischen Spiele spielt, Admiral Snow. Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist Ihre kostbare Tochter verschont geblieben, aber wenn meine Bedingungen nicht bis zum Sonnenuntergang des morgigen Tages erfüllt sind, werde ich sie schänden .«
    Lucy griff sich entsetzt an die Kehle, als sie die schrecklichen Worte hörte. War ihre Unschuld nichts anderes gewesen als eine Verhandlungssache – der höchste Trumpf in einem Spiel mit vollem Risiko?
    Er kam in Sicht und rieb sich gerade nachdenklich das Kinn. Lucy starrte ihn nur an, die Anmut seines sehnigen Raubtierkörpers, die sinnlichen Lippen. Sie zwang sich dazu, ihn nicht für den Mann zu halten, der er, wie sie fürchten musste, war.
    »Was wird wohl Ihre hoch geschätzte Londoner Gesellschaft von Ihnen halten, Sir … », fuhr er fort, jedes hämische Wort ein Stich in Lucys wehes Herz, »… wenn sich herausstellt, dass Sie Ihrer einzigen Tochter gestattet haben, die Hure des berühmt-berüchtigten Captain Doom zu werden?«
    Lucys schlimmste Befürchtungen waren wahr geworden. Gerard war willens, sich mit Gewalt zu nehmen, was sie ihm freiwillig und aus Liebe gegeben hätte. Sie schlug sich die Hand vor den Mund, doch es war zu spät, den Schreckensschrei zu ersticken.
    Gerard riss den Kopf herum. Sie sahen einander an, und in seinen Augen spiegelten sich Erstaunen, Bedauern und schließlich eine nackte Angst, die der ihren glich. Doch er versuchte nicht, sich zu verteidigen.
    Mit einem erstickten Schluchzer raffte Lucy die Röcke und floh. Und wusste instinktiv, dass er ihr nicht folgen würde.

26
     
    Die Sonne hatte den Horizont noch nicht einmal rosa getönt, als Gerard sich am nächsten Morgen vor Lucys Kajütentür wiederfand. Seltsam, wie er die Kabine in Gedanken schon Lucys Kajüte nannte. Wie sollte er jemals wieder in sein Refugium zurückkehren, wenn Lucy in London wieder ihr sicheres, geordnetes Leben lebte? Würde der Tagesdecke immer noch ein Hauch Limonenduft anhaften und ihn tief in seine öden Träume verfolgen?
    Er rieb sich mit müder Hand den Bart und betrachtete sinnend die Tür. Er hatte eine schlaflose Nacht an Deck verbracht, zu den blinkenden Lichtern der Argonaut hinübergestarrt, aber immer nur den Schmerz in Lucys Augen gesehen und ihren erstickten Schrei gehört.
    Als er Apollo seine schreckliche Drohung diktiert hatte, hatte er ganz genau gewusst, dass er sie niemals wahr machen würde. Den Admiral kümmerte das Wohlbefinden seiner Tochter zwar weit weniger, als Lucy zuzugeben bereit war. Aber sein tadelloser Ruf war dem Admiral von allergrößter Wichtigkeit. Er würde ihn sich nicht vom skandalträchtigen Fall seiner Tochter zerstören lassen.
    Gerard war klar, dass die feine Gesellschaft in ihrer perversen Scheinheiligkeit Lucy verdammen würde. Man würde ihr eine angeborene Charakterschwäche unterstellen, die jeden Piraten dazu verleiten musste, sie zu schänden. Schließlich hatten sie seit Menschengedenken ja immer auch Eva die Schuld zugeschoben, weil dieser rückgratlose Adam den Apfel von ihr angenommen hatte.
    Wenn die Nacht anbrach, würde Lucy an Bord der Argonaut in Sicherheit sein und sich an die stolz geschwellte Brust ihres Vaters schmiegen. Ein bitterer, unerwarteter Schmerz erfasste sein Herz, aber er entledigte sich dessen mit der gleichen Disziplin, die ihm die Kraft gegeben hatte, in fünf Jahren dunkler Kerkerhaft nicht wahnsinnig zu werden.
    Nicht, dass er in der Angelegenheit irgendeine Wahl gehabt hätte. Wie sehr sie sich seit der Entführung auch gewandelt haben mochte, ein Mädchen von Lucys zartfühlendem Wesen würde sich nie an das Leben an Bord eines Piratenschiffs gewöhnen. Snows Geständnis und der Kaperbrief würden ihn von den Verbrechen der Vergangenheit lossprechen, nicht aber von den Sünden der Gegenwart. Er konnte Lucy immer nur das Vagabundenleben eines Gesetzlosen bieten, immer einen schnellen Schritt dem Henker voraus.
    Er rüttelte leise an der Tür, wartete und betrachtete reumütig das Buch in seiner Hand. Er zweifelte, dass ein Rosenbukett oder eine in glänzendes Papier verpackte Schachtel Schokolade ihn weitergebracht hätte. Lucy war nicht die Sorte Frau, die sich von oberflächlichen Gesten beeindrucken ließ.
    Als auf sein Klopfen keine Antwort kam,

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