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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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schläfriger alter Mann neben dem anderen saß. »Wochentags gibt es Hammel, am Sonntag Rindfleisch und ein Glas Portbier zum Runterspülen. Und natürlich ist es das Portbier, das ihnen am besten schmeckt. Stimmt’s, Willie?«
    Sie griff einem blinden Seemann mit schrumpligem Gesicht unter dem altmodischen Dreispitz scherzend ans Kinn und erntete ein zahnloses Lächeln.
    Vor einer schweren Holztür blieb sie schließlich stehen und fischte einen Schlüssel aus der monströsen Schürze. »Was Ihren Mr. Smith angeht, sind wir natürlich nicht auf die Wohlfahrt angewiesen. Er bekommt nur das Allerbeste. Die feinsten Laken, das frischeste Essen, die beste Sorte Laudanum.« Sie schob den Schlüssel ins Schloss und sperrte routiniert auf. »Sparen Sie an nichts, damit er es gut hat, hat der Admiral gesagt. Ist ein feiner Mann, Ihr Vater, dass er sich so um seine Leute kümmert.«
    »Ja, das ist er«, murmelte Lucy geistesabwesend und kämpfte, als endlich die Tür aufging, gegen die Angst an.
    Die Zelle war geräumig und sauber, die Wände weiß getüncht, der Boden frisch geputzt. Durchs eiserne Gitter vor den Fenstern schien die Sonne und tauchte die zusammengesunkene Gestalt im Rollstuhl in ein dunstiges Leuchten. Um den Kopf trug der Mann einen weißen Verband.
    Von hilfloser Liebe erfasst, lief Lucy einige Schritte auf ihn zu.
    Mrs. Teasleys Stimme senkte sich zu einem traurigen Flüstern: »Er erkennt Sie vermutlich nicht, meine Liebe. Jede liebe Stunde sitzt er immer nur so da und starrt ins Nichts. Schlafen kann er auch nicht richtig. Stundenlang hör ich ihn brabbeln und irgendwelche Frauennamen rufen. Manchmal ruft er nach einer Anne, manchmal nach einer Marie.« Sie schüttelte betrübt den Kopf. »Solche wie ihn bringen sie viele her. Aber kaum einer überlebt den Winter.«
    »Würden Sie mich ein bisschen mit ihm allein lassen?«
    Die Frau schaute unsicher den Flur hinunter. »Das wär aber gegen die Anweisungen, die der Admiral uns gegeben hat. Er will nicht, dass ihn irgendwer anstrengt.« Ihr breites Gesicht verzog sich zu einem verschwörerischen Blinzeln. »Aber ich wüsste nicht, wie ein paar Minuten mit einem hübschen Mädchen ihm schaden sollten.«
    Mrs. Teasley verschwand, aber Lucy stand immer noch wie angewurzelt da. Die freundliche Frau hatte ja keine Ahnung, welch einen Schaden Lucy möglicherweise schon angerichtet hatte. Schließlich war die Kanonenkugel, die ihn hierher gebracht hatte, vermutlich durch ihre Hände gegangen.
    Sie holte zittrig Luft und trat behutsam auf den Rollstuhl zu. Smythes Haar war grauer, als sie es erinnerte, und ein wenig zerzaust vom Verband. Das würde ihm gar nicht gefallen, dachte sie und strich mit den Fingerspitzen eine Strähne zurecht. Er trug einen seidenen, leicht abgetragenen Morgenmantel, den der Admiral kürzlich ausrangiert hatte. Die Füße hatte man ihm, der Kälte wegen, in eine Decke gewickelt. Die Hände lagen schlaff im Schoß. Lucy betrachtete erst all die unbedeutenden Kleinigkeiten, bevor sie es wagte, ihm ins Gesicht zu sehen.
    Er machte ein freundliches Gesicht, doch der blitzende Scharfsinn in seinem Blick war leerem Starren gewichen.
    »Oh, Smythe.« Überwältigt vom Gefühl des Verlusts, nicht nur um des geliebten Menschen willen, sondern all ihrer Träume und Hoffnungen wegen, sank sie in die Falten ihres Umhangs auf die Knie. Sie nahm seine kühlen, trockenen Hände und benetzte sie mit Tränen.
    Miss Lucy.
    Das heisere Wispern war so dünn, als entstamme es der Einbildung.
    Langsam hob sie den Kopf. Smythes verschwommener Blick hatte sich gesenkt. Die Traurigkeit zog ihm die Mundwinkel herab. »Tut mir so Leid, Miss Lucy. So viele Fehler.«
    Er seufzte, drohte ins Niemandsland der Bewusstlosigkeit zurückzusinken und Lucy als die geisterhafte Gestalt aus einem Traum abzutun. Er hätte nur noch die Augen schließen müssen, doch stattdessen blickte er mit winzigen Pupillen, die im Meer der braunen Iris fast ertranken, direkt ins helle Sonnenlicht.
    Nur das Allerbeste … die feinsten Laken … die beste Sorte Laudanum … ist ein feiner Mann, Ihr Vater, dass er sich so um seine Leute kümmert.
    Lucy sprang auf. Sie zerrte an der Mullbinde um Smythes Kopf, wickelte in achtloser Hast den Verband herunter. Sie schob das strähnige Haar fort, das ihm in die Schläfen fiel, und entdeckte eine Fleischwunde, die anfangs vermutlich recht garstig gewesen war, mittlerweile aber gut verheilte. Der Schädelknochen hatte nichts abbekommen. Sie legte

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