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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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überzeugend, würde ich sagen.«
    Irrationale Eifersucht peinigte Gerard, als der Admiral das weiße Haupt an Lucys sonnengebräuntes Gesicht legte und die schmachtende Zustimmung der Menge erntete. Lucien Snow konnte nicht widerstehen, einen triumphierenden Blick in Gerards Richtung zu werfen.
    Eine Muskete drückte sich zwischen Gerards Schulterblätter. »Vorwärts, Doom. Du hast’ne Verabredung mit deinem Henker.«
    Gerard wirbelte mit einer Gewalt herum, als seien die Ketten, mit denen man ihn gefesselt hatte, nur seidene Bänder. Er verzog den Mund zu einem kalten Grinsen. »Mach dir keine Sorgen. Ohne mich fängt der Bastard nicht an.«
    Das Letzte, was Gerard sah, bevor man ihn in den Wagen schob, der ihn zu seiner dunklen, engen Zelle in Newport brachte, war Lucys kühl abgewandtes Gesicht hinter dem golden gerahmten Fenster in der Kutsche ihres Vaters.
     
    Lucy saß steif ihrem Vater gegenüber auf der Kutschenbank und hielt die Hände im Schoß gefaltet. Sie sehnte sich nach einem Muff, um das verräterische Zittern zu verbergen, und bemühte sich, nicht daran zu denken, wie oft sie dieses Vehikel mit ihrem Leibwächter geteilt hatte.
    Durch die Wimpern sah sie verstohlen ihren Vater an und sagte sich, dass er nicht länger ihr Vater war. Seine beeindruckende Präsenz erschwerte es ihr allerdings, das im Sinn zu behalten. Sie betrachtete ihn mit neuem, kritischem Blick und staunte, wie sie so blind hatte sein können für jene liederliche Korpulenz, die ihm die Glieder schwer machte, und die verlebten Züge um seine Augen.
    Ihr war, als hätte sie ihn immer nur mit den liebeshungrigen Augen eines Kindes gesehen. Und jetzt wusste sie nicht, ob sie diesen armseligen Betrüger bemitleiden oder verabscheuen sollte.
    Der Admiral schaute zum Fenster hinaus und betrachtete gleichgültig die Szenerie. Er wartete ab, da war sich Lucy sicher, bis seine Zeit gekommen war. Wie der Habicht, der irgendwann auf das hilflose Mäuschen hinunterstößt. Sie konnte nur hoffen, dass er zu spät bemerkte, dass sie sich die Zähne an einem Raubvogel geschärft hatte, der jede Anstrengung wert gewesen war. Zu spät für den Habicht, die Maus wieder auszuspucken.
    Er schaute sie mit bohrendem Blick an. »Geht es dir gut, Tochter?«
    So hatte er sich das also vorgestellt! Sie kehrten einfach zu ihrem Rollenspiel zurück, der erdrückende Vater und die pflichtschuldige Tochter. Was erwartete er von ihr? Dass sie brav nach Haus zurückkehrte und an seinen Memoiren arbeitete, als hätte er nicht kaltblütig versucht, sie umzubringen? Seine Eitelkeit war wirklich grenzenlos. Sie brauchte nichts anderes zu tun, als genau das auszunutzen.
    Sie zwang sich zu lächeln und legte die hoffentlich richtige Dosis gequälter Bitterkeit in die Stimme. »Einigermaßen, Vater. Unser Mr. Claremont war durchtrieben genug, was seinen eigenen Profit anging. Er wusste genau, dass er keine große Belohnung bekommt, wenn er eine Sache beschädigt zurückgibt. Ich denke, er hat es sogar genossen, mir den galanten Ehrenmann vorzuspielen. Was eine verlockende Abwechslung sein muss, wenn man nicht dazu geboren ist.«
    »Ah, häm!«
    Lucy hatte fast schon vergessen, wie rasend sein abfälliges Geschnaube sie machte. Vielleicht war er gar kein Habicht, sondern ein angriffslustiger Elch, der mit den Hufen übers Erdreich scharrte, bevor er losstürmte. Sie verbarg ein unpassendes Kichern hinter vornehmem Gehüstel.
    Er studierte sie mit eisigem Blick, der sie frösteln machte. »Es wird dennoch das Beste sein, wenn mein Leibarzt dich untersucht. Du könntest eine Verletzung erlitten haben, derer du dir gar nicht bewusst bist.«
    Lucy dachte mit Schaudern an die kalten, zudringlichen Hände des Doktors. Diesmal würde sie der unbarmherzigen Untersuchung nicht standhalten. Sie fragte sich, wie der Admiral wohl reagierte, falls sich herausstellte, dass sie womöglich Gerards Kind trug. Nicht einmal die Furcht vor den drohenden Konsequenzen verdarb ihr den Reiz der Vorstellung.
    Sie erwiderte kühl seinen Blick. »Selbstverständlich, wenn du es für das Beste hältst, Vater.«
    Er lehnte sich mit besänftigtem Ego zurück, dass die Sitzfedern unter seinem Gewicht quietschten. »Ich nehme an, dieser Abschaum hat dich mit irgendwelchen Geschichten über die Schurkereien deines verkommenen Vaters unterhalten.«
    Was auch immer der Admiral erwartete, es war ganz bestimmt kein glockenhelles Lachen. »Solch fantastische Märchen habe ich wirklich noch nie gehört!

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