Verfuehrung auf Capri
und wandte sich zu Alessandro um.
„Richtung Rom“, erwiderte dieser, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
„Nach Rom? Das ist doch viel zu weit für eine Sightseeing-Tour!“
„Wir fahren ja auch nicht ganz dorthin.“
„Aber …“, Laura unterbrach sich, denn eigentlich war es egal, wohin sie fuhren. Sie war schließlich nur mitgekommen, weil Tomaso sie auf seine typische geschickte Weise dazu gebracht hatte.
Alessandro war froh über ihr Schweigen, denn so konnte er sich seinen eigenen Gedanken hingeben. Er hatte das Steuerrad fest umfasst und trat energisch aufs Gaspedal. Die ganze Nacht hatte er darüber nachgedacht, wie er sich aus der misslichen Lage befreien konnte. Inzwischen hätte er sogar bereitwillig auf den Firmenvorsitz verzichtet. Denn wieder war es Tomaso gelungen, ihn zu manipulieren. Und diesmal war alles noch schlimmer, diesmal ging es um etwas Persönliches. Dank Tomaso würde er nun dastehen wie ein völliger …
Nein, er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, sondern das einzig Mögliche tun: sich aus der Falle befreien, die Tomaso ihm gestellt hatte.
Glaubst du im Ernst, dass es funktionieren wird?, hörte er eine innere Stimme. Dein Vorhaben ist doch völlig sinnlos, es müsste schon ein Wunder passieren, damit das klappt.
Alessandro warf Laura einen kurzen Blick zu. Das ganze war ein Fehler, denn ihr Anblick, wie sie zusammengesunken neben ihm saß, machte ihn mutlos. Es ist hoffnungslos, dachte er. Und doch war er nicht bereit, aufzugeben. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass jemand seine Ehre so verletzte, wie Tomaso es getan hatte. Er hatte ihn als Mann beleidigt, der eine Frau nur deshalb heiratet, um sein Vermögen zu vermehren – oder als Mann, der oberflächlich genug war, eine Frau abzulehnen, die nicht atemberaubend schön war. In jedem Fall würde er als verachtenswerter Mensch dastehen. Es sei denn …
Um Alessandros Mund zuckte es. Dieses „es sei denn“ war seine einzige Hoffnung, obwohl nur ein völlig Verrückter sich eine Chance erhoffen würde.
„Wo sind wir?“
Laura blickte sich verwirrt um. Sie hatten vor einer Weile die Schnellstraße verlassen und hielten jetzt vor einem großen Gebäude mit zugehörigem Grundstück. Wie ein privates Anwesen sah das nicht aus. War es vielleicht eine Art Hotel? Laura presste die Lippen zusammen. Sie hatte nicht die geringste Lust, mit Alessandro Mittag zu essen. Und schon gar nicht in so vornehmer Umgebung.
Alessandro atmete tief ein. Er hatte sich nicht gerade auf diesen Moment gefreut, doch es musste sein.
„Das hier ist eine dieser Schönheitsfarmen, wo Frauen alle möglichen Behandlungen machen lassen und die aus irgendeinem Grund sehr beliebt sind.“ Er zögerte einen Moment lang und fügte dann hinzu: „Für Sie wurde ein Tagestermin gebucht.“
Er sah Laura an: die dichten, fast buschigen Augenbrauen, den mürrischen Gesichtsausdruck und ihre hängenden Schultern. Ihr Haar war wie immer im Nacken zusammengefasst, und sie trug dieselbe Kleidung wie am Vortag: einen Rock aus dunkelgrünem Tweed, dicke Strümpfe, die üblichen klobigen Schuhe und einen weiten ausgebeulten beigefarbenen Pullover, der ihre formlose Figur verhüllte.
„Nein.“ Sie sagte nur ein einziges Wort, doch ihre ablehnende Haltung war unmissverständlich. „Ich werde da nicht hineingehen. Bringen Sie mich zurück zu meinem Großvater“, sagte Laura unnachgiebig und verkrampfte die Hände in ihrem Schoß.
„Ihr Großvater ist nicht mehr in der Villa“, erwiderte Alessandro mühsam beherrscht. „Er macht zur schnelleren Genesung eine Kur und möchte, dass Sie mit mir in der Zwischenzeit nach Rom fahren. Dort sollen Sie ein paar Leute kennenlernen, auf Partys gehen und sich amüsieren.“ Es gelang ihm nicht, bei den letzten Worten seinen Sarkasmus zu verbergen.
Durchdringend sah Laura ihn an.
„Das wünscht Ihr Großvater sich“, betonte Alessandro. „Und wenn Ihnen das nicht gefällt – Pech gehabt. Hier geht es nicht um Sie, sondern um Tomaso. Er ist alt und krank und will für Sie nur das Beste. Und Sie werden ihm seinen Wunsch erfüllen.“
„Nein“, sagte Laura noch einmal mit Nachdruck.
Alessandro musste sich sehr anstrengen, um ruhig zu bleiben. Mit ausdrucksloser Stimme sagte er: „Wenn Sie sich weigern, werde ich mein Darlehen zurückfordern – das Darlehen, ohne das Sie gar nicht erst nach Italien gekommen wären.“
Einen Moment lang herrschte absolutes Schweigen. Dann erwiderte Laura: „Sie
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