Verfuehrung auf Capri
sie in ihr Zimmer, zutiefst erleichtert darüber, dass sie rechtzeitig hatte flüchten können.
Jetzt musste sie so tun, als hätte sie ihn nie nackt gesehen – als wüsste sie nicht, wie atemberaubend sein Körper war. Sie musste die Erinnerung daran vergessen.
Das ist unmöglich, dachte Laura verzweifelt, während sie ihren Badeanzug abstreifte und in die Dusche stieg. Trotz des heißen Wasserstrahls erschauerte sie. Wie viele Männer hatte sie schon nackt gesehen? Wahrscheinlich gar keinen, von Filmen und Fotos einmal abgesehen. Sie wusste zwar, wie ein nackter Mann aussah, aber das war eher ein theoretisches Wissen. Und Alessandros fantastischer, maskuliner Körper hatte mit Theorie nichts zu tun.
Laura gab sich einen Ruck, schäumte sich das Haar mit Shampoo ein und verdrängte energisch jeglichen Gedanken an Alessandro di Vincenzo. Er ging sie nicht das Geringste an – ob nun nackt oder bekleidet.
6. KAPITEL
Die Stimmung beim Abendessen war sehr angespannt. Laura fragte sich, warum Alessandro geblieben war, besonders angesichts seiner heftigen Auseinandersetzung mit Tomaso. Nun unterhielten sich die beiden Männer auf Italienisch, vermutlich über geschäftliche Dinge. Alessandros Stimme klang zwar kühl, doch es kam zu keinen weiteren Ausbrüchen. Gelegentlich blickte er sie an, und es kam ihr so vor, als geschehe es mit noch größerer Abneigung als zuvor.
Es verunsicherte Laura, von ihm angesehen zu werden, doch sie unterdrückte ihre Gefühle schnell. Sie waren ebenso peinlich wie sinnlos.
Sie war froh, als das Essen vorbei war und sie in ihr Zimmer fliehen konnte. Die Stimmen der beiden Männer im Speisezimmer klangen nun wieder schärfer.
Am nächsten Morgen frühstückte Laura in ihrem Zimmer und ging anschließend spazieren, denn das Wetter war herrlich. Sie hatte beschlossen, noch am selben Tag ihren Rückflug zu buchen. Doch als sie in die Villa zurückkehrte, teilte man ihr mit, dass ihr Großvater mit ihr sprechen wolle.
„Da bist du ja, meine Liebe“, begrüßte er sie freundlich. Was auch immer er und Alessandro für eine Auseinandersetzung am Vorabend gehabt haben mochten, ihr Großvater war nun wieder bester Laune. „Du harrst nun schon so lange wie eingesperrt in meiner Villa aus und kümmerst dich mit großer Geduld um deinen alten Großvater. Jetzt, da die Sonne scheint, solltest du endlich ein bisschen etwas von der wunderschönen Landschaft hier sehen. Alessandro hat sich bereit erklärt, dich ein wenig in der Gegend herumzufahren … Doch, doch, ich bestehe darauf“, sagte er schnell, als Laura zu protestieren begann. „Und jetzt beeil dich, er wartet schon am Wagen.“
Laura war entsetzt, doch sie hatte keine Wahl. Eine Sightseeing-Tour mit Alessandro di Vincenzo war wirklich das Letzte, was sie sich wünschte. Und auch er war alles andere als begeistert, wie ihm deutlich anzumerken war, als sie sich seinem schwarzen Sportwagen näherte. Alessandro saß bereits am Steuer. Er trug eine Sonnenbrille und sah Laura mit ausdrucksloser Miene an. Tomaso winkte ihnen zum Abschied zu, und sie erwiderte seinen Gruß zögerlich.
Kieselsteine flogen in alle Richtungen, als Alessandro den Wagen in rasantem Tempo die Auffahrt hinunter und auf die Hauptstraße lenkte. Fuhr er immer so, oder hatte er heute einfach besonders schlechte Laune?
Das ist mir ganz egal, dachte Laura, machte es sich auf ihrem Sitz bequem und sah nach draußen. Bei ihrer Ankunft war sie so angespannt gewesen, dass sie für die Landschaft kaum einen Blick gehabt hatte. Doch jetzt, nach den langen Tagen in der Villa, war es ein gutes Gefühl, einmal herauszukommen. Besonders, weil ich bald nach England zurückfliege, dachte sie, und der Gedanke schmerzte sie ein wenig.
Laura versuchte nicht, mit Alessandro ein Gespräch zu beginnen, und fragte ihn auch nicht, wohin sie fuhren. Stattdessen lehnte sie sich einfach zurück und betrachtete die Landschaft, die an ihnen vorbeiglitt.
Diese war tatsächlich wunderschön, und plötzlich wurde Laura klar, dass sie Italien sehr vermissen würde. Aber ich werde ja wiederkommen und meinen Großvater besuchen, dachte sie. Vielleicht später im Jahr, wenn ein Großteil der Renovierungsarbeiten in Wharton abgeschlossen wären. Doch jetzt wollte sie einfach den frühlingshaften Anblick der Natur genießen.
Sie fuhren schon eine ganze Weile auf der Schnellstraße, als Laura plötzlich einen großen grünen Wegweiser entdeckte.
„Wohin fahren wir?“, fragte sie unvermittelt
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