Verfuehrung auf Capri
Vater. Bei dem, was zwischen ihnen war, konnte sie ihm vertrauen. Denn es war etwas ebenso Einfaches wie Ehrliches: Anziehung und Verlangen auf beiden Seiten. Sonst nichts.
Laura schob den Spiegel in ihre Tasche zurück und gab sich einer glücklichen Träumerei hin.
„Es tut mir leid, dass Signor Viale noch nicht da ist, signo rina. Möchten Sie vielleicht schon etwas trinken, während Sie auf ihn warten?“
Laura schüttelte den Kopf und setzte sich auf eins der Sofas im Eingangsbereich des Restaurants. Sie begann, die Speisekarte genau zu studieren, um sich zu beschäftigen. Hoffentlich würde Alessandro bald kommen …
„Signorina Viale?“
Laura blickte auf. Vor ihr stand ein Mann, der ihr irgendwie bekannt vorkam.
„Sie sind doch Signorina Viale, nicht wahr?“ Der Mann nahm ebenfalls auf dem Sofa Platz und legte eine Boulevardzeitung vor ihr auf den Tisch. Laura machte große Augen.
„Kein schlechtes Bild, oder?“, fragte der Mann gut gelaunt.
Auf dem Foto waren Laura und Stephanie zu sehen, als sie am Vortag im Café gesessen hatten. Die Überschrift in italienischer Sprache verstand sie nicht, ebenso wenig den fett gedruckten Begleittext. Doch da war noch ein Foto von Alessandro sowie ein Bild mit der Silhouette einer Frau und einem großen Fragezeichen abgedruckt. Daneben sah Laura ein Foto von Tomaso und eins von einem Rennboot, an dessen Steuer verschwommen eine Person zu erkennen war.
„Was …?“, begann sie völlig verwirrt.
„Stephanie hat mir einen kleinen Tipp gegeben, sie liebt es einfach, ihr Bild in der Zeitung zu sehen. Allerdings war nicht einmal ihr klar, wer Sie tatsächlich sind – sie wusste lediglich, dass Sie jetzt bei Alessandro di Vincenzo wohnen, was natürlich an sich schon eine tolle Story ist. Aber ich habe gleich vermutet, dass sich dahinter noch etwas Größeres verbirgt. Deswegen habe ich gestern bei Ihnen angerufen – um die Bestätigung zu bekommen. Und jetzt habe ich diese Exklusivstory in der Hand …“
Er grinste breit. Laura sah ihn starr an und erwiderte: „Ich verstehe nicht, wovon Sie reden. Was für eine Story?“
Der Mann machte eine lässige Handbewegung. „Ist schon gut – Sie brauchen nichts mehr abzustreiten. Die Presseerklärung lag heute Morgen auf den Schreibtischen sämtlicher Wirtschaftsredaktionen. Es ist also bereits alles ans Licht gekommen. Alessandro di Vincenzo hat endlich bekommen, worauf er schon seit Jahren aus war. Der alte Herr – Verzeihung, Ihr Großvater, meine ich natürlich – ist gestern zurückgetreten, und heute Morgen bei der Vorstandssitzung wurde Ihr Verlobter zum neuen Vorsitzenden ernannt.“
Laura hörte nur ein Wort. „Mein Verlobter?“ Ihre Stimme klang ausdruckslos, doch noch etwas anderes schwang darin mit, etwas Eiskaltes.
„Es ist geradezu perfekt, stimmt’s?“, fragte der Mann, noch immer breit grinsend, während er sie gleichzeitig jedoch mit durchdringendem Blick ansah. „Eine echte Traumstory: die lange verloren geglaubte Enkelin, Liebe auf den ersten Blick und die perfekte Verbindung zweier Dynastien – eine Partnerschaft in der Liebe wie im Geschäftlichen. Wenn Sie mit dem gut aussehenden Alessandro di Vincenzo vor dem Altar stehen, werden alle Frauen Roms Sie beneiden. Und er bekommt endlich, worauf er es schon so lange abgesehen hatte, den Vorsitz und die alleinige Kontrolle über Viale-Vincenzo. Vielleicht erhält er als Mitgift ja sogar die Anteile Ihres Vaters am Unternehmen? Die nächste spannende Frage ist jetzt natürlich, wann die Hochzeit stattfindet – und wo? In Rom oder bei Ihrem Großvater? Haben Sie schon entschieden, wer Ihr Hochzeitskleid entwerfen soll und wo Sie die Flitterwochen verbringen werden?“
Das Lächeln des Reporters wurde ein wenig verschlagen, als er fortfuhr: „Aber die Flitterwochen scheinen Sie ja schon vorgezogen zu haben. Wie man hört, haben Sie romantische Tage und Nächte an der Amalfiküste verbracht. Offenbar wollte er sichergehen, dass Sie ganz ihm gehören. Und welche Frau könnte einem so attraktiven Mann widerstehen?“
Laura saß wie gelähmt da. Nur einen Moment lang, doch er kam ihr wie eine Ewigkeit vor. In Wirklichkeit jedoch hatte sie innerhalb des Bruchteils einer Sekunde begriffen, was Alessandro getan hatte.
Ein heftiger Schmerz fuhr ihr wie ein Messer ins Herz – so stark, dass ihr fast die Luft wegblieb und sie kein Wort herausbrachte. Als Nächstes nahm sie wie benommen wahr, dass jemand, den sie kannte, das Restaurant
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