Verfuehrung auf Capri
Leute etwas von mir, weil ich so lange nicht da war. Trotzdem werde ich versuchen, nicht allzu lange im Büro zu bleiben.“
Alessandro gab ihr einen Kuss auf die Nase und verließ das Apartment. Laura blickte ihm einen Moment nach, dann setzte sie sich ans Fenster und blickte in den mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Innenhof. Rote Geranien in Steinkübeln sorgten für Farbtupfer.
Das Gefühl tiefen Glücks ließ ihr den Atem stocken. Laura stand auf und drehte sich übermütig um die eigene Achse. Als ihr plötzlich ein Gedanke kam, blieb sie abrupt stehen.
Das hier war kein Hotel, also gab es weder einen Friseur noch einen Schönheitssalon. In wenigen Stunden würde Alessandro wieder hier sein, und sie wollte sich für ihn so schön wie möglich machen – jetzt noch mehr als zuvor.
Aber ich habe keine Ahnung, wo ich in Rom einen Friseur finde, dachte Laura. Doch dann fiel ihr ein, wen sie fragen könnte, und sie ging zum Telefon.
„Hallo Stephanie, hier ist Laura. Entschuldige bitte, dass ich …“
Am anderen Ende der Leitung ertönte ein spitzer Schrei. „Oh, das ist ja toll! Wie schön, dass du wieder da bist. Ich werde sofort zu dir ins Hotel kommen, dann können wir uns alles erzählen, was so passiert ist.“
„Ähm …“ Laura hatte das Gefühl, ins eiskalte Wasser springen zu müssen. „Ich bin nicht im Hotel, Stephanie“, begann sie zögernd. „Ich … ich wohne momentan woanders. Im centro historico in der Via Mentone, glaube ich. Aber wir können uns natürlich irgendwo treffen, wo es dir …“
Wieder war ein leiser Aufschrei zu hören. „In der Via Mentone? Aber da wohnt doch …“, Stephanie unterbrach sich und fuhr dann mit veränderter Stimme fort: „Alles klar, du brauchst nichts weiter zu sagen. Um die Ecke gibt es ein sehr nettes Café.“ Sie beschrieb Laura den Weg dorthin.
Nach dem Gespräch legte Laura tief in Gedanken den Hörer auf. Es war eine Sache, mit Alessandro nach Amalfizu fahren, aber etwas ganz anderes, gemeinsam in seinem Apartment in Rom zu wohnen und vor anderen als Liebespaar aufzutreten.
In diesem Moment musste Laura an ihren Großvater denken. Wie würde er mit all dem zurechtkommen, was zwischen ihr und Alessandro geschehen war? Seufzend verdrängte sie den Gedanken. Darüber würde sie mit Alessandro sprechen müssen, denn er kannte Tomaso viel besser und wusste sicher, wie sie am besten mit der Situation umgehen sollten. Laura musste lächeln. Wie er auch über die Sache mit Alessandro denken mag, bestimmt wird ihm meine Verwandlung gefallen, dachte sie. Tomaso hatte zwar nie ein Wort über ihr Aussehen verloren, aber jeder altmodische ältere Herr wäre beruhigt, wenn seine Enkeltochter gut in seine Welt passte.
Aber tue ich das denn wirklich?, fragte sie sich beunruhigt. Und als was – als Tomaso Viales Enkeltochter? Oder als Alessandros jüngste Eroberung?
Laura gab sich einen Ruck, verdrängte diese unliebsamen Gedanken und machte sich auf den Weg ins Café.
Stephanie nannte ihr einen Friseur in der Nähe und begann dann, auf ihre freundliche, aber leicht oberflächliche Art über alles Mögliche zu plaudern, in erster Linie über Mode.
Laura hörte nur mit halbem Ohr zu. Umso deutlicher nahm sie jedoch etwas wahr, was für sie noch ganz neu war: Sie wurden von Männern angestarrt.
Sie waren zwei junge, attraktive Frauen, und offenbar hielt es jeder vorbeigehende Italiener – ob jung oder alt – für seine Pflicht, sie anerkennend zu betrachten. Laura versuchte es Stephanie gleichzutun, die die Blicke der Männer einfach ignorierte. Doch sie war darin einfach nicht so erfahren und geübt.
Als sie gerade ihren Kaffee austranken, legte Stephanie plötzlich ihre gleichgültige Haltung ab. Ein junger Mann näherte sich über die Piazza, auf der sich das Café befand. Als Stephanie ihn sah, unterbrach sie sich und zauberte ein strahlendes Lächeln auf ihre Lippen.
„Laura, Darling, bitte lächle!“, rief sie.
Verwirrt folgte Laura ihrem Blick und wandte den Kopf. In diesem Moment zückte der Mann eine Kamera. Der Blitz ließ sie blinzeln, und einen Moment später war der Unbekannte auch schon wieder verschwunden.
„Was …?“
Stephanies Lachen klang ein wenig aufgesetzt. „Ach, mach dir darüber keine Gedanken, Darling“, sagte sie wegwerfend. „Die römischen Männer sind alle verrückt. Und jetzt sollten wir besser aufbrechen, schließlich willst du doch heute Abend favolosa aussehen, stimmt’s? Habt ihr etwas Besonderes
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