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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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die ein falsches Dämmerlicht erzeugten. Daigh setzte sich auf und rieb sich den Nacken, ließ den Blick über die Bäume gleiten und sah dann nach Westen, wo ein schwaches Glühen den Sonnenuntergang bezeichnete.
    Er hatte sich geirrt.
    Es war fast völlig dunkel. Er hatte Stunden verloren.
    Sabrina konnte mittlerweile sonst wo sein.
    »Egal, wie oft ich dich sehe, du erstaunst mich immer wieder.« St. John trat zwischen den Bäumen hervor. Sein blondes Haar war dunkel vom Regen, sein Mantel mit Schlamm bespritzt und feucht. »Dieser Zauber hätte jeden normalen Menschen umgebracht, aber du …« Er schwenkte achtlos eine Hand in Daighs Richtung.
    Steif vor Wut und Übelkeit glitten Daighs Finger zu seiner Taille.
    »Suchst du das hier?« St. John zückte einen Dolch. »Ich habe mir die Freiheit genommen, ihn zusammen mit den Pistolen, die du dabeihattest, an mich zu nehmen. Es erschien mir klüger, unsere Unterhaltung ohne Waffen fortzusetzen.«
    Jeder seiner Killerinstinkte schrie Daigh zu, dem Mann an die Kehle zu gehen und ihn mit bloßen Händen zu zerreißen, falls es nötig war. Aber der Amhas-draoi hatte Sabrina. Bis Daigh erfuhr, wo sie festgehalten wurde, musste er seine mörderische Wut beherrschen. Und St. John seine Schadenfreude lassen.
    Der schob sich den Dolch wieder in den Gürtel. »Ich kann sehen, dass du meine überzeugungskräftigeren Techniken zu schätzen gelernt hast.«
    »Wo ist sie?«, fuhr Daigh ihn wütend an.
    »Douglas’ Schwester? Sicher genug, mein Freund. Sie genießt eine kurze Wiedervereinigung mit ihrem Bruder, die so tränenreich und emotional ist, dass mir richtig warm ums Herz wird.«
    »Sie haben kein Herz.«
    St. John setzte eine alberne Miene auf und legte eine Hand an seine Brust. »Vielleicht hatte ich einmal eins und habe es verloren. Oder es wurde mir gestohlen? Vielleicht wurde ich aber auch schon ohne eins geboren? Wer weiß das schon!«
    Daigh ballte die Hände zu Fäusten, bis sich die Nägel in seine Handballen gruben und Blut hervorbrachten, das sich mit dem Regen vermischte. »Lassen Sie sie gehen! Sie hat mit alldem nichts zu tun. Dieser Kampf läuft zwischen Ihnen, mir und Máelodor.«
    »Zu Anfang war sie in der Tat noch kein Bestandteil meiner Pläne, sondern nur eine langweilige, anstrengende junge Frau wie so viele andere auch. Aber dann ist sie zu einem solch großen Teil all dessen geworden, nicht? Weißt du, bei unserer letzten Unterhaltung war ich mir sicher, dass sie der richtige Köder sein würde, um ihren Bruder anzulocken. Und dann stellte sich heraus, dass es umgekehrt war. Komisch, wie gut sich alles gefügt hat, nicht?«
    St. John stellte einen bestiefelten Fuß auf einen umgestürzten Baum. Sein Gesichtsausdruck war tugendhaft wie der eines Priesters, sein Inneres jedoch durch und durch verdorben.
    »Was wollen Sie?«, fragte Daigh.
    St. John bedachte ihn mit einem kalten Blick. »Ist das nicht offensichtlich? Ich will den Rywlkoth-Wandbehang. Du wurdest losgeschickt, um ihn zu stehlen, doch jetzt werde ich ihn mir holen. Ich hatte eigentlich Lady Sabrina benutzen wollen, aber warum soll ich sie hinschicken, wenn ich dich habe?«
    Daigh stockte der Atem, und ein heißer Kloß entstand in seiner Kehle. »Die bandraoi werden ihn nie aus ihrem Schutz entlassen.«
    St. Johns Lächeln verblasste. »Die bandraoi werden keine Chance haben. Nicht gegen einen Domnuathi . Du wirst den Teppich holen und ihn mir bringen.«
    »Nicht, bevor ich Sabrina gesehen habe und weiß, dass es ihr gut geht.«
    St. John spreizte die Hände. »Und da ich sage, du wirst sie nicht eher sehen, bis ich den Wandbehang habe, sind wir also in einer Sackgasse gelandet.«
    »Geh zum Teufel!«, stieß Daigh zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Haut war kalt wie Eis, und jede Sekunde länger hier draußen verstärkte das elende Zittern, das er zu unterdrücken versuchte.
    Der andere Mann zuckte mit den Schultern. »Na schön! Ich habe dir den Vorschlag gemacht, und du kannst sicher sein, dass ich dein Spätzchen wissen lassen werde, wer die Schuld an ihren Qualen trägt. Die Kleine wird deinen Namen mit ihrem letzten Atemzug verfluchen.« Er lachte. »Oh nein, Moment mal – du bist ja schon verflucht! Das hatte ich beinahe schon vergessen«, höhnte er und wandte sich zum Gehen.
    Daigh sprang auf. »Wenn du sie auch nur anrührst, werde ich …«
    St. John fuhr herum. Seine Augen glänzten wie im Fieber, und er senkte die Stimme zu einem anzüglichen Flüstern. »

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