Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
Vom Netzwerk:
Priesterin zu verbergen suchte. Oder vielleicht waren es ja auch gar nicht Ard-siúrs Empfindungen, sondern ihre eigenen, die ihr in den Ohren rauschten und wie Trommeln hinter ihren Augen pochten.
    »Es ist nicht Brendans Schuld«, widersprach sie, doch sogar für sie klang dieser Einwand lahm, da die Schuld grundsätzlich wirklich mehr bei Brendan als bei irgendjemand sonst lag. Er war einer der Magier gewesen, die den Albtraum von König Artus’ Auferstehung ins Leben gerufen hatten, und seine dunkle Magie hatte ebenso sehr wie Máelodors dazu beigetragen, die mörderische Verschwörung aufrechtzuerhalten.
    Ard-siúr spreizte die Hände, als wäre ihr Interesse an dem Gesprächsthema erloschen. »Es steht mir nicht zu, über Schuld oder Unschuld zu entscheiden. Das fällt in den Zuständigkeitsbereich der Amhas-draoi .«
    Die Brendan jagten und ihn ohne Zögern töten würden.
    Daigh hat mich einmal als couragiert bezeichnet, musste Sabrina denken. Im Moment fühlte sie sich zwar überhaupt nicht mutig, doch sie würde bestimmt nicht tatenlos mit ansehen, wie ihr Bruder kaltblütig ermordet wurde.
    Sie ließ sich jedoch nichts anmerken, nicht einmal unter Ard-siúrs durchdringendem Blick. »Wollten Sie mit mir über Daigh oder Brendan sprechen?«
    »Aus verschiedenen Gründen interessieren mich beide.«
    Sabrina hielt den Atem an, um nicht die Nerven zu verlieren, als sie sich kopfschüttelnd von ihrem Stuhl erhob. »Dann sollten Sie mit ihnen reden und nicht mit mir.«
    Ein paar glitschige, verrottete Holzdauben, ein alter, schmutziger Strick und vier Flaschen, die noch verkorkt und mit Wachs versiegelt waren. Das war alles, was in der Bucht unter Glenlorgan heute angeschwemmt worden war.
    Mit der Spitze seines Messers zog Daigh den Korken aus einer der Flaschen und kostete den Inhalt. Der Wein war noch in Ordnung, und so trank er noch einen Schluck. Dann starrte er aufs Meer hinaus und ließ das beruhigend gleichmäßige Rauschen der Brandung das unaufhörliche Pochen hinter seinen Augen dämpfen, atmete tief die frische, salzhaltige Luft ein und hoffte, damit den Druck der Angst, die ihm im Magen lag, zu lindern.
    Doch weder das eine noch das andere brachte ihm Erleichterung.
    Schließlich stürzte er den Rest des Weins hinunter und schleuderte die Flasche weit in die zinngraue See hinaus, bevor er den Pfad einschlug, der über die Anhöhe zum Kloster zurückführte.
    Die Kontrolle des Großartigen über ihn verstärkte sich so spürbar, dass Daigh die dunkle Präsenz, die sich ihren Weg in sein Bewusstsein zurückbahnte, nicht mehr verleugnen konnte. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, bevor er wieder Máelodors Marionette sein würde und jede Hoffnung auf Entkommen verloren war.
    Sabrina sah ihn, als er durch das Tor kam. Sie blickte von der Hand eines Mannes auf, die sie gerade verband, und errötete, als sie Daigh ein Lächeln schenkte.
    Ganz bewusst wandte er sich ab und verdrängte das Aufflackern von Máelodors teuflischer Magie, so gut er konnte, damit Sabrina nichts von seinem zunehmenden Kontrollverlust bemerkte.
    »Daigh?«
    Sie war ihm gefolgt. Ihre sanfte Berührung versengte ihn wie ein Brandeisen. Er fuhr zurück, doch wahrscheinlich hatte sie den mörderischen Aufruhr seiner Gedanken schon in seinen Augen flackern sehen.
    Und tatsächlich wich ihr Lächeln einem Ausdruck der Verunsicherung, als sie zögernd fragte: »Wo warst du?«
    »Das ist meine Sache«, erwiderte er schroff.
    »Ist es … hat er … es passiert schon, wie du sagtest, nicht?«
    Daigh biss die Zähne zusammen gegen den scharfen Schmerz, der seinen Hinterkopf durchfuhr und sich wie ein Schraubstock um sein Gehirn legte, bis er keinen klaren Gedanken mehr fassen oder über Máelodors bösartige Wut hinaussehen konnte. »Lass mich in Ruhe! Geh!«
    »Ich kann dir helfen.« Sie begann, in der Tasche zu wühlen, die über ihrer Schulter hing.
    »Es gibt nichts, was du tun kannst.« Daigh packte sie am Handgelenk und zwang sie, seinen diabolischen Blick zu erwidern. Ihr Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Belästigt der Kerl Sie, Mylady?«
    Keiner von beiden hatte Sabrinas Patienten und zwei seiner Freunde näher kommen gehört. Sie betrachteten Daigh mit einer Mischung aus Großtuerei und Beklommenheit; das Spreizen ihrer derben Hände und die schmalen Augen in ihren breiten Bauerngesichtern verrieten eine nervöse Frustration.
    Sabrina nahm sich gerade genug zusammen, um mit einem halbherzigen Kopfschütteln zu antworten.

Weitere Kostenlose Bücher