Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
Worten mit, die so leise gesprochen waren, dass Sabrina sie nur hörte, weil sie noch näher gerückt war und ihr Ohr schon fast an seinem Mund hatte.
Mit angehaltenem Atem wartete sie, aber es kam nichts mehr.
Plötzlich warf er sich herum und erwischte mit dem Handrücken ihr Kinn. Der Schlag war so hart, dass Sabrina Sterne sah. Die Augen des Mannes waren trübe und sein Blick verschwommen, als er erwachte. »Geh nicht! Komm zurück!«, sagte er mit solcher Sehnsucht in der Stimme, dass Sabrina von Herzen wünschte, sie wäre diese Frau, die er sich so verzweifelt herbeiwünschte.
»Es ist alles gut«, antwortete sie und rieb sich das Kinn. »Sie sind in Sicherheit. Es war nur ein Traum.«
Er richtete seinen Blick auf sie, der jetzt schon wacher wirkte, und setzte sich mit einer Grimasse auf. »Ich dachte … doch …«
»Sie haben jemanden gerufen. Eine Geliebte? Eine Gemahlin?«, hakte sie nach, weil sie glaubte, eine Erinnerung hervorrufen zu können, solange er noch halb benommen war.
Er schüttelte den Kopf, als versuchte er, Klarheit zu erlangen. »Sie sind das. Es ist Ihr Gesicht, von dem ich träumte.«
»Aber ich bin es nicht. Ich bin …«
»Sabrina.« Er verschlang sie buchstäblich mit den schwarzen Augen. »Sie heißen Sabrina. Ich erinnere mich an Sie.«
Diesmal empfand sie seine Sehnsucht wie ein Kribbeln auf der Haut, und zum ersten Mal in ihrem Leben pfiff sie auf den Heilereid, raffte ihre Röcke und ergriff die Flucht.
Kapitel Drei
R aus aus den Federn, Schlafmütze! Die Schwestern rufen uns zum Frühstück.« Sabrina öffnete die Augen und gewahrte einen grau heraufdämmernden Morgen, den ein dunstiger Nieselregen noch kühler, feuchter und unfreundlicher erscheinen ließ.
»Geh weg! Ich bin müde.« Sie drehte sich auf die andere Seite, verbarg den Kopf unter dem Kissen und gab vor, die unerträglich muntere Aufforderung ihrer Freundin nicht gehört zu haben. Jane machte es viel zu großen Spaß, Sabrina zu nerven.
Ihr Kissen wurde weggezogen. »Schwester Brigh wird gleich mit dem Eiswasser hier sein, wenn du dich nicht beeilst.«
Sabrina erschauderte, aber nicht einmal diese Drohung trieb sie aus dem Bett. Sie hatte bis zwei Uhr morgens auf der Krankenstation gearbeitet und die stillen Stunden danach genutzt, um ihren unvollständigen Tagebucheintrag zu Ende zu bringen. Als sie das Buch dann endlich geschlossen hatte, hatten fürchterliche Kopfschmerzen sie gequält, und ihr Herz war schwer wie Blei gewesen.
So viel von dem, was sie über jene Tage vergessen hatte, war unter ihrer Feder wiedergekehrt. Ihr anfänglicher Schock und Schrecken. Das Geschrei und Gefluche, das dann folgte. Das schreckliche, verzweifelte Weinen ihrer Mutter und der stille Verrat der Dienerschaft, die sich wie Ratten von einem sinkenden Schiff aus einem Haus und von einer Familie davonstahl, die als verflucht hingestellt worden war. Sabrina hatte nicht gewusst, dass es noch schlimmer werden konnte, bis es so weit war.
Der Kummer ihrer Mutter wich bald einem Gram, der sie nur noch mit leeren Augen vor sich hin starren ließ und sie schließlich in das Grab neben dem ihres Ehemannes brachte. Sabrinas Bruder Aidan – der neue Earl of Kilronan –, zog sich in mürrischem Schweigen hinter die geschlossenen Türen des Arbeitszimmers zurück, und Brendan, der Bruder, den Sabrina mit sklavischer Ergebenheit liebte, verschwand ganz einfach ohne ein Wort der Erklärung. Niemand wusste, wohin, obwohl jeder etwas über das Warum zu wissen schien.
Danach wurde das Kloster der Schwestern des Hohen Danu zu einem Ort der Sicherheit, zu einem Zufluchtsort für sie. Zu einem Zuhause.
Sabrina war zufrieden gewesen und hatte nie ein Leben außerhalb der Gemeinschaft der bandraoi in Betracht gezogen. Nicht bis zu dieser endlosen letzten Saison, die überall Veränderungen mit sich brachte, nur nicht hier. Aidans unerwartete Heirat. Der Brief ihrer Kindheitsfreundin und Nachbarin Elizabeth Fitzgerald, in dem sie ihre kürzliche Verlobung bekanntgab. Selbst Jane würde Sabrina verlassen, wenn sie beim nächsten Fest zur Priesterin erhoben wurde. Nur Sabrina blieb in einer frustrierenden Schwebe hängen.
Unzufriedenheit durchdrang ihre Barrieren und nistete sich hartnäckig und unbequem in ihr ein.
»Hörst du mir überhaupt zu?«
Sabrina zog sich die Decken über den Kopf. »Sag ihnen, ich wäre krank!«
»Du bist nicht krank.«
»Dann behaupte, ich wäre tot! Was auch immer. Ich brauche Schlaf.«
»Du hast
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