Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
Davids Stimme unmittelbar neben mir ertönt, schrecke ich zusammen. »Du kannst bei mir bleiben.«
O Gott, geht das schon wieder los.
Die Szene im Krankenhaus steht mir vor Augen, doch diesmal ist Gloria nicht dabei. Ich kann sie nicht als Ausrede vorschieben, um sein Angebot abzulehnen. Und einem weiteren Streit mit David wäre ich jetzt nicht gewachsen, also stimme ich einfach zu. »Klar. Das ist eine gute Idee, David. Danke.«
Der Polizist notiert sich seine Telefonnummer und Adresse und verabschiedet sich. Die beiden Feuerwehrleute, die im Schutt herumstochern, bleiben zurück, doch alle anderen steigen in ihre diversen Einsatzfahrzeuge, und bald ist die Straße wieder frei. David zupft sanft an meinem Ellbogen, und ich folge ihm zu seinem Auto. Der Groll, den er vorhin noch gegen Avery und mich hegte, scheint verflogen zu sein wie Staub im Wind.
Er öffnet die Beifahrertür, doch ich lehne kopfschüttelnd ab.
»Ich komme besser nach. Ich will erst zu meinen Eltern. Da kann ich mir ein paar Klamotten borgen, bis ich Zeit habe, einkaufen zu gehen. Ich packe eine Tasche und komme dann bei dir vorbei, okay?«
Dieses eine Mal widerspricht er mir nicht. Er fragt nur: »Soll ich dich begleiten?«
Ich drücke ihm einen dankbaren Schmatz auf die Wange. »Nein danke. Ich glaube, ich brauche mal ein paar Minuten für mich allein, nach allem, was heute passiert ist.«
Natürlich habe ich nur eines im Sinn – schnurstracks zu Avery zu fahren. Aber da David nichts davon ahnt, bleibt er friedlich und ist einverstanden. Ich sehe ihm nach, als er losfährt, und gehe dann um die Ecke zu meinem Auto. Es steht noch auf dem Parkplatz, aber jetzt steht ein silberner BMW direkt daneben. Ich achte nicht weiter darauf, bis ich erkenne, dass jemand darin sitzt und mich beobachtet, als ich näher komme.
Avery?
Er beugt sich hinüber und öffnet die Beifahrertür, damit ich einsteigen kann. Wie fühlst du dich?
Bei dieser einfachen Frage zerbricht etwas tief in meinem Inneren. Tränen, die ich nicht eindämmen kann, laufen mir übers Gesicht. Dann liege ich in Averys Armen, und ehe ich mich zusammenreißen kann, schluchze ich an seiner Brust. All die unglaublichen, beängstigenden, verwirrenden Dinge, die mir in den vergangenen paar Tagen widerfahren sind, verblassen vor der Erkenntnis, dass ich gerade das verloren habe, was mir am meisten bedeutet hat. Mein Zuhause, in dem ich mich immer geborgen gefühlt habe. Das wunderbare Erbe meiner Großmutter, alle ihre Erinnerungen, all das war ein Teil dieses Hauses.
Jetzt sind sie weg, und ich bin schuld daran.
Avery streicht mir übers Haar. Warum denkst du so? Es war ein Unfall. Du darfst dir keine Vorwürfe machen.
Er weiß noch nicht, was der Feuerwehrmann mir gesagt hat. Ich lasse ihn meine Erinnerung an dieses Gespräch verfolgen. Und Donaldson war auch da, füge ich hinzu.
Donaldson?
Ich habe ihn gesehen und versucht, dir Bescheid zu sagen, aber du hast mir nicht geantwortet.
Avery holt ein Taschentuch aus der Hosentasche und reicht es mir. Zu viel Interferenz hier draußen, nehme ich an. Diese verdammten Mobilfunk-Sendemasten sind überall. Es tut mir leid. Glaubst du, er hat das Feuer gelegt?
Ich richte mich auf dem Beifahrersitz auf und wische mir mit dem Taschentuch die Tränen vom Gesicht. Ich weiß es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, warum er das tun sollte. Außer – vielleicht dachte er, ich wäre drin, und wollte mich umbringen.
Doch noch während ich das sage, fallen mir Davids Worte wieder ein. »Nein«, verbessere ich mich kopfschüttelnd. »Der Brandexperte sagte, das Feuer sei mitten im Haus ausgebrochen. Wenn er drin war, hätte er ja gemerkt, dass ich nicht da bin.«
Ich sehe Avery in die Augen. »Ich habe ihn gespürt, genau wie du gesagt hast. Er war einen Moment lang da, und dann war er verschwunden.«
Avery runzelt die Stirn, und seine Lippen werden schmal und grimmig. Er schirmt seine Gedanken ab, aber ich spüre, wie beunruhigt er ist. Schließlich sagt er: »Du musst bei mir bleiben, bis das geklärt ist.«
Ich puste genervt die Luft aus und lasse meine Gedanken ihm antworten.
Das geht nicht. David ist schon furchtbar sauer auf dich – und auf mich. Ich habe ihm erzählt, ich würde dich nie wiedersehen. Natürlich war das gelogen. Aber ich muss mindestens heute Nacht bei ihm bleiben. Danach werde ich ihm erzählen, ich könnte bei meinen Eltern unterkommen. Er weiß, dass sie für zwei Wochen nach Europa gereist sind. Also wird er
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