Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
den du niemals vergessen wirst.
Und in diesem Augenblick wäre ich beinahe durchgedreht. Fast hätte ich ihn wissen lassen, wie recht er mit dieser Bemerkung hat.
Aber er spürt nichts von meiner Unruhe, fühlt nichts von meiner Wut. Er freut sich zu sehr über seine gelungene Überraschung, ist allzu zufrieden mit sich selbst. Er gibt mir noch einen Kuss, steigt wieder in den Wagen, fährt los, winkt mir noch einmal zu und grinst, vollkommen ahnungslos, welcher Sturm sich hier zusammenbraut.
Als Averys Wagen verschwunden ist, gehe ich in die Küche, hole meine Handtasche und mein Handy und kehre zur Garage zurück. David hat sich nicht gerührt. Ich sorge dafür, dass er es so bequem wie möglich hat, bevor ich den Kleidersack nehme, den Avery mir gebracht hat, und ihn hinter den Rücksitz lege. Am liebsten hätte ich das verdammte Ding in Fetzen gerissen, aber ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ich etwas beinahe ebenso Gutes damit vorhabe. Ich werde es tragen, wenn ich Avery in Fetzen reiße.
Doch zunächst einmal – wohin mit David? Alles, was mir einfällt, verwerfe ich gleich wieder – das Haus meiner Eltern, ein Motel, ein Krankenhaus. Ich kann das Risiko nicht eingehen, dass Avery mich hat verfolgen lassen, als ich nach La Mesa gefahren bin, um mir etwas zum Anziehen zu holen. Er könnte mich auch jetzt überwachen lassen. Aber das glaube ich nicht. Er ist sich meiner so sicher. Trotzdem, er hat so viele Kontakte an so vielen Stellen, dass jeder halbwegs öffentliche Ort gefährlich wäre. Und es gibt eine Menge Vampire da draußen – jeder von ihnen könnte mich verraten, um einen Gefallen von Avery einfordern zu dürfen.
Das lässt mir nur eine Möglichkeit. Ich kann David in seine eigene Wohnung bringen. Wenn mir jemand folgt, würde er glauben, ich will nur die Spur wieder aufnehmen. Und falls Avery zurückkommen und feststellen sollte, dass David verschwunden ist, würde er wohl kaum auf die Idee kommen, als Erstes in Davids eigener Wohnung nach ihm zu suchen. Jedenfalls wird Avery keine Chance haben, noch einmal an David heranzukommen. Dafür werde ich sorgen.
Also bringe ich David nach Hause. Es ist still in der Garage, als ich den Explorer hineinfahre. Die Parkplätze für Gäste sind in der Nähe des Aufzugs, und da gerade Mittag ist und die meisten Bewohner des Gebäudes bei der Arbeit sind, schaffe ich es, David unbemerkt aus dem Auto und in den Aufzug zu schaffen. Wenn uns jemand gesehen hätte, wüsste ich nicht, wie ich ihm hätte erklären können, dass eine zweiundsechzig Kilo schwere Frau einen Mann von hundertfünfundzwanzig Kilo herumschleppt wie eine überlebensgroße Puppe – aber zum Glück muss ich das nicht. Niemand sonst hält den Aufzug an, und wir sausen schnurstracks durch bis zum obersten Stockwerk.
Mit Davids Schlüssel öffne ich die Tür. Ich lege ihn aufs Sofa, hole Decke und Kissen aus seinem Schlafzimmer und versuche, es ihm so bequem wie möglich zu machen. Er atmet immer noch schwer, aber sein Herz schlägt kraftvoll. Er ist so blass, dass seine Haut beinahe durchscheinend wirkt. Die Wunde an seinem Hals klafft offen, sie nässt. Ich denke daran, was Avery mir gestern Morgen in seiner Küche gesagt hat. Ich zapfe ihnen jeden Tag gerade so viel ab, dass ich mich ernähren und sie so lange wie möglich am Leben halten kann.
Wenn das stimmt, wie lange dauert es dann, bis ein Sterblicher sich von einer ausgiebigen Vampirmahlzeit erholt? Wenn man Blut spendet, sagen sie einem, dass man nach einer Spende von etwa einem halben Liter 56 Tage warten muss, bis man wieder spenden darf. Wie viele Liter mag Avery bei David getrunken haben, wenn er ihn seit zwei Tagen hatte? Ich glaube nicht, dass Avery sich sonderlich zurückgehalten hat. Immerhin hatte er vor, David zu töten.
Ich reibe mir das Gesicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Das Beste wäre, David in ein Krankenhaus zu bringen, damit er eine Bluttransfusion bekommt. Aber das kann ich nicht riskieren. Nach allem, was ich weiß, könnte es in jedem Krankenhaus Ärzte wie Avery geben, die Davids Zustand erkennen würden, sobald sie ihn sehen. Wenn sich das herumspräche, könnte ich ihn vielleicht nicht mehr beschützen.
Und Avery hat überall gute Verbindungen, hat er das nicht selbst gesagt?
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist Mittag. Mir bleiben nur noch acht Stunden, um eine Lösung zu finden.
Was sagen sie einem denn noch, wenn man Blut spendet? Ich habe das früher ziemlich oft gemacht,
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